Arbeit
Ulrich Dickmann, Thomas Knieps-Port le Roi
Das Verhältnis zwischen Arbeit und Spiritualität ist in der abendländischen Kultur äußerst spannungsreich. Seit der Antike gilt die Gottesschau (theoria bzw. contemplatio) als Ziel allen menschlichen Erkennens und Handelns. Das alltägliche Schaffen ist dabei eher ein Hindernis. Nur wer seinen Lebensunterhalt nicht mit Arbeit verdienen muss, ist wirklich frei für die Schau der göttlichen Ordnung. Das Christentum hat diese Sichtweise teilweise revidiert, indem es die Nachfolge Christi vorrangig als ein Tun vorgestellt hat: »Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel tut« (Mt 7,21). Die Annäherung zwischen Spiritualität und Arbeit erfolgt hier von beiden Seiten her: Wie einerseits die Gottesschau stets getrübt wird durch das Zuwiderhandeln gegen die göttliche Ordnung und deshalb der Arbeit an der eigenen Lebenspraxis bedarf, so avanciert andererseits das tätige Leben zum eigenständigen menschlichen Beitrag zur göttlichen Schöpfung und erhält damit selbst spirituelle Bedeutung. Doch die in der Formel ora et labora gefundene Verbindung zeigt gegenwärtig erneut Risse entlang der historischen Bruchstellen: Arbeit erscheint als lästige, zum Daseinserhalt unumgängliche Anstrengung und zugleich als Quelle und Gipfel von Selbstentfaltung und Weltgestaltung.
Die Beiträge dieses Bandes erkunden verschiedene Sehweisen, die den Gegensatz zwischen Arbeit und Kontemplation überwinden könnten. Dabei kommt die »Laien«-Perspektive ins Spiel: Dem Laien gerät die Lebenspraxis zur höchsten Form der Kontemplation. Dies aber würde voraussetzen, dass er den Zweck seines kreativen Tuns nicht außerhalb, sondern in diesem selbst fände.
Mit Beiträgen von:
Inigo Bocken, Ulrich Dickmann, Erika Helene Etminan, Walter Hellenthal, Rianne Jongstra, Thomas Knieps-Port le Roi, Claus F. Lücker, Wolfgang Christian Schneider, Kees Waaijman