Verleger: syrahaus

Wir, Sophie und Jasper haben ein Leben mit dem Kampf gegen Windmühlen verbracht wie Don Quijote. Erst nachdem wir an die sechzig Jahre alt waren, durften wir erfahren, was wirklich mit uns los ist, dass wir normal sind, dass wir vieles nicht können, aber auch vieles besser können…. Mit einundsechzig und siebenundfünfzig Jahren erfuhren wir, dass wir Asperger sind bzw. haben. Also Jasper unzweifelhaft. Sophie zu einem großen Anteil, aber zu einem noch größeren Anteil soziale Phobie (Auch hier ein endloser Kampf…. Ist das eine Krankheit oder eine Behinderung oder beides?) Aber mit der Diagnose ging der Kampf erst los, von wegen Erleichterung, endlich zu wis-sen, was los ist mit einem. Nach der Diagnose sieht man das ganze Leben immer mehr aus einem völlig neuen, un-gewohnten, aber irgendwie auch angenehmen Blickwinkel. Es gilt, wahnsinnig viele Situationen, Entscheidungen, Verhaltensweisen neu zu bewerten und neu zu betrachten. Am Anfang zerfleischt man sich, warum, wieso, weshalb man so oder so gehandelt hat und nicht anders. Aber es kommt bald die Erkenntnis, ICH konnte und kann nicht anders. PUNKT. Nach diesem Tag wird es einfacher, weil man verstanden hat, ICH KANN es nicht an-ders und, da ich das zum betreffenden Zeitpunkt nicht wusste, war es gut so, wie ich ge-handelt habe. Immerhin haben wir unser Leben damit bis zum heutigen Tag gemeistert und das sind nicht nur einige Tage gewesen. Wir haben je zwei Kinder streckenweise mehr oder minder alleine groß gezogen. Wir sind unseren Berufen nachgegangen, haben mehr als einmal Neuanfänge gewagt und uns sogar den Schritt in die Selbstständigkeit zugetraut. Wir haben uns gefunden, uns gerieben, uns lieben gelernt, miteinander alle Ab-gründe, die ein Asperger außerhalb des normalen Lebens noch so geschenkt bekommt, überwunden und stehen nun eng beieinander. Mit rund sechzig Jahren am Beginn eines komplett neuen Lebens. Auf das wir uns verdammt nochmal freuen und das wir, von vie-lem Ballast befreit, auch genießen werden, weil wir nun wissen, was wir können und was nicht, was uns guttut und was nicht, und am allerwichtigsten, wir es uns auch trauen. Wie sagt ein sehr guter Freund immer: Der größte Luxus ist, ganz einfach NEIN sagen zu können. Es ist ein unbeschreiblich gutes Gefühl zum ersten Mal in diesem Zusammenhang nicht die Selbstzerfleischung zu zelebrieren, sondern eine Art von Ruhe und Gelassenheit zu spüren mit ebendieser Erkenntnis: ICH KANN ES NICHT ANDERS. Dazu stehen zu können zusammen mit dem Satz: … ´nen Scheiß muss ich … Einfach grandios! Dazu und zu vielen anderen überraschenden, schmerzhaften, aber auch glücklichen und erfüllenden Momenten auf den kommenden Seiten mehr.