Julius Stinde und die wissenschaftskritischen Anfänge der deutschen Science Fiction 1871 – 1878 von Münch,  Detlef

Julius Stinde und die wissenschaftskritischen Anfänge der deutschen Science Fiction 1871 – 1878

Der Chemiker Dr. Julius Stinde (1841 – 1905) war in den 1870er Jahren neben Kurd Laßwitz (1848 – 1910) einer der ersten, der in Deutschland die Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaften in Essays und volkstümlichen Sachbüchern popularisierte und vor allem die Chemie und die Evolutionstheorie in von ihm so benannten „naturwissenschaftlichen Satiren“, die heute als Science Fiction etikettiert werden können, wissenschaftskritisch behandelte.
Stinde hat als einer der ersten seit 1872 höchst aktuelle Fragen des wissenschaftlichen Diskurses zur Ethik von Forschung und Technik, zur Technikfolgenabschätzung und wissenschaftlichen Risikoabwägung antizipiert.
Er gerierte sich dabei als eine Art Anti-Jules-Verne und persiflierte Darwin, Häckel und andere Wissenschaftsgrößen der 1870er Jahre, so u.a. indem er für die Welt in 2 Millionen Jahren den Zukunftsaffen als evolutionären Nachfolger des Menschen und ein wenig eher schon die Evolution zu aggressiven Pflanzen mit tödlichen Giften, die Menschen und Tiere angreifen, voraussagte.
„Opfer der Wissenschaft“ werden bei Stinde seit 1872 diejenigen, die als „Des Chemikers Rache“ ein appetithemmendes Mittel verabreicht bekommen, deren Farbensinn durch Chemikalien zerstört wird, die eine neuartige „Blutkur“ an depressiven Frauen ausprobieren, sich in einen künstlichen Tiefschlaf versetzen lassen oder die ihren Säugling durch die Verdauungssäfte fleischfressender Pflanzen töten.
Stinde antizipierte schon 1878 in „Der klimatische Krieg“, dass man zukünftig „keine Kriege mehr führen um den Ruhm, um die Erbfolge, um die Religion, sondern um das Klima.“ Denn „beherrscht Russland einst die Welt, so wird es Sibirien in ein tropisches Land verwandeln“.
Er sah die Wissenschaftskirche, in der „Die Religion der Physik“ zelebriert wird, voraus und wies in „Das Spectrum der Seele“ mittels der Spektralanalyse die Existenz der Seele nach.
Stinde prophezeite, wenn „der Mensch die Anpassung und Vererbung durch künstliche Zuchtwahl leite, er imstande sei, ein Menschengeschlecht erstehen zu lassen, das an Kraft, Schönheit, Tugend, Erkenntnis und Wissen derartig die jetzige Generation überwiegt“. Im durch staatliche Zuchtwahl (Selektion) und phosphorhaltige Nahrungsergänzungsmittel hervorgegangenen Chinesen manifestierte Stinde den Prototyp „des künftigen Ideal-Menschen“ und in China das zukünftige „Heil der Menschheit“.
Protagonist seiner meisten SF-Novellen ist dabei Professor Desens, einer der ersten SF-Serienhelden, der sich am Ende jedoch selbst umbringt, als er erfährt, dass sein „Weltbeglückungsplan“ auf einer fehlerhaften wissenschaftlichen Annahme beruhte.
Stinde brachte schon früh zahlreiche SF-Motive, die erst sehr viel später vor allem von der angloamerikanischen SF aufgegriffen wurden, und war neben Laßwitz nicht nur der Mitbegründer der genuinen deutschen Science Fiction, die er in ihrer orginären literarischen Form, der Kurzgeschichte, präferierte, sondern mit 14 einschlägigen Novellen in der Zeit von 1871 – 1878 sogar der produktivste und wissenschaftskritischste deutsche SF-Autor der 1870er Jahre.

Inhalt:
Zum stindefiction´schen Geleit
Die Naturwissenschaftliche Satire als frühe Form der Sciene Fiction
Julius Stinde und die „Opfer der Wissenschaft“
1871 Zwei Millionen Jahre später
1872 Des Chemikers Rache
1874 Die Opfer der Spectralanalyse.
1874 Das Spectrum der Seele
1874 Der Maler des blauen Bildes
1875 Die Rache des Sandbläsers
1876 Von Pflanzen gefressen
1878 Die Blutkur
1878 Der klimatische Krieg
1878 Die Flucht Rocheforts
1878 Die Religion der Physik
1878 Promemorium an den Kaiser von China
1878 Der künstliche Scheintod
1878 Die Seelensucher
1885 Geschäftliche Pflichten
1896 Was auf den Planeten gekocht wird
1899 Die Mopskatze
1899 Die Fahrt ins Blaue
Julius Stinde als Mitbegründer einer wissenschaftskritischen deutschen Science Fiction
Literatur

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