Das masoretische und das alexandrinische Sondergut des Jeremiabuches
Textgeschichtlicher Rang, Eigenarten, Triebkräfte
Hermann-Josef Stipp
Das Jeremia-Buch ist bekannt für die beträchtlichen Unterschiede zwischen hebräischem und griechischem Text. Die Studie untersucht zum einen die Übersetzungstechnik der griechischen Fassung, zum anderen die Beschaffenheit der Differenzen. Sie festigt die Lehrmeinung, daß die griechische Fassung einen Texttyp vertritt, der in der Regel eine ältere Entwicklungsstufe des Jeremia-Buches widerspiegelt. Die Exegese der masoretischen Sonderlesarten ergibt, dass sie nur begrenzten Einfluss auf die inhaltlichen Aussagen des Buches ausüben, diesem aber ein einheitlicheres Gepräge verleihen. Sie repräsentieren eine schriftgelehrte Form der Textpflege, die dem Grundgedanken der Einheit des Buches und darüber hinaus der ganzen Heiligen Schrift Ausdruck verleiht und veranschaulichen damit den fließenden Übergang von Redakteuren zu Schreibern. Die Sonderlesarten der alexandrinischen Textüberlieferung erweisen sich als typologisch gleichartig, jedoch von erheblich schwächerer Ausprägung.