Funktionale Kronenarchitektur mitteleuropäischer Baumarten von Hagemeyer,  Mard

Funktionale Kronenarchitektur mitteleuropäischer Baumarten

Am Beispiel von Hängebirke, Waldkiefer, Traubeneiche, Hainbuche, Winterlinde und Rotbuche

Das Ziel der vorliegenden Arbeit war, beispielhaft anhand von sechs forstwirtschaftlich bedeutenden einheimischen Baumarten funktionelle Morphologie- bzw. Architekturtypen zu erkennen und zu beschreiben. Die ausgewählten Baumarten umfassen die Pionierbaumarten Hängebirke (Betula pendula ROTH) und Waldkiefer (Pinus sylvestris L.), die mittel- bis spätsukzessionalen Arten Traubeneiche [Quercus petraea (MATT.) LIEBL.] und Hainbuche (Carpinus betulus L.) und die Schlusswald-Baumarten Winterlinde (Tilia cordata MILL.) und Rotbuche (Fagus sylvatica L.). Die Untersuchungen wurden an Altbäumen in geschlossenen Reinbeständen auf überwiegend armen Böden in Nordwest- und Mitteldeutschland durchgeführt. Hierbei kam eine Vielzahl von Methoden zur Untersuchung der Kronenmorphologie und -physiologie zum Einsatz. Der Zugang zum Kronenraum zur Ernte von Blättern und zur Bestimmung der Blattwinkel erfolgte mit Messtürmen und Seiltechniken. Eine neu entwickelte Methode („CrownShape“) ermöglichte die Vermessung des Kronenvolumens einzelner Bäume mit hoher vertikaler Auflösung. Neben der Bestimmung des Lichtbedarfs von Jungpflanzen und untersten Schattenblättern wurden Messungen der relativen Beleuchtungsstärke im PAR-Bereich (400-700 nm) am Waldboden vorgenommen. Die optischen Eigenschaften von Blättern der sechs Baumarten konnten mit einem Spektralphotometer unter Verwendung einer Ulbricht-Kugel bestimmt werden. Baumernten ermöglichten quantitative Aussagen über Blattflächendichte, Biomasse- und Nährstoffvorräte und deren vertikale Verteilung. Schließlich dienten Streufänger und Zuwachsmaßbänder der Bestimmung von Streumassen, Blattflächenindex (LAI) und oberirdischer Netto-Primärproduktion (NPP0). Zwischen den untersuchten Pionier- und Schlusswald-Baumarten sind vor allem hinsichtlich der folgenden Parameter deutliche Unterschiede festzustellen: Die relative Beleuchtungsstärke im PAR-Bereich am Waldboden nimmt von den Pionier- (Birke 14.7 %, Kiefer 17.3 %) zu den Schlusswald-Baumarten drastisch ab (Hainbuche, Linde und Buche: 1.3 bis 1.4 %), am Boden von Eichenwäldern sind mittlere Werte von 8.4 % zu finden. Die geringere relative Beleuchtungsstärke am Boden von Schlusswäldern ist vor allem Folge eines höheren LAI (Hainbuche, Linde und Buche: 8.2 bis 8.9 m2 m-2) gegenüber den Pionierwäldern (Kiefer ca. 2.4 m2 m-2, Birke und Eiche: 5.4 m2 m-2) und sehr geringer Abweichungen des Blattwinkels von der Horizontalen in der Schattenkrone der Schlusswald-Baumarten (Hainbuche: 17 °, Linde: 15 ° und Buche: 20 °). Birken weisen auch in niedrigen Kronenbereichen relativ steile Blätter auf (42 °), Eichen liegen mit 19 ° im Bereich der Schlusswald-Baumarten. Jungpflanzen und Schattenblätter von Birke und Kiefer benötigen einen minimalen Lichtgenuss zwischen 14 und 30 % relativer Beleuchtungsstärke, bei Hainbuche, Linde und Buche sind dies nur 0.8 bis 3.7 %. Bei der Eiche wurden Schattenblätter im Mittel noch bei 6.3 % gefunden und Jungpflanzen noch bei 11.4 % relativer Beleuchtungsstärke. Die Stickstoff- Phosphor- und Magnesiumgehalte in Holz und Blättern der sechs Baumarten unterschieden sich in der Regel nicht signifikant zwischen den Arten; nur Kiefernnadeln weisen generell niedrigere Nährstoffgehalte bezogen auf die Blattmasse, und höhere Gehalte bezogen auf die Blattfläche auf als die Laubblätter der fünf anderen Arten. Die Schlusswald-Baumarten besitzen Schattenblätter mit sehr niedriger spezifischer Masse (Hainbuche: 32 g m-2, Linde: 33 g m-2 und Buche 28 g m-2). Schattenblätter von Eiche und Birke zeigen mit 58 bzw. 56 g m-2 einander sehr ähnliche aber weit höhere Werte. Die höchsten Trockenmassen pro Fläche weisen Kiefernnadeln mit – je nach Alter – 199 bis 256 g m-2 auf. Die Transmissivität und Absorptivität der Blätter der sechs Baumarten unterscheiden sich im PAR-Bereich nur geringfügig; deutliche Unterschiede bestehen dagegen in der spezifischen Absorptivität. Diese ist bei Schattenblättern der Schlusswald-Baumarten (Hainbuche: 2.4 % / g m-2, Linde: 3.2 % / g m-2 und Buche: 3.1 % / g m-2) erheblich höher als bei Birke (1.3 % / g m-2) und Eiche (1.2 % / g m-2). Tendenziell nehmen die Kosten der Kronenraumeroberung (Anfangsinvestitionen: Zweige, Äste, Stämme) und vor allem die „laufenden Kosten“ (Blätter) in der Reihenfolge Kiefer ? Eiche ? Linde ? Buche ab. Die Werte der Birke ähneln denen der Linde. Im Vergleich zur Linde sind die Kosten der Hainbuche deutlich höher. Die Kosten der Schattenerzeugung sind bei den Schlusswald-Baumarten (Hainbuche, Linde und Buche) generell niedriger als die der Eiche. Die höchsten Kosten der Schattenerzeugung weisen die Pionierbaumarten auf. Unter den rund 20 untersuchten morphologischen und physiologischen Merkmalen erwies sich die Ausbildung (oder das Fehlen) einer Schattenkrone mit entsprechend hoher Absorptivität bezogen auf die Konkurrenzstärke als die wahrscheinlich entscheidende Eigenschaft, die zwischen verschiedenen funktionalen Baumtypen (früh-, mittel-, spätsukzessional) differenziert. Während Birke und Kiefer nur im oberen Kronenbereich (oberstes Drittel) beblättert sind, reichen die Blätter bei allen anderen Baumarten (offenbar mit Ausnahme der Linde) bis in den unteren Stammbereich. Als Indikator für die Existenz einer Schattenkrone kann eine relative Beleuchtungsstärke am Waldboden unterhalb von 7 bis 10 % dienen. Hohe Effektivität der Strahlungsabsorption wird von den Blättern der Schlusswald-Baumarten durch geringen Blattwinkel, niedrige spezifische Masse und hohe spezifische Absorptivität erreicht. Hohe Absorptivität der Krone wird also nur erreicht, wenn die Kosten der Schattenerzeugung (ausgedrückt als Aufwendungen der Krone in Form von Blatt- und Zweigmasse) niedrig sind. Eigenschaften, wie die Höhe der oberirdischen Netto-Primärproduktion, die Nährstoffökonomie der Primärproduktion und die Kosten der Kronenraumeroberung, erwiesen sich als weniger bedeutsam bei der funktionalen Differenzierung der sechs Baumarten, vermutlich weil die Schattenerzeugung diejenige Ressource (PAR-Strahlung) monopolisiert, die in der Konkurrenz zwischen Bäumen entscheidend ist.

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