Polylog als Aufklärung?

Polylog als Aufklärung? von Gmainer-Pranzl,  Franz, Hofner,  Lara
Die von Franz Martin Wimmer formulierte These, dass Polyloge als eine „Fortsetzung des Programms der Aufklärung mit anderen Mitteln“ verstanden werden können, fordert dazu heraus, das philosophische Projekt „Aufklärung“ aus globaler und interkultureller Perspektive neu zu denken. Die Beiträge dieses Bandes gehen dabei mit der Aufklärung über die Aufklärung hinaus, um Fragen, Ambivalenzen und Potenziale einer interkulturell orientierten Aufklärung zu reflektieren. Die Herausforderung eines "Polylogs der Traditionen" besteht darin, das kritische und emanzipatorische Potential der europäischen Aufklärung aufzunehmen, ohne jedoch das gewaltvolle Erbe von Kolonialismus und Sklaverei außer Acht zu lassen. Von daher übt die hier geführte Auseinandersetzung Kritik an einem Aufklärungsnarrativ, das universale Ansprüche erhebt, aber eurozentrisch bleibt, und plädiert für eine polyloge Weiterführung dieses Impulses, der trotz seiner ambivalenten Geschichte unverzichtbar bleibt.
Aktualisiert: 2023-06-26
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Autoritarismus und Identitätspolitik

Autoritarismus und Identitätspolitik von Adam,  Jens, Appadurai,  Arjun, Bauer,  Leonhard, Gniadzdowski,  Andrzej, Höllwerth,  Alexander, Oyowe,  Oritsegbubemi Anthony, Randeria,  Shalini, Roetz,  Heiner, Schelkshorn,  Hans, Sciuto,  Cinzia, Shorny,  Michael, Steinhauer,  Hagen, Tomaschitz,  Wolfgang
Hans Schelkshorn und Wolfgang Tomaschitz Autoritarismus und Identitätspolitik Einleitung »World is facing pandemic of authoritarianism« – Mit diesen Worten warnte Armatya Sen in seiner Dankesrede zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2020 vor einem neuen autoritären Zeitalter. Tatsächlich wird das Modell einer menschenrechtsbasierten rechtstaatlichen Demokratie heute in allen Weltregionen in ihren Fundamenten in Frage gestellt. In China, Russland, Indien, in der islamischen Welt, in Lateinamerika und nicht zuletzt in der westlichen Welt, ja selbst in den sogenannten Kernstaaten »liberaler Demokratie« wie Frankreich, England und den USA, sind autoritäre Bewegungen und Regime mächtig geworden, die Menschenrechte und Demokratie im Namen der Verteidigung der je eigenen »Identität« aushöhlen oder überhaupt ablehnen. Mahnende Stimmen gab es bereits kurz nach 1989, als Francis Fukuyama noch die liberale Demokratie als Ende der ideologischen Evolution der Menschheit feierte. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Die unkritische Affirmation »liberaler Demokratie« ignoriere, wie Leopoldo Zea, der maestro der mexikanischen Philosophie, in Fin del siglo XX: ¿Centuria perdida? (1996) monierte, eine zentrale Erfahrung des 20. Jahrhunderts. So wie der entfesselte Liberalismus der Zwischenkriegszeit den Aufstieg des Faschismus beförderte, so könne eine neoliberale Weltordnung erneut autoritären Regimen den Weg bereiten. Auch in Ostmitteleuropa sind die Keime eines neuen Autoritarismus bereits früh diagnostiziert worden. So verweist etwa Jerzy Szacki im Rahmen einer Befragung von Intellektuellen über ihre Einschätzung zur zukünftigen Entwicklung der ostmitteleuropäischen Staaten auf die »Ikonographie der Befreiungsbewegungen«, in der »häufig die Gestalt des vitalen Riesen, der seine Ketten sprengt und in ein neues Leben aufbricht« begegne. Der Mythos eines volkhaften »Riesen« als Ausdruck von Identität und Gemeinwille, könne nach Szacky für alle möglichen politischen Zwecke, also auch für autoritäre Politik instrumentalisiert werden. Mit dem Aufstieg autoritärer Bewegungen ergeben sich auch für eine interkulturelle Philosophie neue Herausforderungen. Da in den weitverzweigten Diskursen interkultureller Philosophie die Kritik an eurozentrischen, rassistischen und kolonialen Konzepten der »liberalen Demokratie« seit jeher – und zu Recht – ein Fixpunkt war und ist, ist in den intellektuellen Debatten über autoritäre Politik gleichsam eine bedenkliche Grauzone entstanden, die in der Zukunft noch sorgfältig analysiert werden muss. So knüpfen etwa in Europa neorechte Parteien nicht nur an antiliberale Ideologien des frühen 20. Jahrhunderts an. Alain de Benoit, der Vordenker der Nouvelle Droite in Frankreich, verbindet in seiner Vision einer Koexistenz zwischen homogenen »Kulturen« mit einer Kritik am Menschenrechtsimperialismus des Westens, die sich unter anderem auch auf die Kritik von Raimon Panikkar bezieht. In anderen Weltregionen setzen autoritäre Bewegungen bestimmte Traditionen einer antikolonialen bzw. antiimperialistischen Selbstbehauptung der je eigenen Kultur gegenüber dem »Westen« auf ihre Weise fort. So wird die Idee einer polyzentrischen Weltgesellschaft, die vor Jahrzehnten Enrique Dussel in seiner Theorie der »Transmoderne« philosophisch expliziert hat, heute in China und Russland von Intellektuellen und Politiker:innen propagiert. So plump manche Instrumentalisierungen sein mögen, so sind sie doch ein Indiz für nötige Klärungen, auch in der interkulturellen Philosophie. Zumal in zahlreichen Weltregionen, derzeit mit besonderer Intensität in der islamischen Welt von Marokko bis zum Iran, zahlreiche Menschen für eine menschenrechtsbasierte Demokratie und eine völkerrechtliche Ordnung unter Einsatz ihres Lebens kämpfen und, wie in Myanmar oder in Belarus, letztlich an den hegemonialen Mächten der »polyzentrischen Weltgesellschaft«, im konkreten an China und Russland, scheitern. Die nachstehenden Beiträge beleuchten das Phänomen des Autoritarismus primär im Prisma bestimmter Konstruktionen von »Identität«, die ausgehend von unterschiedlichsten historischen, kolonialen, politischen, ökonomischen, religiösen aber auch ideengeschichtlichen Voraussetzungen entworfen, propagiert und politisch durchgesetzt werden. Einen äußerst anschaulichen Einblick in den Mechanismus autoritärer Identitäts-Konstruktionen gibt Arjun Appadurai in seinem Beitrag zur Politik der Bharatiya Janata Party, seit 2014 erneut Regierungspartei in Indien, welche auf mehreren Ebenen versucht, eine konservative, hindu-nationalistische Ideologie gegen die regionale, ethnische und religiöse Vielfalt der indischen Gesellschaft durchzusetzen. Indien als ein einziger großer Hindutempel – und der daraus folgende Ausschluss großer Bevölkerungsschichten, sind die Schlüsselbegriffe seiner Analyse. Shalini Randeria, Jens Adam und Hagen Steinhauer gewähren in ihrem Beitrag »Von Differenzlinien und moralischen Mehrheiten« Einblick in den Stand ihrer Forschungen zum sanften Autoritarismus am Beispiel Polens und Frankreichs. Sie weisen anhand zahlreicher Beispiele darauf hin, wie erfolgreich es gelungen ist, das Narrativ der bedrohten weißen Mehrheitsbevölkerung durch eine Art »Mimikry der Marginalität« zu verbreiten und sie zeigen wie diese Strategien sowohl in populistischen oppositionellen Bewegungen als auch als Herrschaftstechniken »von sanft-autoritären Politikern in Regierungsfunktion« genutzt werden. Heiner Roetz zeichnet in seinem Beitrag einige Grundlinien der Identitätspolitik Chi­nas in der jüngeren Geschichte nach. In der staatlichen Propaganda ist nach Roetz die Berufung auf die »chinesische Charakteristik« (zhongguo tese), inzwischen zur Leitvokabel der politischen Sprache der herrschenden Kommunistischen Partei geworden, die fast alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und nicht zuletzt die politische Ordnung umfasst. So werden unter dem Stichwort »Meritokratie versus westliche Demokratie« individuelle Menschenrechte abgelehnt und zugleich die »Wiederauferstehung der Nation« durch einen Rekurs auf die glorreiche »fünftausend jährige chinesische Geschichte« legitimiert. Die aktuelle Identitätspolitik Chinas ist allerdings kein Novum, sondern hat, wie Roetz zeigt, eine lange Vorgeschichte, die vor allem ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Alexander Höllwerth wendet sich in seinem Beitrag unmittelbar dem aktuell äußerst bedrängenden Krieg Russlands gegen die Ukraine zu. Die »Entgrenzung des Imperiums« war keine spontane Aktion der gegenwärtigen Machtelite, sondern, wie Höllwerth ideengeschichtlich expliziert, von geopolitischen Visionen des Eurasismus, Neoeurasismus und Nationalbolschewismus in Russland geleitet. Die eurasische Ideologie, in der die orthodoxe Spiritualität und Gemeinschaftlichkeit gegen den rationalistischen Individualismus des romano-germanischen Europa in Stellung gebracht wird, ist in den 1920–1930er Jahren von namhaften russischen Intellektuellen, insbesondere von Nikolaj Trubeckoj, Roman Jakobson und Lev Karsavin entwickelt und in jüngerer Zeit von Alexander Dugin auf gegriffen worden. Allerdings nimmt Dugin, wie Höllwerth zeigt, durch seine Position zur russisch-orthodoxen Kirche zugleich tiefgreifende Veränderungen der eurasischen Ideologie vor. Mehr noch: Seit den 1990er Jahren propagiert Dugin einen »Nationalbolschewismus«, in dem unter anderem auch mit Bezug auf Carl Schmitt das westliche Modell der repräsentativen menschenrechtsbasierten Demokratie entschieden abgelehnt wird. Cinzia Sciuto – als Italienerin in Frankfurt lebend und auf Deutsch und Italienisch publizierend – stellt in »Sackgasse Identität« die simple Frage, ob sich Identität als Basis für emanzipatorisches politisches Handeln eigne und verneint diese Frage mit dem Hinweis, dass Herkunft, gemeinsame Sprache und andere identitäre Merkmale uns noch nicht zu politischen Subjekten machen würden. Dazu brauche es Werte, politische Absichten und Ziele. Anders als Randeria, Hagen und Steinhauer, die in der Diffamierung der woken Szene eine systematische Attacke rechtsgerichteter Kreise sehen, hält Sciuto die Kritik an dieser Szene nicht nur für legitim, sondern politisch für notwendig. Andrzej Gniazdowskis Text »Die Diktatur des Heimischen« gibt reichlich Aufschluss über »Polens Sonderweg« in die Moderne. Ausgehend von aktuellen innenpolitischen Positionen gelingt es Gniazdowski anschaulich zu machen, dass das ambivalente Verhältnis Polens zur europäischen Moderne von polnischen Intellektuellen seit langem intensiv bedacht und diskutiert wird. Er zeichnet die Argumentationsstränge der beiden »Stämme«, des liberalen und des national-konservativen, nach und versucht dadurch die »Anfälligkeit der polnischen Wählerschaft für die Diktatur des Heimischen« verständlich zu machen. Die Suche nach alternativen Ansätzen führt ihn geistesgeschichtlich weit zurück zu Phänomenen wie dem altpolnischen Adelsrepublikanimus, der für ihn belegt, dass das Konstrukt »Pole = Katholik« sich nicht zwangsläufig hätte durchsetzen müssen. Der Themenschwerpunkt dieser Ausgabe von Polylog versteht sich als bescheidener Beitrag zu einer Debatte, die ohne Zweifel noch intensiv weitergeführt werden muss. Seit den ersten Planungen dieses Heftes haben sich bekanntlich die weltpolitischen Ereignisse, vor allem durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine und die vornehmlich von Frauen initiierten Massenproteste im Iran, überschlagen. Wir bedanken uns daher in besonderer Weise bei allen Autor:innen, die wie selten zuvor gezwungen waren, ihre Beiträge gleichsam auf »offener See« inmitten noch unabge schlossener, extrem konfliktiver Entwicklungen zu erarbeiten.
Aktualisiert: 2023-02-02
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Polylog als Aufklärung?

Polylog als Aufklärung? von Gmainer-Pranzl,  Franz, Hofner,  Lara
Die von Franz Martin Wimmer formulierte These, dass Polyloge als eine „Fortsetzung des Programms der Aufklärung mit anderen Mitteln“ verstanden werden können, fordert dazu heraus, das philosophische Projekt „Aufklärung“ aus globaler und interkultureller Perspektive neu zu denken. Die Beiträge dieses Bandes gehen dabei mit der Aufklärung über die Aufklärung hinaus, um Fragen, Ambivalenzen und Potenziale einer interkulturell orientierten Aufklärung zu reflektieren. Die Herausforderung eines "Polylogs der Traditionen" besteht darin, das kritische und emanzipatorische Potential der europäischen Aufklärung aufzunehmen, ohne jedoch das gewaltvolle Erbe von Kolonialismus und Sklaverei außer Acht zu lassen. Von daher übt die hier geführte Auseinandersetzung Kritik an einem Aufklärungsnarrativ, das universale Ansprüche erhebt, aber eurozentrisch bleibt, und plädiert für eine polyloge Weiterführung dieses Impulses, der trotz seiner ambivalenten Geschichte unverzichtbar bleibt.
Aktualisiert: 2023-02-01
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Kampf der Kulturen und gerechter Frieden

Kampf der Kulturen und gerechter Frieden von Jaeger,  Sarah, Pausch,  Eberhard
1996 erschien Samuel P. Huntingtons Buch »Der Kampf der Kulturen«. Im Deutschen sind die Begriffe »Kultur« und »Zivilisation« fast deckungsgleich. Huntington vertritt vor diesem Hintergrund drei Hauptthesen: (1) Kultur zählt. (2) Jede Kultur hat eine eigene, unverwechselbare Identität. (3) Wenn Kulturen aufeinanderprallen, ist der Friede gefährdet. Aber gibt es wirklich die je eigenen, unverwechselbaren Identitäten von Kulturen? Das wäre eine Form von »Essentialismus«. Im Gegenteil scheint die Welt ein Gewebe von inter- und transkulturellen Beziehungen zu sein. Daher lässt sich Frieden jedenfalls dann gewinnen oder bewahren, wenn diese Beziehungen auf der Grundlage von multilateralen Gesprächen (Dialogen oder Polylogen) gepflegt werden. Mit Beiträger von Ulrike Auga, Lukas Bormann, Ursula Büttner, Christopher Daase, Sarah Jäger, Eberhard Pausch, Wolfgang Prawitz, Eva Senghaas-Knobloch, Sylvie Thonak, Annette Weidhas und Simone Wisotzki. [Clash of Civilizations and Just Peace] In 1996 Samuel P. Huntington published his controversial book »The Clash of Civilizations«. In German, the word »civilization« is almost synonymous with »culture«. On this basis, Huntington submits at least three main theses: (1) »Culture counts«, (2) »Cultures are based on different identities«, (3) »In the future peace is threatened by conflicts between cultures«. One cannot deny that »culture counts« yet it is not obvious that cultures consist of totally different identities which do not overlap one another. Such a concept would be a form of »essentialism«. On the contrary, cultures only exist in form of inter- and transcultural relations. To win or to keep peace it is necessary, therefore, to strengthen these relations by dialogues and polylogues.
Aktualisiert: 2022-09-20
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Marx interkulturell

Marx interkulturell von Allen,  Amy, Boteva-Richter,  Bianca, Dunaj,  L'ubomír, Graneß,  Anke, Landa,  Ivan, Metz,  Thaddeus, Nakata Steffensen,  Kenn, Örnek,  Yusuf, Saal,  Britta, Shorny,  Michael
Bianca Boteva-Richter und Ľubomír Dunaj (Herausgeber:innen) Marx interkulturell Einleitung Gerade jetzt über historische oder zeitgenössische Rezeptionen bzw. Weiterführungen der marxschen Theorie in verschiedenen Teilen der Welt zu forschen, mag vielleicht etwas erstaunen oder gar als unpassend empfunden werden. Denn trotz vieler Versuche, nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008–2009 in mehreren westlichen Ländern, den Marxismus wieder lebendig zu machen, kann heutzutage (oft aus guten Gründen) eher ein Abflauen des allgemeinen Interesses an »revolutionären Problemlösungen« festgestellt werden. Es kann zugleich kaum die Rede davon sein, dass die marxistischen Gedanken in den letzten Jahrzehnten in der nicht-westlichen Welt große Konjuktur erlebt hätten, eher im Gegenteil; der globale Kapitalismus in seiner neoliberalen Ausformung erobert weite Teile der Welt. Es ist ebenso nicht leicht abzuschätzen, ob in den Staaten, die sich offiziell immer noch auf die marxschen Lehre beziehen, wie etwa China, Vietnam oder Kuba, die Beziehung zwischen den regierenden Parteien und den marxschen Gedanken noch authentisch genannt werden kann. Dennoch sind die geschichtlichen Wege des Marxismus, sowie die Relevanz bestimmter marxscher Ideen immer noch von ungebrochener Aktualität und Intensität. Hinzu kommt eine spannende, aber zugleich oft grausame Faktizität, die mit bestimmten Ländern und Gesellschaften verbunden ist: Befinden sich doch derzeit zwei der Nachfolgerstaaten der ehemaligen Sowjetunion – Russland und Ukraine – im Krieg. Das sind gerade eben jene Staaten, die früher als Ideenanwender des Marxismus-Leninismus und somit als ein gescheiterter Versuch gelten, ein humanistisches Projekt zu realisieren. Es könnte zwar hier eingewandt werden, dass der heutige Krieg nichts damit zu tun hätte bzw. dass die Probleme bereits ganz zu Anfang an der »Ehe« zwischen dem Marxismus und den älteren russischen imperialen Tradi­tionen, festgemacht werden könnten. [Fußnote 1: Die Komplexität der heutigen Geoproblematik kann und soll in dieser Einleitung nicht zur Gänze erörtert werden. Die Hinweise dienen vielmehr als Reflexionsanregungen. Mehr zur komplexen Beziehung zwischen dem Marxismus und den russichen kulturellen, politischen und philosophischen Traditionen siehe u.a. Arnason, Johann P.: The Future That Failed. Origins and Destinies of the Soviet Model. New York: Routledge 1993.] Oder aber auch, dass die Periode der Perestrojka, die als ein »chaotischer und naiver Versuch« die Sowjetunion zu reformieren, als Initiation dessen vermutet werden sollte. Wer weiß. So oder so, mit dem enormen Einfluss auf die Weltgeschichte, den der Marxismus in fast zwei Jahrhunderten ausgeübt hat, ist es unausweichlich geworden, diese Philosophierichtung, ihre Vertreter:innen, sowie ihre unterschiedlichen methodischen Ableger, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Aus diesen Gründen wird hier ein bescheidener Exkurs in vier Weltregionen unternommen, der einen kurzen Umriss und eine Skizze, aber keine allumfassende Diagnose des Phänomens Marxismus anbieten will. Dies zu tun ist jenseits der o. g. Gründen aber auch deshalb wichtig, weil ein humanistisches Projekt eben ein humanistisches Projekt ist, trotz gescheiterter Versuche, es in die Realität umzusetzen. Oder gerade deswegen. Unser Bemühen, marxsches Denken, seine Rezeption sowie Weiterentwicklung in einigen Teilen der Welt abzubilden, soll zeigen, dass es sich lohnt, immer noch und immer wieder die Ideen von sozialer Gleichheit, gerechten Produktionsbedingungen, ja vom Menschen an sich in unterschiedlichen Denkmodi und unter Bezugnahme außereuro­päischer Modelle nachzuzeichnen. Unsere Polylog-Ausgabe beginnt mit einem Beitrag, der marxsches Denken in Richtung race und Klasse weiterführt und somit der von eini­gen dekolonialen Theoretiker:innen kritisierten Indifferenz der marxschen Theorie zu widersprechen versucht. Amy Allen untersucht einen Text des afro-amerikanischen Theoretikers DuBois, der durch »die Umdeutung der Sklavenbefreiung in eine (vorübergehend) erfolgreiche Arbeiterrevolution die Marx’sche Geschichtsphilosophie ins Wanken [bringt], insbesondere die Auffassung, dass der historische Wandel durch die ambivalente, krisenhafte und widersprüchliche, aber dennoch fortschrittliche Entwicklung und Expansion der Produktionskräfte angetrieben wird«. Durch diese Umdeutung und durch die Analyse der Verbindung zwischen Fortschritt, Arbeiteraufstand und Aufstand der Sklav:innen wird die Behauptung von Marx, dass nur der industrielle Fortschritt und und die damit einhergehende schlechte und ausbeuterische Arbeitsbedingungen einen Arbeiter:innenaufstand initiieren und einen Systemwechsel herbeirufen können, widerlegt. Denn Fortschritt ist nicht gleich Fortschritt, und der Aufschrei gegen die Ausbeutung ist nicht a-kulturell, da hat sich nicht nur der junge Marx geirrt. Später, als »Marx ein entschiedener und lautstarker Befürworter der Sklaven­emanzipation« wird, untersucht die Autorin, ob das marx­sche Denken ein »kritische[s] Bewusstsein für die Unmenschlichkeit, Brutalität und Ungerechtigkeit der Sklaverei und deren zentrale Rolle bei der Entstehung des Kapitalismus letztlich mit Marx’ zutiefst ambivalenter und doch entschieden am Fortschritt orientierten Lesart der Geschichte« schaffen kann. Darüber hinaus zeigt die Autorin auf, dass »DuBois’ Black Reconstruction als ein innovatives Beispiel der marxistischen Tradition [gedeutet werden kann, da] DuBois’ Werk diese Tradition radikal von innen heraus [transformiert], indem die Sklaverei in den Mittelpunkt der Entstehungsgeschichte des Kapitalismus gestellt wird. Auf diese Weise bietet er uns ein hilfreiches Modell, um die Kapitalismuskritik von der Marx’schen Geschichtstheorie mit ihrem noch fortbestehenden Eurozentrismus und Fortschrittsdenken abzulösen«. Neue Lesearten marxschen Denkens bietet auch der historisch reflektierte Beitrag von Ivan Landa; er bietet etwas, was uns bekannt erscheint, und doch so ferne liegt: eine mitteleuropäische Introspektion in die äußerst kreative Entwicklung marxschen Denkens, die die Verschränkung von Marxismus und Christentum im tschechischen Denken aufzeigt und gar neue denkerische Kraft im negativen Platonismus, im emanzipatorischen Platonismus, im nichtreligiösen/sekulären Christentum und vielen anderen Richtungen entfaltete. Die dabei entstandenen »Debatten, z. B. über Imagination, menschliche Kreativität, Revolution, Kultur, Moral oder den Sinn des Lebens« wurden durch die Verschränkung von Theismus und Atheismus stark beeinflusst. Denn »Marx verstand [zwar] Religion primär als kritische Reaktion der Menschen auf die herrschenden sozialen Verhältnisse und zugleich als Ausdruck des Bedürfnisses, eine bessere soziale Ordnung zu errichten« doch gerade seine Feststellung »Religion sei Opium des Volkes« trieb Reflexionen und Debatten voran, die ihresgleichen suchen: die Verortung der Religion in einer sozialistischen Gesellschaft, das herbeigesehnte »natürliche« Absterben der ersten, sowie der scheinbar »selbstverständliche« Triumph der letzteren wurden von der sozialen Entwicklung mehrmals überholt und infrage gestellt. Das trieb die Denker:innen voran und zwang sie zu philosophischen Erklärungen der Wirklichkeit, wobei »[d]ie Hauptfrage […] jedoch dieselbe [blieb]: Wie ist es nach der sozialen Revolution überhaupt möglich, dass die Religion dem Absterben derart trotzen kann? Eine damals weitverbreitete Antwort lässt darauf schließen, dass die Tendenz, den sozialen Verhältnissen hinterherzuhinken, für das soziale Bewusstsein charakteristisch ist. Religion überlebt, weil die Strukturen des religiösen Bewusstseins der sozialen Veränderung widerstehen.« Um jedoch auf die Feststellung zu Anfang der Einleitung zurückzukommen, dass das Marxistische oder marxsche Denken nicht nur unterschiedliche Realitäten, gescheiterte faktische Versuche und Neuanfänge überlebt hat, kann festgestellt werden, dass die Rezeption und die Weiterentwicklung in vielen Teilen der Welt Gemeinsamkeiten aufweisen, aber auch kulturell unterschiedlich sind; sie werden zudem durch die kulturellen Aspekte und Praktiken des jeweils Anderen bereichert und erneuert. Der Artikel über die marxsche philosophische Anthropologie des japanischen Denkers Miki Kiyoshi kann in dieser Hinsicht exem­plarisch angeführt werden. Dabei geht es nicht nur darum einen neuen Typus von Menschen als Arbeiterakteur:in vorzustellen, denn »Mikis ›marxsche Anthropologie‹ stützte sich auf den frühen Marx, um die Entstehung des subjektiven Bewusstseins und die Transformationsprozesse der Ideologie im Dialog mit der Kyoto-Schule und der nichtmarxistischen, vor allem deutschen Philosophie zu erklären.« Der Versuch war und ist nicht unumstritten, forderte er doch das damalig dialektisch vereinfachte Denken durch eine tiefe sensible Analyse des menschlichen Daseins aus marx­scher Perspektive heraus. Erstaunlich, und auch beängstigend ist, dass das schwarz-weiß plakative Denken von damals genauso wie heute in einfachen Parabeln reflektiert wird. Dies führt dazu, dass die Tableaus kippen und linke Protagonisten mühelos ins Rechte Eck wechseln. Die Situation, die der Autor Kenn Nakata Steffensen bildlich beschreibt, könnte direkt auf die heutige Situation in Russland bzw. der dortigen Politik umgelegt werden. Dieser Artikel ist insofern interessant, als es im deutschsprachigen Raum noch keinen derart ausführlichen und reflektierten Artikel über den japanischen Denker Miki gibt. Der letzte Beitrag in der Marx-Nummer unserer Zeitschrift Polylog vergleicht Marx’ normative Vorstellungen vom menschlichen Wesen, insbesondere aus dessen frühen Schriften, mit typischen Merkmalen einer afrikanischen Ethik, wie sie von afrikanischen Philosoph:innen der Gegenwart konzipiert wird. Bemerkenswert dabei ist, dass auch aus afrikanischer denkerischer Sicht von einem extendierten relationalen Subjekt ausgegangen wird, in dem das Ich mit dem Wir verwoben ist. Dies ähnelt (und das sagt auch der Autor selbst) nicht nur einer aristotelischen sondern auch konfuzianistischen Tradition, die ihrerseits auch im Artikel über den japanischen Marxismus eine Rolle spielt. Im subsaharischen Afrika wird diese These als ein Konzept der Selbstverwirklichung oder als Möglichkeit, eine vollständige Person zu werden, behandelt. Afrikanische Werte gehen vom erweiterten Verständnis des Selbst aus und definieren in weiterer Folge, was »Freundschaft«, »Harmonie«, »Zusammenhalt« und »Kommunalität« bedeuten. Die Gemeinschaft, ein wichtiges Konstrukt marxschen Denkens, bekommt somit eine neue Nuance, über die es sich zu reflektieren lohnt. Denn »von jedem Mitglied wird erwartet, dass es sich als integraler Bestandteil des Ganzen betrachtet und eine angemessene Rolle spielt, um das Wohl aller zu erreichen.« Zum Schluss sei nur erwähnt, dass wir uns wohl bewusst sind, nur einen kurzen Umriss marxschen Denkens, der Rezeption oder Weiterführung in unterschiedlichen Teilen der Welt aufgezeigt zu haben. Es gibt zahlreiche Werke [Fußnote 2: Z. B. Fornet-Betancourt, Rául: Ein anderer Marxis­mus? Die philosophische Rezeption des Marxismus in Lateinamerika. Mainz: Grünewald Verlag 1994 und viele andere., die exemplarisch aufzeigen wie komplex, tiefgreifend und kontinuierlich beispielsweise die Rezeption marxschen Denkens in den verschiedenen Ländern Lateinamerikas ist. Aber das ist eine andere Geschichte, die aufgrund der ungeheuren Fülle, gesondert erzählt werden muss. Viel Freude beim Lesen!
Aktualisiert: 2022-09-01
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Kampf der Kulturen und gerechter Frieden

Kampf der Kulturen und gerechter Frieden von Jaeger,  Sarah, Pausch,  Eberhard
1996 erschien Samuel P. Huntingtons Buch »Der Kampf der Kulturen«. Im Deutschen sind die Begriffe »Kultur« und »Zivilisation« fast deckungsgleich. Huntington vertritt vor diesem Hintergrund drei Hauptthesen: (1) Kultur zählt. (2) Jede Kultur hat eine eigene, unverwechselbare Identität. (3) Wenn Kulturen aufeinanderprallen, ist der Friede gefährdet. Aber gibt es wirklich die je eigenen, unverwechselbaren Identitäten von Kulturen? Das wäre eine Form von »Essentialismus«. Im Gegenteil scheint die Welt ein Gewebe von inter- und transkulturellen Beziehungen zu sein. Daher lässt sich Frieden jedenfalls dann gewinnen oder bewahren, wenn diese Beziehungen auf der Grundlage von multilateralen Gesprächen (Dialogen oder Polylogen) gepflegt werden. Mit Beiträger von Ulrike Auga, Lukas Bormann, Ursula Büttner, Christopher Daase, Sarah Jäger, Eberhard Pausch, Wolfgang Prawitz, Eva Senghaas-Knobloch, Sylvie Thonak, Annette Weidhas und Simone Wisotzki. [Clash of Civilizations and Just Peace] In 1996 Samuel P. Huntington published his controversial book »The Clash of Civilizations«. In German, the word »civilization« is almost synonymous with »culture«. On this basis, Huntington submits at least three main theses: (1) »Culture counts«, (2) »Cultures are based on different identities«, (3) »In the future peace is threatened by conflicts between cultures«. One cannot deny that »culture counts« yet it is not obvious that cultures consist of totally different identities which do not overlap one another. Such a concept would be a form of »essentialism«. On the contrary, cultures only exist in form of inter- and transcultural relations. To win or to keep peace it is necessary, therefore, to strengthen these relations by dialogues and polylogues.
Aktualisiert: 2023-03-30
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Polylog als Aufklärung?

Polylog als Aufklärung? von Gmainer-Pranzl,  Franz, Hofner,  Lara
Die von Franz Martin Wimmer formulierte These, dass Polyloge als eine „Fortsetzung des Programms der Aufklärung mit anderen Mitteln“ verstanden werden können, fordert dazu heraus, das philosophische Projekt „Aufklärung“ aus globaler und interkultureller Perspektive neu zu denken. Die Beiträge dieses Bandes gehen dabei mit der Aufklärung über die Aufklärung hinaus, um Fragen, Ambivalenzen und Potenziale einer interkulturell orientierten Aufklärung zu reflektieren. Die Herausforderung eines "Polylogs der Traditionen" besteht darin, das kritische und emanzipatorische Potential der europäischen Aufklärung aufzunehmen, ohne jedoch das gewaltvolle Erbe von Kolonialismus und Sklaverei außer Acht zu lassen. Von daher übt die hier geführte Auseinandersetzung Kritik an einem Aufklärungsnarrativ, das universale Ansprüche erhebt, aber eurozentrisch bleibt, und plädiert für eine polyloge Weiterführung dieses Impulses, der trotz seiner ambivalenten Geschichte unverzichtbar bleibt.
Aktualisiert: 2023-02-23
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Geschichten der Philosophie in globaler Perspektive

Geschichten der Philosophie in globaler Perspektive von Arisaka,  Yoko, Elberfeld,  Rolf, Graneß,  Anke, Greco,  Francesca, Herzl,  Namita, Krings,  Leon, Park,  Sool, Shorny,  Michael, Wang,  Zhuofei
Anke Graneß Geschichten der Philosophie in globaler Perspektive Einleitung Das Schwerpunktthema dieser Polylog-Ausgabe widmet sich ersten Forschungsergebnissen des seit April 2019 an der Universität Hildesheim laufenden Reinhart-Koselleck-Projekts der DFG »Geschichten der Philosophie in globaler Perspektive«. Aufbauend auf Vorläuferarbeiten sowohl zur kritischen Untersuchung der Geschichte der (europäischen) Philosophiegeschichte [Fn 1: Wimmer: Interkulturelle Philosophie; Schneider: Die Vergangenheit des Geistes; Park: Africa, Asia, and the history of philosophy.] (siehe dazu der Beitrag von Elberfeld in diesem Band) als auch bereits bestehenden ersten Versuchen einer globalen Philosophiegeschichtsschreibung (siehe dazu u. a. der Literaturbericht von Herzl) sowie einer bisher vor allem in den Regionalwissenschaften und Philologien entstandenen Tradition regionaler Philosophiegeschichtsschreibung (z. B. Indiens, Chinas oder der islamischen Welt), wurde dieses Projekt von Rolf Elberfeld ins Leben gerufen, um auf einen bis heute bestehenden blinden Fleck in der Disziplin der Philosophiegeschichte aufmerksam zu machen und diesen einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen: die Marginalisierung außereuropäischer Philosophietraditionen in der europäischen Philosophiegeschichtsschreibung sowie die beinahe völlige Ignoranz gegenüber Traditionen der Philosophiegeschichtsschreibung in außereuropäischen Sprachen. Eine Philosophiegeschichtsschreibung, die sowohl den globalen und interkulturellen Verflechtungen philosophischer Traditionen als auch den inzwischen deutlich an alle Wissenschaften herangetragenen Forderungen nach einer Dekolonisierung von Forschung und Lehre gerecht werden will, kann nicht unreflektiert die philosophiegeschichtlichen Erzählungen der letzten zweihundert Jahre fortführen und diesen lediglich einige Beispiele aus anderen Regionen der Welt hinzufügen, so die Grundthese unseres Projekts. Vielmehr müssen jene Mechanismen kritisch untersucht werden, die allererst zum Ausschluss von außereuropäischen Philosophietraditionen ebenso wie von Philosophinnen aus den vorherrschenden Narrativen geführt haben, und methodische Probleme, die sich im Zusammenhang mit einer globalen Perspektive auf die Philosophie und ihre Geschichte neu stellen, gründlich bedacht werden. Dazu gehört eine ganz grundlegende Reflexion auf die Auswirkungen historischer Ereignisse mit globaler Wirkung wie der europäischen Expansion, dem Kolonialismus und der Sklaverei auf philosophische Theoriebildungen innerhalb und außerhalb Europas, die Frage nach dem Status mündlich überlieferter philosophischer Traditionen und Konzepte in der Philosophiegeschichtsschreibung, sowie auf Möglichkeiten der Rekonstruktion des philosophischen Wissens von Frauen in den verschiedenen Regionen der Welt [Fn. 2: Um die Beiträge von Philosophinnen sichtbarer zu machen, wird in allen Beiträgen zum Schwerpunkt dieser Polylog-Ausgabe eine gendergerechte Schreibweise praktiziert.] (dazu in dieser Ausgabe ausführlicher Graneß). Ebenso dringend ist die Auseinandersetzung mit Traditionen der Philosophiegeschichtsschreibung außerhalb Europas. Als Voraussetzung dafür führt das Team des Koselleck-Projekts seit zwei Jahren eine umfassende Literaturrecherche zur Philosophiegeschichtsschreibung in möglichst vielen Sprachen der Welt durch, im Moment in über zwanzig europäischen und außereuropäischen Sprachen. Als primäres Auswahl- und Ordnungskriterium zur Erschließung philosophiehistorischer Literatur weltweit wurde die Vielfalt der Sprachen gewählt – und nicht (wie gemeinhin üblich) regionale oder nationale Einteilungen –, da einzelne Sprachen jeweils einen eigenen Diskursraum der Philosophiegeschichtsschreibung bilden, der wiederum mit anderen Sprachen verflochten ist und sich nicht mit regionalen oder nationalen Grenzen deckt. Aufbauend auf Projekten zur Geschichte der Philosophiegeschichtsschreibung, wie Lucien Brauns Geschichte der Philosophiegeschichte (1973) und Giovanni Santinellos Storia delle storie generali della filosofia (1979–2004; dazu Greco in diesem Band), wurde eine umfangreiche Datenbank angelegt, die aufgrund der heutigen digitalen Möglichkeiten nicht nur bibliografische Angaben philosophiehistorischer Werke versammelt, sondern zugleich deren Inhaltsverzeichnisse und (wenn vorhanden) digitalisierte Volltexte in öffentlichen Online-Archiven zugänglich macht. Ein großer Teil der bisherigen Ergebnisse der Literaturrecherche wurde über die Homepage unseres Projekts der Öffentlichkeit bereits zur Verfügung gestellt. [Fn. 3: Zusätzlich erscheinen in Zukunft kommentierte Printversionen der gesammelten Bibliographien in einzelnen Sprachen. Den Anfang macht die folgende bibliographische Sammlung: Leon Krings/Yoko Arisaka/Tetsuri Kato (eds.): Histories of Philosophy and Thought in Japanese Language. From 1835 to 2021. Hildesheim: Olms Verlag 2022. (Forthcoming) Kommentierte Printversionen der Bibliographien in koreanischer und italienischer Sprache sind in Vorbereitung.] Gemeinsam mit dem Center for Humanities and Digital Research (CHDR) der University of Central Florida (USA) wird inzwischen am Aufbau einer durchsuchbaren Datenbank gearbeitet, die die wissenschaftliche Nutzung der gewonnenen Daten weiter vereinfachen und vertiefen wird. Der wichtigste Punkt ist jedoch, dass unsere Recherche über den Horizont europäischer Sprachen hinausgeht und nun erstmals umfangreiche bibliografische Sammlungen aller bisher veröffentlichen philosophiegeschichtlichen Werke, von den Anfängen der Philosophiegeschichtsschreibung bis ins 21. Jahrhundert, in ausgewählten außereuropäischen Sprachen dokumentiert werden. Möglich wurden diese detaillierten Forschungen mithilfe einer internationalen Forschungsgruppe bestehend aus acht Forscher*innen aus sechs Nationen, sowie einer Reihe freier Mitarbeiter*innen, die – von China bis Brasilien – vor Ort entsprechende Recherchen übernahmen. Zu den beforschten außereuropäischen Traditionen der Philosophiegeschichtsschreibung gehören die Traditionen auf Arabisch, Chinesisch, Indonesisch, Japanisch, Koreanisch, Persisch, Sanskrit, Tibetisch und Türkisch. Der Umfang des in diesen Sprachen bisher zusammengetragenen Materials hat uns zum Teil ebenso überrascht wie der frühe Beginn der Tradition der Philosophiegeschichtsschreibung in einigen Sprachen. Das bedeutet in der Konsequenz, dass zukünftige Forschungen zum Beginn der Philosophiegeschichtsschreibung nicht mehr allein in der griechischen Tradition ansetzen können. Das gleiche gilt für alle folgenden Jahrhunderte. Einen Einblick in Beispiele früher philosophiegeschichtlicher Werke aus China gibt in diesem Band Zhuofei Wang; Sool Park führt in einige wesentliche Aspekte der Philosophiegeschichtsschreibung in Korea ein. Zusammengetragen wurden ebenfalls erste Ansätze einer globalen Philosophiegeschichtsschreibung in verschiedenen europäischen und außereuropäischen Sprachen. Einige ausgewählte jüngere Beispiele aus europäischen Sprachen werden im Literaturbericht von Namita Herzl vorgestellt. Überraschend war für uns, dass globale und verflechtungsgeschichtliche Ansätze der Philosophiegeschichtsschreibung auf Japanisch bereits eine hundertjährige Tradition haben, wie der Beitrag von Leon Krings in dieser Ausgabe deutlich macht. Gerade Krings’ Aufsatz verweist damit zugleich darauf, wie eurozentrisch geprägt selbst eine globale Perspektive auf die Philosophiegeschichte bis heute noch immer ist, wird nach Ansätzen einer globalen Philosophiegeschichte oder Weltgeschichte der Philosophie in anderen Regionen der Welt oder außereuropäischen Sprachen gemeinhin doch nicht einmal gefragt. Ein weiterer, auf unserer Webseite noch im Aufbau befindlicher, Schwerpunkt unserer Forschung ist das Zusammentragen von internationalen Beispielen von Lehrplänen und Forschungsschwerpunkten, die deutlich eine interkulturelle bzw. globale Perspektive auf die Philosophie und ihre Geschichte zeigen. Dass die USA in dieser Hinsicht zu einem Vorreiter geworden sind, zeigt der Beitrag von Yoko Arisaka in diesem Band zu den bereits vor zwanzig Jahren initiierten Maßnahmen der Diversifizierung an Philosophieinstituten in den USA. Diese Ausgabe des Polylog bietet somit Einblicke in die Breite der Forschungsschwerpunkte sowie erste Ergebnisse des Reinhart-Koselleck-Projekts »Geschichten der Philosophie in globaler Perspektive«. Vertiefende Publikationen sind derzeit bereits im Entstehen. Neue Entwicklungen und Publikationen können Sie auf der folgenden Seite weiterverfolgen: https://www.uni-hildesheim.de/histories-of-philosophy/publikationen/ Literatur Braun, Lucien: Geschichte der Philosophiegeschichte. Übers. v. Franz Wimmer, bearbeitet und mit einem Nachwort versehen von Ulrich Johannes Schneider. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1990. [Orig.: Histoire de l’histoire de la philosophie. Paris: Ophrys, 1973] Elberfeld, Rolf: Dekoloniales Philosophieren. Versuch über philosophische Verantwortung und Kritik im Horizont der europäischen Expansion. Hildesheim: Olms Verlag, 2021. Park, Peter K. J.: Africa, Asia, and the history of philosophy: racism in the formation of the philosophical canon, 1780–1830. Albany, NY: State University of New York Press, 2013. Santinello, Giovanni (Hrsg.): Storia delle storie generali della filosofia. 5 Vol. Brescia: La scuola / Padova: Antenore, 1979–2004. Schneider, Ulrich Johannes: Die Vergangenheit des Geistes: eine Archäologie der Philosophiegeschichte. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1990. Wimmer, Franz M.: Interkulturelle Philosophie. Geschichte und Theorie. Wien: Passagen Verlag, 1990.
Aktualisiert: 2022-01-20
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Kritische Entwicklungstheorie und Interkulturelle Philosophie im Dialog

Kritische Entwicklungstheorie und Interkulturelle Philosophie im Dialog von Dömötör,  Jessica, Estermann,  Josef, Gmainer-Pranzl,  Franz, Grieshofer,  Alexandra, Hegasy,  Sonja, Kleibl,  Tanja, Koch,  Susanne, Schellhammer,  Barbara, Schöneberg,  Julia, Segato,  Rita Laura, Shorny,  Michael, Waldmüller,  Johannes M.
Franz Gmainer-Pranzl, Julia Schöneberg Kritische Entwicklungstheorie und Interkulturelle Philosophie im Dialog Einführung Das Projekt interkulturellen Philosophierens ist von Anfang an von einer globalen Perspektive geprägt; es geht darum, »in die philosophischen Diskurse Beiträge aller Kulturen und Traditionen als gleichberechtigte einzuflechten, also nicht bloß vergleichend nebeneinander zu stellen, sondern so in einen offenen gemeinsamen Raum […] zu bringen, dass alle Positionen in diesem Polylog für Veränderungen offen gehalten bleiben« – so das Konzept der Zeitschrift polylog. Die globale Dimension interkulturellen Philosophierens zeigt sich besonders im Bemühen darum, Beiträge von Philosoph*innen aus den Ländern des »Globalen Südens« zu Gehör zu bringen, koloniale Prägungen und neokoloniale Verhältnisse in der philosophischen Arbeit zu kritisieren, ein differenziertes und für globale Dynamiken anschlussfähiges Konzept von »Kultur« auszubilden, (nach wie vor) einfluss­reiche Vorstellungen von »Entwicklung« zu hinterfragen sowie ein hegemonie- und zentrismuskritisches Konzept von »Universalität« zu erarbeiten. Globale Spannungen zwischen Nord und Süd, Strukturen der Diskriminierung und Exklusion, Erfahrungen von Armut und Ausbeutung, die Folgen von Klimawandel und Migration sowie nicht zuletzt prekäre akademische Arbeitsbedingungen prägen auch die Art und Weise, wie Philosophie betrieben wird. In diesem Zusammenhang ist die – durchaus selbstkritische – Erinnerung angebracht, dass Dialog und Kooperation mit Vertreter*innen von Entwicklungspolitik bzw. Entwicklungstheorie in den Anfangsjahren von polylog bzw. WiGiP intensiver waren als heute; vielleicht kann diese Ausgabe polylog 44 wieder den Blick auf eine interdisziplinäre Auseinandersetzung lenken, die, wie wir meinen, für beide Seiten von Gewinn ist. Interkulturelle Philosophie weist eine besondere Nähe zum Problembewusstsein Kritischer Entwicklungsforschung, insbesondere von Post-Development-Ansätzen, auf. Asymmetrische Macht- und Wissensstrukturen kommen hier ebenso in den Blick wie strukturelle und globale Verhältnisse, deren Hegemonialität und Exklusionsdynamik unter Berufung auf »Entwicklung« und »Modernität« gerechtfertigt wird. Auf jeden Fall kann interkulturelles Philosophieren durch die Auseinandersetzung mit sozial-, politik- und wirtschaftswissenschaftlichen Debatten im Rahmen Kritischer Entwicklungstheorie Entscheidendes lernen, denn Polyloge finden nicht in einem herrschaftsfreien Raum statt, sondern in einer gespaltenen, ideologisch aufgeladenen und machtpolitisch beherrschten Welt; diese Einsicht wurde in den vergangenen Jahren nicht zuletzt durch eine vermehrte Rezeption postkolonialer Kritik ernst genommen, auch in der Zeitschrift polylog. In der Diskussion um Alternativen zur »Entwicklung« hat der Begriff des Pluriversums in den letzten Jahren zunehmend Eingang gefunden. Alternativen zur »Entwicklung« werden in diesem Rahmen nicht länger als Modifikationen zur Verbesserung bestehender und als grundsätzlich normativ akzeptierter Rahmenbedingungen verstanden. Vielmehr geht es um die Vielfalt von Alternativen zur dominanten, eurozentristischen, hegemonialen Welt- und Wissensordnung – von der Universalität zur Pluriversalität. Die Zapatistas, indigene politische Widerstandskämpfer*innen aus dem Süden Mexikos, formulieren dieses Bestreben treffend, wenn sie »eine Welt, in der viele Welten Platz haben«, beschreiben. Konkret bedeutet dies die Notwendigkeit für respektvolle und horizontale Dialoge, Polyloge, die nicht nur sozio-politische Fragen einschließen, sondern auch auf ontologischer und epistemologischer Ebene die Frage stellen, was ein »gutes Leben« für Menschen jeweils bedeutet und wie dies für alle möglich sein kann. Diese Fragen nach der Essenz des Seins, des Wissens und der Erkenntnis sind im Kern philosophischer Art und ein direkter und vielversprechender Ansatzpunkt für die Bestrebungen interkulturellen Philosophierens. Polyloge sind stets für alle Beteiligten (her­aus-)fordernd und ungewohnt. Sie verlangen die Bereitschaft zum gegenseitigen Sich-Einlassen auf unterschiedliche Wissenszugänge, Denk- und Argumentationslinien. Dies wurde uns auch bei der Erarbeitung von polylog 44 bewusst. Auch wenn gemeinsame Fragen und Perspektiven bestehen und in einzelnen Bereichen interdisziplinäre Lernprozesse erfolgen, so ist die methodische Herangehensweise doch unterschiedlich. Diese Spannung zwischen philosophischer und sozialwissenschaftlicher Methodik ist auch in den Beiträgen von polylog 44 bemerkbar und soll nicht weggewischt werden; das Ziel eines Polylogs ist nicht die unbedingte Übereinstimmung und harmonische Ergänzung, sondern eine fruchtbare, wenn auch manchmal anstrengende Auseinandersetzung sowie eine wechselseitige Herausforderung mit Blick auf die eine Welt, in der viele Welten Platz haben und in der wir gemeinsam leben. Tanja Kleibl und Barbara Schellhammer führen in ihrem Beitrag über »Sozialen Wandel als Gegenstand des Dialogs zwischen Interkultureller Philosophie und Kritischer Entwicklungstheorie« eine praktische Auseinandersetzung, an deren Ende eine produktive Synthese steht. So argumentieren sie, dass sozialer Wandel als Konzept und Praxis eben nicht universalistisch zu beschreiben und anzuwenden sei, sondern dass die interkulturelle Philosophie einen wichtigen Beitrag leiste, um das Phänomen des sozialen Wandels unter Berücksichtigung unterschiedlicher kultureller Voraussetzungen und Grenzerfahrungen zu verstehen. Josef Estermann zeigt die philosophischen und politischen Voraussetzungen des Begriffs »Entwicklung« auf und stellt – in kritischer Abgrenzung zum Konzept »globales Lernen« – den Ansatz des »weltweiten Lernens« vor, der auf der Gegenseitigkeit eines Lern- und Lehrprozesses als eines unabgeschlossenen Geschehens beruht und eine Auseinandersetzung mit anderen Epistemologien, Wertesystemen und Rationalitäten ermöglicht. Alexandra Grieshofer schreibt »Zur Hegemonie von Denken und Sein im Spannungsfeld von Entwicklung und Alterität«. Aus Sicht der (kritischen) Entwicklungsforschung stellt sie klar, dass diese sich nicht nur mit ihren eigenen Begrifflichkeiten, Prämissen und Denkformen auseinandersetzen, sondern sich auch historischer und kultureller Konstruktionsleistungen im Kontext von Machtverhältnissen bewusst werden muss. Die Reflexion westlich-hegemonialer Episteme und Repräsentationssysteme beschreibt sie als die relevante Schnittmenge kritischer Entwicklungsforschung und interkultureller Philosophie, die gleichermaßen ohne eine radikal postkoloniale Basis nicht denkbar ist. In ihrem Beitrag »Interkulturelle Wirtschaftsethik als Ansatz zur Überwindung des Entwicklungsparadigmas« blickt Jessica ­Dömötör auf das Fortbestehen kultureller und (wirtschafts-)politischer imperialer Strukturen. Sie fordert eine interkulturell orientierte Wirtschaftsethik, die ein Gestaltungsrecht des eigenen (ökonomischen) Umfelds ermöglicht. Am Beispiel des Widerstands von Afro­ecuadorianer*innen gegen die zentralstaatliche Politik des »Buen Vivir«-Regimes zeigt Johannes Waldmüller, wie das vermeintlich »Lokale« dieses afropazifischen Protestes an der Peripherie des Staates zum Zentrum eines Prozesses des Umdenkens globaler Machtverhältnisse unter dekolonialen und ökologisch-interkulturellen Vorzeichen wird. Zugleich zeigt diese Widerstandsbewegung, wie sehr die ecuadorianische Politik trotz ihrer Berufung auf kritische Entwicklungstheorie und Interkulturalität in neukoloniale Strukturen und paternalistische Denkmuster zurückfiel. Auch Susanne Koch zeigt einen Selbstwiderspruch in der Praxis der »Entwicklungs-«Zusammenarbeit auf, den sie als »epistemische Ungerechtigkeit« bezeichnet. Während »Entwicklungsexpert*innen« aus dem Globalen Norden Kompetenz und Erfahrung zugesprochen wird, erscheinen lokale Expert*innen als weniger fähig, einen Beitrag für ihre eigene Gesellschaft zu leisten. Diese Vorstellung einer Superiorität und Universalität von Wissen, das in Europa bzw. Nordamerika produziert wird, stellt ein aktuelles und brisantes Problemfeld im Diskurs zwischen Kritischer Entwicklungstheorie und interkultureller Philosophie dar. Kritische Perspektiven auf »Entwicklung« setzen ein fundamentales Hinterfragen globaler Macht- und Wissensordnungen voraus. Welches Wissen wird als legitim anerkannt? Wer sind die Expert*innen? Wie wird Wissen über globale Zusammenhänge, Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten produziert und konstruiert? Die vorliegenden Beiträge haben trotz ihrer unterschiedlichen Zugänge eine Gemeinsamkeit: sie machen deutlich, dass die Auseinandersetzung über die Frage, was ein gutes Leben für alle ausmacht, nur als Polylog geführt werden kann. Die Vielfalt epistemologischer und ontologischer Grundannahmen aus unterschiedlichen Teilen der Welt widerspricht monologischen bzw. kolonialen Ansprüchen auf »Universalität« und fordert dazu heraus, Globalität im Sinn von »Pluriversalität« zu begreifen. Was bedeutet dies für den Dialog – den Polylog – zwischen Interkultureller Philosophie und Kritischer Entwicklungstheorie? Zunächst einmal setzt dieser Polylog interdisziplinäre Offenheit voraus und die Bereitschaft, voneinander zu lernen; in diesem Zusammenhang spielt das Verhältnis von sozialwissenschaftlich-empirischen und philosophischen Methoden eine entscheidende Rolle. In unserem speziellen Kontext einer deutschsprachigen Publikation mit einem großen Anteil an weiß gelesenen Autor*innen wird die Frage nach reziproker Offenheit, Lernbereitschaft und Interdisziplinarität aber noch viel konkreter: Welche Rolle spielen »wir« in diesem Pluriversum des Wissens, wie können wir Privilegien fruchtbar nutzen, um Asymmetrien globaler Wissensordnungen zu verringern und letztendlich dazu beitragen, dass »unsere« Welt eine von vielen Welten wird – nicht mehr und nicht weniger.
Aktualisiert: 2021-03-11
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Interkulturelle und dekoloniale Perspektiven auf feministisches Denken

Interkulturelle und dekoloniale Perspektiven auf feministisches Denken von Baumann,  Benjamin, Maria,  Lugones, McFadden,  Patricia, Néspolo,  Jimena, Nkiru,  Nzegwu, Schirilla,  Nausikaa, Shorny,  Michael, van der Zweerde,  Evert
Nausikaa Schirilla Einführung Was hat interkulturelles Philosophieren mit feministischem Denken und Gender-Debatten zu tun? Aus der feministischen Kritik vor allem der zweiten Frauenbewegung und den gender studies ergaben sich viele Fragen an die und in der Philosophie: Für feministisches Philosophieren in Europa und dem angelsächsischen Raum spielten lange Zeit Themen wie eine Kritik der Vernunft als männlich dominiertem Begriff, Philosophie der Geschlechterdifferenz, »weibliche« Moral, care etc. eine zentrale Rolle. Die in den achtziger Jahren vor allem von Judith Butler eingebrachte Infragestellung der Homogenität weiblich konnotierter Erfahrungen und der Universalität des Zwei-Geschlechtermodells führten zu einer verstärkten Rezeption poststrukturalistischer Ansätze. Feministisches Philosophieren, beispielsweise vertreten von Autorinnen wie Nagl-Docekal, Klinger, Irigaray, Gilligan, Tronto, formulierte in all seiner Diversität ein großes Fragezeichen hinsichtlich der Geschlechtsneutralität von Philosophie und insbesondere von Begriffen wie Vernunft, Subjekt, Autonomie, Identität. Feministische Philosophie richtete sich ähnlich wie interkulturelles Philosophieren am Rande des philosophischen Mainstreams ein und wurde so randständig etabliert. Aber Philosophinnen brachten früh Fragen wie Rassismus und (Neo-)kolonialismus in philosophische Debatten zu Feminismus und Gender ein. Sie wiesen auf normierende und rassifizierte Gender-Konstruktionen und auf die Reproduktion globaler Machtverhältnisse auch innerhalb der feministisch orientierten Bewegungen hin. Die Universalität analytischer Konzepte wie Patriarchat und Gender wurde ebenso in Frage gestellt wie die Universalität normativer Begriffe wie Emanzipation, Geschlechtergerechtigkeit etc. Im Grunde genommen erfolgte eine ähnliche Denkbewegung wie die des feministischen Philosophierens, nämlich eine Infragestellung scheinbarer neutraler Kategorien und ihre Dekonstruktion als partikular und machtbezogen. Auch die oft geleugnete Kulturgebundenheit westlicher feministischer Denkerinnen wurde kritisiert. Regionale, religionsbasierte wissenschaftskritische und vor allem postkoloniale und dekoloniale Ansätze weisen auf die den Kolonialismus legitimierende Funktion von Frauenbefreiungsdiskursen hin, stellen globale Konzepte wie Gender oder Geschlechtergleichheit in Frage und verweisen auf alternative Geschlechterkonstruktionen wie alternative Modelle des Geschlechterverhältnisses und andere, neue Quellen verändernden Denkens. Wichtig waren auch Versuche, die strukturelle Verquickung von Geschlechterverhältnissen mit kolonialer Gewalt, Heteronormativität und anderen Differenzen neu zu denken. Die vor allem in den Sozial- und Literaturwissenschaften vollzogene Anwendung dekolonialer und postkolonialer Kritik auf Gender- Debatten und feministisches Denken muss noch stärker philosophisch weiterentwickelt werden. Reflexionen auf exkludierende Konzeptionen des Wissens eröffnen auch neue Blicke auf philosophische gender-/frauenrelevante oder indigene Denktraditionen jenseits dessen, was in »westlicher« Perspektive als emanzipatorisch oder befreiend gilt und als in mehrfacher Hinsicht marginalisiertes Denken. Diese Denkansätze gehen oft auch einher mit realen Kämpfen um Autonomie, um Land, gegen Umweltzerstörung, für communities etc. Aus der Perspektive weiblich konnotierter Verantwortlichkeiten wurden auch neue Gegenstandsbereiche interkulturellen Philosophierens eröffnet, wie beispielsweise Heilung, Leiden, Schweigen etc. und des Weiteren wurden feministische Theorien im Kontext anderer Zivilisationen, wie beispielsweise islamischer Feminismus, weiterentwickelt. Die letzte Nummer von polylog. Zeitschrift für interkulturelles Philosophieren zu einem »Frauenthema« erschien 1999 (polylog Nr. 4) und widmete sich unter dem Titel: »Frau und Kultur« der Frage der Kulturalisierung und Kolonialisierung von Differenz. Die aktuelle Nummer soll die eingangs erwähnten Debatten weiterführen und bringt Beiträge aus einer Zeitspanne der beiden letzten Jahrzehnte. Sie gibt auf der einen Seite einen kleinen Einblick in die Vielfalt von Debatten zu Feminismus und Geschlechtergerechtigkeit in den Ländern des globalen Südens. Dies leisten die Artikel von Patricia Mc Fadden und Jimena Néspolo. Beide Beiträge stellen jeweils eine Momentaufnahme feministischen Denkens in einem Kontext des globalen Südens dar. Sowohl auf dem afrikanischen Kontinent als auch in Lateinamerika gibt es viele andere Ansätze – viele, die auch das Attribut feministisch ablehnen und neue Konzepte wie »womanism« kreieren oder sich auf im globalen Süden doppelt unterdrückte indigene Traditionen beziehen. Einen Überblick über feministisches Denken weltweit gibt das im Rezensionsteil besprochene Buch von Graness, Kopf und Kraus. Auf der anderen Seite thematisiert diese Nummer die dekoloniale und postkoloniale Herausforderung für feministisches Denken. Wir haben daher einen programmatischen Text der feministischen Philosophin Maria Lugones übersetzt und bringen einen Beitrag von Nkiru Nzwegwu, einer der wichtigsten Kritikerinnen der Universalität des Gender-Konzepts. Patricia McFadden hält in ihrem Beitrag ein leidenschaftliches Plädoyer für die Bedeutung sexueller Freiheit und sexuellen Genusses im Kontext eines afrikanischen Feminismus. Ihre Position ist inspiriert von Schriften afro – amerikanischer Denkerinnen wie Audre Lorde; sie betrachtet sexuellen Genuss und Freiheit als ein befreiendes Element und kritisiert Debatten und auch gesetzliche Regelungen, die die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen einschränken, insbesondere im Kontext der Reaktion auf die HIV-Pandemie. Jimena Néspolo debattiert die für den lateinamerikanischen Kontext eminent wichtige Frage des Feminizids und versucht zu ergründen, wieso trotz zunehmender und artikulierter öffentlicher Proteste dieser nicht zurückgeht und sucht die Erklärung dafür eher auf der Ebene des Symbolischen. Der weibliche Körper wird ihr zufolge zu einem Objekt medialer Inszenierung, die durch eine spezifische feministische Performanz verstärkt werde. Zu den in interkultureller Perspektive diskutierten Themen gehört auch die Frage, ob die Unterdrückung von Frauen ein universales Phänomen sei. Dies wurde bereits auf dem Hintergrund von queer und gender studies negativ beantwortet, denn die Einheitlichkeit von Frausein und überhaupt Zweigeschlechtlichkeit werden als Konstruktion begriffen und als Zwang zur Normierung von Differenzen, die zwischen Polen fließend verstanden werden sollen. Aber auch der Gender-Begriff wird in seiner globalen Gültigkeit in Frage gestellt. Gender, so argumentieren Autorinnen wie Nzegwu oder Oyewumi, sei ein westliches Konstrukt, der Begriff beruhe auf westlichen Interpretationen der Gesellschaft und stelle letztlich einen partikularen kulturellen Diskurs dar, der nicht auf andere Kulturen oder Gesellschaften zu übertragen sei. Gender sei beispielsweise in einer Analyse der vorkolonialen Yoruba Gesellschaft keine zentrale Kategorie. Soziale Hierarchien wurden entlang anderer Unterscheidungsmerkmale konstruiert, vor allem entlang von Kategorien des Alters beziehungsweise der Seniorität und der Verwandtschaft. Daran knüpft Nkiru Nzegwu in ihrem Beitrag an. Nzegwu begreift Gender als eine imperialistische Kreation in dem Sinne, dass soziale Beziehungen durch Geschlechterbeziehungen hierarchisch überformt seien. Diese Kritik bezieht sie auf die Rezeption afrikanischer Kunst in Europa, um durch diese Kritik hindurch kreative und Handlungspotentiale von Frauen in afrikanischen Gesellschaften freizulegen. In dem Beitrag von Maria Lugones – einer für Feministinnen der Länder des globalen Südens und insbesondere Lateinamerikas extrem einflussreichen Denkerin – geht es um (Neo-)kolonialismus und Dominanz des Gender-Regimes. Lugones beschäftigt vor allem die Frage befreiender Perspektiven in Denken und Handeln in vielfachen Dominanzverhältnissen sowie die Frage danach, wie Handlungsfähigkeit in einem relationalen Sinne im Kontext verschiedener Unterdrückungsmechanismen zu denken sei. Erst im Nachhinein stellen wir fest, dass in dieser Nummer die Frage nach Handlungsfähigkeit im Kontext von Unterdrückungszusammenhängen von allen Autorinnen gestellt wird und ein verbindendes Element in den nach einer anderen Logik ausgesuchten heterogenen Beiträgen darstellt. Vielleicht beinhaltet dies eine wichtige Inspiration für ein Denken in anderen Zusammenhängen. Wenn interkulturelles Philosophieren so verstanden wird, spezifische Denkansätze zu provinzialisieren in dem Sinne, dass eine orts- und kulturgebundene Vielfalt an Konzepten der Philosophie, Vernunft, des Feminismus etc. gedacht wird, dann gilt dies zugleich auch für veränderndes Handeln, Emanzipation etc. – die oft als spezifisch westliche Errungenschaften begriffen werden. Die in dieser Nummer zusammengestellten Beiträge sind nicht alle explizit philosophisch, da die erwähnten Debatten vor allem in den Literaturwissenschaften, Kunsttheorien und Sozialwissenschaften geführt werden. Die Beiträge betreffen zentrale philosophische Fragen und es bleibt zu hoffen, dass diese polylog Nummer dazu beiträgt, interkulturelles Philosophieren zu Gender- und Frauenthemen weiter zu beflügeln.
Aktualisiert: 2020-12-31
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Gesundheit und Heilung

Gesundheit und Heilung von Angermeier,  Vitus, Baatz,  Ursula, Estermann,  Josef, Peikert,  Damian, Popp,  Stephan, Saal,  Britta, Schellhammer,  Barbara, Schlosser,  Tobias, Shorny,  Michael, Tosam,  Mbih Jerome
Ursula Baatz & Britta Saal Einführung Nur auf den ersten Blick scheinen Medizin und Philosophie miteinander wenig gemeinsam zu haben. Doch setzt Medizin – oder weiter gefasst: die Absicht zu heilen – ontologische, metaphysische und anthropologische Hypothesen über die Ursachen von Krankheit, die Arten der Diagnosestellung und die möglichen Therapieverfahren voraus. Dafür muss es Beschreibungen geben, die es erlauben, kurative Vorgaben für Menschen und ihre Beziehung zur Welt (Um- und Mitwelt) vorzugeben und dafür auch Gründe anzugeben. Denk- und Wissenssysteme spielen hier also eine entscheidende Rolle. Das macht Medizin zu einem hervorragenden Kandidaten für interkulturelle Perspektiven. Denn es gibt ja nicht nur die »westliche«, moderne Medizin, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts für sich das Monopol auf medizinische Erkenntnis beansprucht. Diese ist mitnichten das einzige medizinische System, das ausformulierte ontologische Prämissen vorzuweisen hat und umfangreich verschriftlicht ist. Die traditionelle chinesische Medizin oder die indisch-ayurvedische Medizin können sich auf eine umfangreiche philosophische Reflexion der Grundsätze und ein entsprechendes Corpus schriftlicher Tradition berufen, die in beiden Fällen sogar bis vor die abendländische Zeitrechnung zurückreicht. Die wieder­entdeckte traditionelle europäische Medizin kann sich auf antikes und mittelalterliches medizinisches Schrifttum berufen. Die traditionelle tibetische Medizin wiederum hat die antike bzw. mittelalterliche abendländische Medizintradition mit der chinesischen und indischen zu einer eigenen, eigenständigen Tradition verbunden und umfangreiche und bis heute relevante Standardwerke hervorgebracht. Trotzdem gelten die genannten Medizinsysteme für die zeitgenössische, sogenannte Biomedizin bestenfalls als »Komplementärmedizin« oder als »Alternativmedizin«. Noch weniger Chance auf Anerkennung haben Medizinsysteme ohne schriftliche Überlieferung – wie etwa die traditionelle afrikanische oder jegliche andere indigene Medizin. Für die medizinische Praxis hat dies weitreichende Folgen: Zum einen dominiert die naturwissenschaftlich fundierte, moderne Medizin in weiten Teilen der Welt vor allem in urbanen und industrialisierten Regionen, wobei der Zugang zu dieser modernen Medizin unter anderem aus sozialen und ökonomischen, aber auch aus verkehrstechnischen Gründen oft schwierig oder unmöglich ist. Zum anderen bestehen in den meisten Gegenden der Welt mehrere Medizinsysteme gleichzeitig nebeneinander – das moderne »westliche« genauso wie die traditionellen Medizinsysteme. Auch wenn die Erkenntnisse und Heilverfahren der modernen Medizin sichtbar erfolgreich sind, haben doch auch ältere und alternative Medizinsysteme nachweisliche Erfolge vorzuweisen, die allerdings oft nur unzureichend positiv kommuniziert werden. In den letzten Jahrzehnten haben in Europa und den USA ältere und alternative Medizinsysteme oft als Komplementärmedizin eine Nische gefunden oder werden in der Medizinethnologie unter soziologisch-ethnologischer Perspektive betrachtet. Die Dominanz der modernen, naturwissenschaftlich fundierten Medizin hängt u. a. auch mit dem Kolonialismus zusammen. Dieser Aspekt ist in den hier versammelten Beiträgen fast durchweg anzutreffen. Die moderne Medizin hatte zur Zeit der europäischen Kolonial­reiche aktiv Teil am »westlichen«, »weißen« Hegemonieanspruch. Eine noch immer anzutreffende grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber traditionellen Heilweisen seitens Vertreter/innen der naturwissenschaftlichen Biomedizin kann daher als ein tendenziell hegemoniales Dominanzgebaren interpretiert werden. Mit einer Ausblendung der epistemologischen Debatte im Bereich der Medizin werden also grundlegende Differenzen überspielt. Neben dem o. g. (post-)kolonialen Aspekt spielen auch wirtschaftliche Interessen eine wichtige Rolle. So stellt die Pharmaindustrie, deren Grundlage die dominante biomedizinische Orientierung ist, in der Regel nicht unbedingt den Menschen und dessen Heilung in den Mittelpunkt, sondern ökonomische Faktoren. Eine weitere Differenz betrifft die erkenntnistheoretischen Prämissen. So gehört es beispielsweise zu den erkenntnistheoretischen Vorgaben der modernen Biomedizin, Ursachen von Krankheiten bzw. die Wirkstoffe von Medikamenten in ihre Faktoren zu zerlegen und einzeln zu untersuchen. Dies steht im Gegensatz zu traditionellen Medizinformen, bei denen Diagnose und Therapie zumeist auf dem Zusammenspiel verschiedener Faktoren beruhen. Auch arbeitet die moderne Biomedizin mit quantitativen Methoden und sucht nach statistisch signifikanten Ergebnissen; individualisierte Medikamente gelten als Medizin der Zukunft. Für die traditionellen Medizin- und Heilsysteme, die sich in Diagnose und Therapie an der Interdependenz qualitativer Faktoren orientieren, sind jedoch individualisierte Rezepturen seit jeher üblich. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass ein medizinphilosophischer Polylog – ein Gespräch, bei dem die Teilnehmenden ihre unterschiedlichen Weltbilder, Prämissen und philosophischen Perspektiven als gleichberechtigt und gleichwertig einbringen – nur schwer zu verwirklichen oder gar einlösbar ist. Eine solche »ideale Kommunikationsgemeinschaft« ist selbst schon als regulative Idee unter Philosophinnen und Philosophen ein schwieriges Unterfangen. Die hier versammelten Beiträge illustrieren daher mehr als Beispiele das umrissene Konfliktfeld. Sie zeigen das Wirken von Interkulturalität unter anderem im Rahmen wechselseitiger Beeinflussung als auch in der (Aus-)Formulierung eigener (indigener) Positionen mit Bezug auf ›westliche‹ epistemologische Begriffe. Im ersten Beitrag von Vitus ­Angermeier geht es um einen spezifischen Aspekt des Ayur­veda: die Prävention. Dabei wird auf sehr interessante Weise deutlich, welchen signifikanten Einfluss die Kolonialisierung auf die Modernisierung des traditionellen indisch-­ayurvedischen Medizinsystems hatte. Es folgt im zweiten, englischsprachigen Beitrag von Mbih Jerome Tosam ein Einblick in die traditionelle afrikanische Medizin (TAM). Kritische Reflexionen zum Kolonialismus spielen hier ebenso eine Rolle wie die Auseinandersetzung mit der westlich-wissenschaftlichen Medizin. Anhand eines sehr konkreten Fallbeispiels setzt sich Josef Estermann im dritten Beitrag mit den philosophischen Hintergründen andiner Vorstellungen von Gesundheit, Krankheit und Genesung auseinander. Mit einem Sprung nach Kanada wird der Heilungsbegriff im vierten Beitrag von Barbara Schellhammer etwas weiter gefasst und verbunden mit Überlegungen zur Heilung des transgenerationalen Traumas des indigenen Genozids. Im fünften Beitrag setzt sich Tobias Schlosser sehr explizit mit der kolonialen Vereinnahmung anderer Regionen, hier v. a. Südamerika, seitens Europa auseinander und stellt, daran anknüpfend, Überlegungen zum Phänomen des Kannibalismus als Krankheit an. Den Abschluss des Thementeils bildet der Beitrag von Damian Peikert, der sich mit dem japanischen Konzept der klinischen Philosophie befasst und damit auf sehr philosophische Weise die Thematik Philosophie als Medizin behandelt. Auch wenn in den Beiträgen weniger die verschiedenen – moderne naturwissenschaftliche, ältere, traditionelle, alternative etc. – Medizinformen miteinander ins Gespräch gebracht werden, so sticht, wie gesagt, die Beziehung zwischen Kolonialismus und moderner »westlicher« Biomedizin hervor. Diese Beziehung herauszustellen, war nicht intendiert, sondern ergab sich anhand der Einreichungen. Jedoch zeigt dies deutlich, dass ein philosophischer Polylog und eine konzeptuelle Dekolonisierung (Wiredu) gerade auch medizinphilosophisch durchaus Relevanz besitzen.
Aktualisiert: 2020-12-31
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«inter»2

«inter»2 von Baier,  Karl, Barboza,  Amalia, Boteva-Richter,  Biamca, Graneß,  Anke, Saal,  Britta, Schelkshorn,  Hans, Schirilla,  Nausikaa, Sevilla,  Anton Luis, Shorny,  Michael, Tomaschitz,  Wolfgang
Wolfgang Tomaschitz & Michael Shorny Was meinen wir mit »Inter«? – ein zweiter Anlauf Einleitung Polylog 41 Der bosnische Autor Dževad Karahasan bemerkt einmal, dass eine »allzu klare Bewusstheit« kultureller Identität immer an »ein gewisses Unbehagen« grenze. Das rühre daher, dass man diese Identität der »ständigen Anwesenheit von Menschen mit einer anderen Identität« verdanke. Die Beiträge zum ersten Schwerpunkt der vorliegenden Ausgabe legen den Verdacht nahe, dass auch eine Positionierung zwischen solchen Identitäten – in einer wie immer bestimmten Sphäre des »inter« – zu einem Unbehagen führen kann, das begrifflich erst bewältigt werden muss. In polylog 40 war mit der Frage »Was meinen wir mit dem ›inter‹ der interkulturellen Philosophie?« öffentlich zu einer Reflexion dieses Ansatzes eingeladen worden. In der aktuellen Ausgabe führen fünf Redakteurinnen diesen Polylog – der viel mit dem Gründungsimpuls der Zeitschrift zu tun hat – fort. Sie beziehen sich dabei sowohl auf die Beiträge der Nummer 40 als auch den redaktions-internen Austausch über diese Frage. Anke Graneß macht in ihrem Beitrag darauf aufmerksam, dass Begriffe des Inter-, Trans- und Multi-Kulturellen und auch der Begriff Kultur selbst zunehmend kontroversiell diskutiert werden und plädiert entschieden für eine Verortung des »inter« in der Sphäre der Interaktion von Individuen unter ganz konkreten gesellschaftlichen Bedingungen. Eine interkulturelle Philosophie, die nicht auch konkrete Machtverhältnisse bis in das Institutionelle und universitäre Strukturen thematisiere und bereit sei, diese auch zu verändern, verfehle ihrer Ansicht nach eine ihrer wichtigsten Aufgaben. Amalia Barboza erinnert an das »große Versprechen« der Interkulturellen Philosophie, einen Weg aufzuzeigen, der es möglich mache, »zwischen verschiedenen Denktraditionen zu wandern, [...] um sich durch das Dazwischen der Diskurse kritisch zu bereichern« und auch dadurch die Welt mitzugestalten. Sie verweist dabei auf frühe Ansätze der Wissenssoziologie, die schon in der Gründungsphase Fragen nach der Seinsverbundenheit des Denkens bzw. nach den Möglichkeiten »freischwebender Intelligenz« bewegt habe und die in der Selbstreflexion interkulturellen Philosophierens hilfreich sein könnten. Auch bei Barboza erweitert sich das zunächst kulturelle Feld des »inter« zu einem politischen, sozialen und auch ästhetischen und sie folgert daraus die Notwendigkeit einer Öffnung zu empirischer Methodik. Nausikaa Schirilla teilt den anti-essentialistischen Ansatz ihrer Kolleginnen und betont die Notwendigkeit einer explizit politischen Perspektive, die aber auch als eine Herausforderung an die Theoriebildung zu verstehen sei. Als beispielgebende Ansätze, in welchen Kultur von Anfang an auch als Ausdruck von Machtverhältnissen betrachtet werde, bezieht sie sich auf Stuart Hall und Homi K. Bhabha. Die Integration dieser Ansätze in ein interkulturelles Philosophieren sei in vieler Hinsicht erst noch zu leisten. Bianca Boteva-Richter nähert sich der Frage des »inter« über eine stärker anthropologisch orientierte Erörterung, die auf die Arbeiten von Tetsurô Watsuji Bezug nimmt. Der Kern dieses Ansatzes liege darin, Menschsein als eine Struktur zu begreifen, die als ein »individuell-soziales Netzwerk« zu verstehen sei. Dieses Netzwerk oder diese Verbundenheit sei aber durch die Dynamik von Interaktionen bestimmt und könne in einer optimalen Variante – wie Boteva-Richter formuliert – als eine »korrelative, aktive Wissensteilhabe durch einen solidarischen, sich gegenseitig verstehenden, miteinander gleichwertig kommunizierenden Austausch im Zwischen der menschlichen Verbindungen« verstanden werden. Britta Saal argumentiert in ihrem Beitrag dafür, den topografischen Ort von Philosophie für die Darstellung der Dynamik einer Denkbewegung in die Ortlosigkeit (Mall) fruchtbar zu machen. Ihr Beitrag versucht eine Präzisierung der Begriffe Ort, Raum und Praxis des interkulturellen Philosophierens und betont dabei den ereignishaften, aktionistischen Aspekt dieses Unternehmens. Wo sich interkulturelles Philosophieren wirklich ereigne, geschehe das dadurch, dass sprechend und handelnd ein Anfang gesetzt werde, der einen »Inter-Raum«, eine Stätte eröffne, die es ohne philosophische Intervention nicht gebe. Mit in diesen Schwerpunkt gehört der Beitrag von Anton Luis Sevilla zur Aidagara-Ethik des japanischen Philosophen Watsuji Tetsurô (1889–1960). Der Autor spricht selbst von einer »Re-Lektüre« der Position Watsujis, in der die Funktion und die transformative Wirkung des Erzählens und Neu-Erzählens reflektiert werde. Ausgehend vom Begriff des »inter« entwirft Sevilla die Skizze einer narrativen Ethik und hebt deren psychologisch, historisch und sozial transformatives Potential hervor. Religiöse Erfahrung, säkulare Vernunft und Politik um 1900: Zwei Beiträge Der anderen Schwerpunkt dieser Ausgabe macht zwei Forschungsbeiträge von Hans Schelkshorn und Karl Baier zugänglich, die erstmals anlässlich der Tagung »Religiöse Erfahrung, säkulare Vernunft und Politik um 1900«, die im November 2017 von der Forschungsplattform Religion and Transformation in Contemporary Society der Universität Wien und dem Titus Brandsma Institut der Radboud Universität Nijmegen gemeinsam veranstaltet wurde, vorgestellt wurden. Beide Artikel machen die fast erschreckende Aktualität von Fragen deutlich, die schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts bewegt haben und deren Lösung wir seither kaum näher gekommen sind. Karl Baiers Beitrag befasst sich mit Swami Vivekananda (1863–1902), einer Galionsfigur des Neohinduismus, und analysiert dessen Werk im Kontext nationalistischer Tendenzen und der Bestrebung einer Erneuerung des Hinduismus, die mit einer zum Teil radikalen Neuinterpretation der Traditionen einherging, und im Kontext eines Ansatzes, den Baier als »szientistische Erfahrungsreligiosität« bezeichnet, die das Einholen religiöser Inhalte durch meditative Methoden und dadurch deren wissenschaftliche Fundierung für möglich halte. Hans Schelkshorn stellt das Werk des aus Uruguay stammenden Essayisten José Enrique Rodó (1871–1917) vor, der durch seine kulturphilosophischen Arbeiten im südlichen Amerika des ausgehenden 19. Jahrhunderts entscheidend zu einer Neubewertung religiöser Sinnhorizonte beigetragen hat und dessen »Appell zu einem ethisch-spirituellen Aufbruch« die lateinamerikanischen Philosophien des 20. Jahrhunderts, bis hin zur Theologie der Befreiung, inspiriert hat.
Aktualisiert: 2020-12-31
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Neue Wege Integrativer Therapie

Neue Wege Integrativer Therapie von Böhme,  Gernot, Gahleitner,  Silke B, Holzapfel,  Günther, Hüther,  Gerald, Itten,  Theodor, Jung,  Mathias, Jüster,  Markus, Lachner,  Gabriele, Neuenschwander,  Bernhard, Orth,  Ilse, Ossola,  Elena, Papousek,  Mechthild, Petzold,  Hilarion G., Ricouer,  Paul, Schnitzler,  Alfons, Schnitzler,  Irmtraud, Schuch,  Waldemar, Sieper,  Johanna
Die moderne Psychotherapie bewegt sich weg von den traditionellen Therapieschulen und orientiert sich zunehmend an den neuen Ergebnissen der Psychotherapieforschung und den Erkenntnissen der Bio- und Neurowissenschaften. Sie integriert die guten Elemente der klassischen Ansätze, revidiert problematische Konzepte, entwickelt aber auch ganz neue Wege der Behandlung. Sie bezieht neurobiologische Erkenntnisse, körperorientierte Methoden, philosophische Lebensweisheit und soziotherapeutische Hilfeleistungen in die Behandlung ein. „Integrative Therapie“ als biopsychosoziale „Humantherapie“ gehört zu den Pionierverfahren im „neuen Integrationsparadigma“ und wurde vor vierzig Jahren von Hilarion G. Petzold, eine der „Leitfiguren moderner Psychotherapie“ („Die Zeit“) entwickelt. Seit 25 Jahren wird sie an der „Europäischen Akademie für psychosoziale Gesundheit“ gelehrt, einem der bedeutendsten Zentren für kreative Therapieverfahren in Europa. Im vorliegenden Band zum 25-jährigen Jubiläum dieser Einrichtung und zur Emeritierung von Prof. Petzold schreiben führende WissenschaftlerInnen mit integrativen Positionen und AutorInnen aus der integrativen Bewegung zu relevanten Themen moderner Psychotherapie, Integrativer Therapie, psychosozialer Hilfeleistung und Weiterbildung: über das Integrationskonzept, zu Neurobiologie und Psychotherapie, über Hirnforschung und Kreativität, Säuglingsforschung und frühe Eltern-Kind-Beziehungen, zu Lebenssinn und philosophischer Therapeutik – eine Fundgrube für neue Impulse, Anregungen für neue Wege.
Aktualisiert: 2020-05-12
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Heidegger interkulturell?

Heidegger interkulturell? von Ben Yagi,  Tsutomu, Graneß,  Anke, Han,  Choong-Su, Ikeda,  Takashi, Kimmerle,  Heinz, Kirloskar-Steinbach,  Monika, Menditto,  Giuseppe, Praeg,  Leonhard, Ross,  Martin, Shorny,  Michael
Europäische Philosophen traten oft genug als monokulturelle Denker auf, obwohl sie sich universal begriffen. Der Schwerpunkteil dieser Nummer ist einem dieser monokulturellen Philosophen gewidmet, der jedoch vielfältig international und auch interkulturell rezipiert wurde und wird. Die Nummer 31 von polylog zeichnet einige Versuche auf, Heideggers Denken interkulturell fruchtbar zu machen. Es ist fu¨r diese Zeitschrift ungewöhnlich, dass ein Denker und nicht ein Thema oder eine Region in der Welt als Schwerpunkt gewählt werden. Anlässlich des Kongresses 'Ort/e des Denkens' an der Universität Wien 2013 sind der Redaktion jedoch viele philosophische Ansätze aufgefallen, die im Rekurs auf Heideggersche Konzeptionen Fragestellungen im Kontext nicht westlicher philosophischer Traditionen bearbeiten. Diese Ansätze stehen im Zentrum des Thementeils – es geht also darum, wie Heidegger interkulturell rezipiert wird, trotz der nicht zu leugnenden antisemitischen und nationalistischen Positionen dieses Philosophen. Weitere Beiträge dieser Nummer sind eher traditionell fu¨r eine Zeitschrift fu¨r interkulturelles Philosophieren. Heinz Kimmerle, einer der großen westlichen Experten fu¨r afrikanische Philosophie, schreibt u¨ber afrokaribische Philosophien. Damit beschreibt er eine Tradition der afrikanischen Philosophie, die sich im Gebiet der Karibik herausgebildet hat. Sie ist gekennzeichnet durch den Kampf gegen Sklaverei und koloniale Unterdru¨ckung und das Erbe an der traditionellen afrikanischen Philosophie. In einem weiteren Forumsbeitrag setzt sich Leonhard Praeg in essayistischer Form von 'Postcards from the Postcolony' mit Postkolonialität, Fremdheit und Kultur auseinander. Eine besonders große Fundgrube bietet diesmal der Rezensionsteil mit zahlreichen Rezensionen und vielen Buchtipps zu aktuellen Neuerscheinungen.
Aktualisiert: 2020-12-31
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Übersetzen

Übersetzen von Amaladass,  Anand, Baatz,  Ursula, Boteva-Richter,  Bianca, Dussel,  Enrique, Fornet-Ponse,  Thomas, Gmainer-Pranzl,  Franz, Kaloianov,  Radostin, Oduwole,  Ebunoluwa O., Shorny,  Michael, Wimmer,  Franz Martin, Wiredu,  Kwasi
"Übersetzung" lautet das Thema der vorliegenden Nummer 24. Damit steht ein zentrales Problem interkulturellen Philosophierens im Mittelpunkt dieser Nummer. Denn Grundvoraussetzung für die Annäherung an und Auseinandersetzung mit Denktraditionen, Konzepten, Ideen, Diskussionen und Lösungsansätzen aus anderen Regionen der Welt ist ein sprachlicher Zugang - und damit das Übersetzen in eine von uns beherrschte Sprache. Der Akt des Übersetzens zieht sogleich eine ganze Reihe philosophischer und auch rein praktischer Probleme nach sich: Wie kann ein Begriff, ein Konzept, eine Idee aus einem anderen soziohistorischen, kulturellen, religiösen und sprachlichen Hintergrund vo vermittelt werden, dass einerseits möglichst wenig an Inhalt und Kontext verloren geht und andererseits trotzdem ein Verstehen, im Sinne eines Nachvollziehens, in meiner Sprache möglich ist? Wie kann vermieden werden, dass im Prozess der Übersetzung eine Übertragung der eigenen epistemologischen Voraussetzungen, der in unserer Sprache verankerten Denkstrukturen und Bilder, zu einer Verzerrung der zu übersetzenden Gedanken führt? Kann das überhaupt vermieden werden? Ist Übersetzung also überhaupt möglich oder nicht? Und ist der Prozess des Übersetzens, des Aneignens des Anderen nicht bereits wieder ein kolonisierender, unterdrückender Akt der Einverleibung und Anpassung des Anderen an das Eigene? Es ist uns eine große Freude mitzuteilen, dass Professor Wimmer im Oktober 2010 für seine Pionierarbeiten zur interkulturellen Philosophie mit dem "Großen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich" ausgezeichnet worden ist. Ein Beitrag dieser Nummer widmet sich den Leistungen Franz M. Wimmers. Das FORUM dieser Nummer enthält diesmal drei Beiträge: Enrique Dussel plädiert für die Anerkennung und Akzeptanz des Werts und der Geschichte aller regionalen philosophischen Traditionen auf der Erde und fordert, dass sich das auch in der philosophischen Lehre widerspiegeln sollte. Der Beitrag von Radostin Kaloianov beschäftigt sich mit der Debatte um den Begriff "Multikulturalismus", und Thomas Fornet-Ponse bringt uns das Denken von Xavier Zubiri und Ignacio Ellacuría näher. An den großen Vorreiter eines interkulturellen Philosophierens und eines interreligiösen Dialogs, Raimundo Panikkar, verstorben am 26. August 2010 im Alter von 98 Jahren, erinnert ein Nachruf von Anand Amaladass und Ursula Baatz.
Aktualisiert: 2020-12-31
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Ästhetik

Ästhetik von Baier,  Karl, Diaconu,  Madalina, Elberfeld,  Rolf, Faber,  Roland, Follari,  Roberto, Punte,  Maria José, Shorny,  Michael
In der neuen Ausgabe von polylog greifen wir ein Thema auf, das in der interkulturellen Philosophie bisher nicht im Zentrum des Interesses gestanden ist, nämlich die Ästhetik. Bereits in den Voru¨berlegungen sind so vielfältige Fragestellungen aufgetaucht, dass sofort klar wurde, dass die vorliegenden Beiträge nur eine erste Annäherung an eine philosophische Ästhetik in interkultureller Perspektive darstellen können. Dass wir uns u¨berhaupt an die „Ästhetik“ herangewagt haben, verdanken wir einer Anregung von Karl Baier, der auch selbst einen spannenden Beitrag zu diesem Thema vorlegt. Rolf ELBERFELD hat zuletzt die redaktionelle Betreuung u¨bernommen. Im forum finden Sie zwei Beiträge. Der erste Artikel setzt sich mit dem Denken von Alfred North Whitehead auseinander, dessen Bedeutung fu¨r eine interkulturelle Philosophie noch näher zu erschließen sein wird. Roland FABER, ein anerkannter Whitehead-Spezialist, versucht dessen Prozesstheologie fu¨r eine Theorie des 'Transreligiösen Diskurses' fruchtbar zu machen. Der zweite Beitrag stammt von Roberto Augustin FOLLARI, einem der wichtigsten Proponenten eines lateinamerikanischen Postmodernismus, der Motive der europäischen Postmoderne im Licht der lateinamerikanischen Erfahrungskontexte einer kritischen Revision unterwirft.
Aktualisiert: 2020-12-31
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Vier Ansätze interkulturellen Philosophierens

Vier Ansätze interkulturellen Philosophierens von Baatz,  Ursula, Fornet-Betancourt,  Raúl, Mall,  Ram Adhar, Panikkar,  Raimon, Shorny,  Michael, Weidtmann,  Niels, Wimmer,  Franz M
Vorwort zur zweiten Auflage 2014 1998 startete das Projekt „Polylog – Zeitschrift für interkulturelles Philosophieren“ dezidiert „nicht bloß als Ort der Präsentation, sondern auch als Raum für Austausch und Begegnung, Raum für einen Polylog“, wie es im ersten Editorial hieß. Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2014, und inzwischen ist die 30. Nummer der Zeitschrift erschienen. Im „polylogischen Raum“ ist viel philosophiert undd diskutiert worden, beispielsweise in Themenschwerpunkten zu Natur, Übersetzen, Geld und Ästhetik, zum Gerechten Krieg und zum Arabischen Frühling, zu Formen des Philosophierens und zu Sinneskulturen, um nur einige der sehr unterschiedlich akzentuierten Themenschwerpunkte zu nennen. Die programmatischen Fragen, die in der ersten Nummer der Zeitschrift gestellt wurden, fordern immer noch zu Antworten heraus; manche Fragen wurden ausdifferenziert, neue Fragen sind hinzugekommen, aber die Notwendigkeit interkultureller Vermittlung ist nach wie vor aktuell, ja drängender denn je. Nach wie vor bestehen verschiedene Ansätze interkulturellen Philosophierens nebeneinander und entfalten ein vielfältiges Potential. Das Vorhaben, interkulturell zu philosophieren, ist zwar (noch) nicht in allen Curricula philosophischer Studiengänge verankert, ist jedoch bei vielen Tagungen und Sitzungen nationaler sowie internationaler philosophischer Gesellschaften zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Das Thema findet zunehmend Interesse, stößt aber auch auf grundsätzliche Kritik aus den eigenen Reihen – auf den Vorwurf, dass durch den Fokus auf „Interkulturalität“ Fremdheit erst erzeugt, Kulturen essentialisiert und Differenzen stereotypisiert werden können. Diese Kritik ist in die Arbeit von Polylog eingegangen und hat immer wieder zu kreativen Auseinandersetzungen geführt. Und damit dieser Diskussionsprozess immer wieder neu angestoßen wird und der Anspruch eines „polylogischen Raums“ auch programmatisch eingelöst wird, drucken wir die mittlerweile vergriffene erste Nummer von Polylog wieder nach. Die hier veröffentlichten Texte beschreiben maßgebliche Perspektiven interkulturell philosophischer Ansätze, die heute vielleicht um die eine oder andere ergänzt werden könnten, aber weiterhin relevant sind. Es geht uns nicht darum, die Beiträge der ersten Nummer unserer Zeitschrift zu kanonisieren, sondern vielmehr darum, uns an ihnen abzuarbeiten, ihre Inspiration aufzunehmen und daraus neue Impulse zu setzen. Der Text der Wiederauflage ist fast identisch mit dem Original; der Text läuft aus technischen Gründen etwas anders, ist aber im Wesentlichen seitengleich mit der Auflage von 1998. Typographische Fehler wurden nicht korrigiert, dafür aber die URLs und Adressen im Impressum aktualisiert. Auf Seite U3 sind schließlich die aktuellen Abo- und Verkaufsdaten zu finden. Die Redaktion ist heute wesentlich größer und umfasst fünfzehn Mitglieder; Herausgeberin von Polylog ist weiterhin die WiGiP. Wir wünschen viel Freude und Inspiration bei der Lektüre der neuen alten Nummer 1! Für die Redaktion: Nausikaa Schirilla Mai 2014
Aktualisiert: 2020-12-31
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Sinneskulturen

Sinneskulturen von Baier,  Karl, Diaconu,  Madalina, Falaiye,  Muyiwa, Fürlinger,  Ernst, Heubel,  Fabian, Lee,  Eun-Jeung, Ramos Lamar,  Adolfo, Shorny,  Michael, Surana,  Vibha, Yousefi,  Hamid Reza
Der Themenschwerpunkt "SINNESKULTUREN" ist in der Redaktion bereits seit mehreren Jahren dieskutiert worden. Es ist für uns daher eine besondere Freude, dass Dank des Engagements von Madalina Diaconu und Karl Baier das Vorhaben einer interkulturellen Annäherung an dieses komplexe Thema realisiert werden konnte. In diesem Heft konnte auch die Rubrik "Interview" wieder gefüllt werden. Anke Graneß und Stefan Skupien haben mit Prof. Muyiwa Falaiye, dem Leiter des Philosophieinstituts der Universität Lagos (Nigeria) ein Gespräch über seine Sicht des Projekts einer afrikanischen Philosophie geführt. Die beiden Beiträge im "forum" beziehen sich jeweils auf eine historische Thematik. Hamid Reza Yousefi stellt in seinem Beitrag "Die Entdeckung der Vernunft" Zarathustra als eine zentrale Gestalt achsenzeitlicher Aufklärung vor und nicht, wie meist üblich, als einen Religionsstifter. Im Mittelpunkt des Beitrags von Eun-Jeung Lee steht der koreanische Politiker und Denker Chong Yag-yong (1762-1836), der sich vermittelt durch die Schriften des Jesuitenmissionars Matteo Ricci bereits früh mit der westlichen Wissenschaft und dem Christentum beschäftigte und diese in sein Denken einarbeitete.
Aktualisiert: 2020-12-31
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Gerechtigkeit

Gerechtigkeit von Abu-Zayd,  Nasr, Cho,  Sungtaek, Dussel,  Enrique, Mouffe,  Chantal, Oruka,  H Odera, Schelkshorn,  Hans, Shorny,  Michael
polylog verändert sich: mit der Nr. 7, die nur wenig verspätet (und im gewohnten Umfang) im Sommer erscheinen wird, wird Ihnen Hans SCHELKSHORN, der von nun an an meiner Stelle die Redaktionsarbeit koordinieren wird, von kleineren Veränderungen in der Redaktion und einiges hinsichtlich unserer Kooperationen berichten. Hans SCHELKSHORN hat auch das diesmalige "thema" betreut: Gerechtigkeit. Mit dem forum-Beitrag von Chantal MOUFFE setzen wir die Diskussionen in früheren polylog-Heften (angefangen mit polylog Nr. 2 zu Konsenstheorie in Afrika) zum Thema Demokratietheorie fort. Bertold BERNREUTER traf Luis VILLORO, das Gespräch, das er mit ihm an mehreren Tagen geführt hat, finden Sie (in einer gekürzten Form) ab Seite 62. Michael Shorny
Aktualisiert: 2020-12-31
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