Am Tor der Stille

Wieder hören können, wie das Leben klingt – Sehnsucht vieler Menschen in diesen Tagen. Dazu ist es gut, in die Stille zu gehen. Die äußere Stille aufzusuchen als Tor zur Stille im eigenen Inneren.
Um wieder wahrzunehmen, wie das Leben um uns herum klingt und wie das eigene Innere sich anhört, braucht es zunächst ein inneres Leer-Werden. Eine bewährte Hilfe dazu ist das Gehen in der Natur. Dabei fallen nach und nach die Lasten des Alltags ab. Wir merken, wie der innere Lärm abnimmt, Selbstgespräche ruhiger und leiser werden, das Hören feiner, das Schauen freier wird. Es wird Raum geschaffen in uns, Weite, Tiefe. Das ist die heilsame Erfahrung der Stille.
Zu den Orten, die sich mir in meinem Leben für Zeiten der Stille angeboten haben, gehörten vor allem zwei: der Franziskushof und das Kloster Marienrode.
Der Franziskushof – vor Jahren ein Ort des einfachen Lebens, der Stille und des Gebetes – ist unterhalb des Hügels von Schloss Craheim in Franken gelegen, in einer Landschaft von hügeliger Weite.
Das Kloster Marienrode, eine ehrwürdigen Zisterzienser-Abtei, liegt südwestlich der Stadt Hildesheim in einem hügeligen Waldgebiet. Hierhin habe ich mich bisweilen zurückgezogen für eine angeleitete Gruppen-Retraite, für ein stilles Wochenende oder auch, um die Jahreswechsel in Stille zu verbringen. Beide Orte erlebte ich als Tore zur Stille. Von daher der Titel dieses Buches. Die Texte aus diesen Zeiten umrahmen die anderen Kapitel mit den Themen: Augenblicke im Alltag, Träume und Alt-Werden
Richard Stiegler, ein spiritueller Lehrer aus Süddeutschland, weist in einem seiner Vorträge darauf hin, dass – wie bewegt ein See auch an der Oberfläche sein mag -, er schon in einem still sei. In der Tiefe sei der See immer still.“ Der Weg in die Stille ist also gar nicht weit. Wer noch tiefer in das Wasser seines Daseins hinabsteigt, der kann merken, dass mit zunehmender Tiefe das Wasser immer klarer wird.