Grenzgänger der Religionskulturen
Kulturwissenschaftliche Beiträge zu Gegenwart und Geschichte der Märtyrer
Peter-André Alt, Kai Bremer, Sasha Dehghani, Georges Didi-Huberman, Yael Feldman, Silvia Horsch, Vivian Liska, Torben Lohmüller, Angelika Neuwirth, Friederike Pannewick, Thomas Scheffler, Silke Tammen, Franziska Thun-Hohenstein, Martin Treml, Jan van Henten, Daniel Weidner, Sigrid Weigel, Burkhart Wolf
Mit der Rückkehr der Religionen in Politik und Kultur, auch der säkularisierten Gesellschaften, tritt eine lang vergessene Figur wieder in den Mittelpunkt der Interessen: der Märtyrer. In der Urszene des Christentums angesiedelt, aber durch seinen »edlen Tod« auch in paganen, jüdischen wie islamischen Traditionen beheimatet, erweist sich der öffentlich und blutig Sterbende als religionskultureller Grenzgänger und Hybridfigur. In ihm werden die Pathosformeln (Aby Warburg) der einen Tradition in die benachbarte und oft als feindlich angesehene übersetzt. Eine ununterbrochene Kette von Leiden und Leidenschaften, von ausgeübter und erlittener Gewalt verbindet die Religionen noch in ihrem Nachleben. Hier werden Opfer zu Helden, Attentäter zu Heiligen, Töchter zu Rebellinnen. Der Märtyrer verkörpert als Revenant die Formensprache der abendländischen Imaginations- und Bildgeschichte seit der Antike in Ost und West und wird in der globalisierten Weltgesellschaft zur Vorlage ästhetischer wie politischer Programme.