Dynamik abgesoffener oder gefluteter Salzbergwerke und ihres Deckgebirgsstockwerks – 2. Workshop in Kelbra 2009 – Statusseminar

Dynamik abgesoffener oder gefluteter Salzbergwerke und ihres Deckgebirgsstockwerks – 2. Workshop in Kelbra 2009 – Statusseminar

Aus dem Vorwort

Das Forschungsverbundvorhaben „Dynamik abgesoffener oder gefluteter Salzbergwerke und ihres Deckgebirgsstockwerks“ wird im Rahmen des Förderprogramm „Forschung für die Nachhaltigkeit“ (FONA) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Deshalb zielt das Ergebnis der Forschungsarbeiten auf eine beispielhafte Entwicklung eines nachhaltigen Gestaltungs- und Flächennutzungskonzeptes für einen urbanen Lebens- und Wirtschaftsraum, der durch Bergbau und eine mehr als 150-jährige Industriegeschichte der Stadt Staßfurt geprägt ist. Damit wird das vorrangige förderpolitische Ziel des Programms FONA voll inhaltlich unterstützt.

Die Bergbaufolgelandschaft über den abgesoffenen oder gefluteten Grubenbauen des Salzbergbaus entlang des Staßfurter Salzsattels wird maßgeblich durch Deformations- und Lösungsprozesse in den Abbaubereichen, vorzugsweise im Bereich der carnallitischen Kaliflöze, aber auch im Steinsalz und im Deckgebirge geprägt. So stellt sich das Bergschadensgeschehen in Form von Bodensenkungen und Tagesbrüchen dar. Dies wurde bereits im Rahmen des ersten, durch das BMBF geförderten Forschungsvorhabens „Maßnahmen der nachhaltigen Gefahrenabwehr für Altlasten in Gebieten mit bergbaubedingten Destabilisierungsvorgängen am Beispiel der Stadt Staßfurt“ festgestellt.

In der alten Salzstadt Staßfurt haben Bergschäden zu außerordentlichen Verlusten an Betriebs- und Volksvermögen geführt. In der Folge des von heftigen erdbebenartigen Erschütterungen begleiteten Verbruchs und Ersaufens der Salzbergwerke Leopoldshall I/II und von der Heydt/von Manteuffel mussten im Lauf der Zeit etwa 800 Gebäude wegen Baufälligkeit abgerissen werden. Darunter befanden sich Industriewerke, Kleinbetriebe, Geschäfts- und Wohnhäuser, das Rathaus und nicht zuletzt die St. Johannis-Kirche im Zentrum der Stadt. Dazu stellten sich erhebliche Absenkungen der Geländeoberfläche ein. Von denen ist die markanteste die im Bereich des Marktes.

Zur Prognose der Oberflächenentwicklung oberhalb der Salzbergwerke sind 3D-Visualisierungen und -Modellierungen der im Untergrund vorherrschenden geologischen Gegebenheiten und der Konfiguration der ehemaligen Bergwerke und Schächte als Grundlage unerlässlich. Ebenso bedeutend sind die Untersuchungen, Analysen und Modellrechnungen der geomechanischen, geohydraulischen, geochemischen Verhältnisse. Zur Feststellung der gegenwärtigen Gesamtsituation des Bergschadengebiets Staßfurt, werden entsprechende geophysikalische Erkundungs- und Beobachtungsmethoden benötigt. Entsprechend der Aufgabenstellungen des Forschungsvorhabens, haben sich die folgenden Partner aus Wissenschaft und Industrie zu einem Forschungsverbund zusammengefunden:

Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover (BGR)
· Koordination des Vorhabens, aero- und bodengeophysikalische Untersuchungen,
· 3D-Modellierung des geologischen Aufbaus und der untertägigen Hohlräume,
· seismologisches Monitoring, Datenbank
Brandenburgische Universität Cottbus (BTU)
· Hydrogeologie und Geochemie des Gesamtsystems
DHI-WASY Gesellschaft für wasserwirtschaftliche Planung und Systemforschung, Berlin
· Strömungs- und Transportmodellierung
IHU Geologie und Umwelt GmbH, Stendal (IHU)
· Erfassung, Bewertung und Darstellung der Strukturgeologie und Hydrochemie
FZD – Forschungsstelle Leipzig – Interdisziplinäre Isotopenforschung – Institut für Radiochemie
· Tomographische Radiotracer- und Fluoreszenztraceruntersuchungen
Johannes Gutenberg-Universität, Mainz (JoGUM)
· Bestimmung der durchflusswirksamen Porosität
K-UTEC AG Salttechnologies, Sondershausen (KUTEC)
· Grundlagen der Geo-Modellierungen
Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik, Hannover (LIAG)
· Seismische Erkundung der Deckgebirgseigenschaften,
· Isotopenhydrologische Untersuchungen zur Hydrodynamik
Technische Universität Clausthal (TUC)
· Geomechanische Modellierung des Bergschadengebiets
Das Landesamt für Geologie und Bergwesen von Sachsen-Anhalt (LAGB) ist als assoziiertes Mitglied am Forschungsverbund beteiligt.

Die Arbeiten des Forschungsverbundes

Die Erarbeitung geologischer und hydrogeologischgeochemischer Grundlagen unter Verwendung vorhandener Archivdaten und die Planung eines optimierten Grundwassermess- und Beobachtungsnetzes standen als erster Aufgabenkomplex fest. Zur Unterstützung dieser Arbeiten wurden die hubschraubergestützte Elektromagnetik (HEM) und das flugzeuggestützte Laserscanning (LIDAR) eingesetzt. Während die HEM sehr schnell flächenhafte Informationen für die Erfassung der geologisch-strukturellen und hydrogeologischen Verhältnisse zur Verfügung stellen kann, liefert das LIDAR unter anderem ein exaktes Höhenmodell für das Projektarbeitsgebiet. Das umfasst sowohl die Modellränder der geologischen, hydrogeologischen und hydraulischen Arbeitsgebiete. Innerhalb der Gebietsgrenzen liegen auch die alten Salzbergwerke von Neu-Staßfurt, von der Heydt und von Manteuffel, Leopoldshall I/II, Friederichshall und Ludwig I und II, sowie von Berlepsch und von Maybach. Das LAGB stellte den größten Teil der Grubenrisswerke in digitaler Form bereit. Dennoch ergab sich zu Detailfragen immer wieder die Notwendigkeit zeitaufwendiger Archivrecherchen.

Nachdem Vorliegen der ersten Ergebnisse der HEM und LIDAR-Messungen, entwickelten sich aus den erkannten Gebieten mit Anomalien die Ansätze für Folgearbeiten der hochauflösenden Bodengeophysik mit den Methoden der Geoelektrik und der Transienten Elektromagnetik (TEM). Das hydrogeologische Flachbohrprogramm zur Erstellung neuer hydrogeologischer Messstellen wird durch das Monitoring der zahlreichen alten Grundwassermessstellen in Staßfurt ergänzt. Zusammen mit den geologischen Modellvorstellungen liefert die Untersuchungen am Grundwasser die Eingangsdaten für die hydrogelogischen und hydraulischen Transportmodellierungen, aber auch wichtige Erkenntnisse für die oberflächennahen Schichten des geologischen Modells.

In einem eigenständigen Untersuchungsprogramm der statischen Situation im Bereich der Gruben von der Heydt und von Manteuffel und Leopoldshall I/II, ließ das Landesamt für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt (LAGB) in den Jahren 2006 und 2007 drei Tiefbohrungen teufen. Von den Erkenntnissen aus diesen Bohrungen ergaben sich wieder neue Forschungsansätze. Zum einen gaben die Bohrungen sichere Hinweise auf die Lagerungsverhältnisse im Deckgebirge auf der Südwestflanke des Salzsattels und belegten andererseits den Zustand der Gruben und des darin eingebrachten Versatzes. Im Nachgang konnten auch stratigraphische Probleme aus den alten Schichtenverzeichnissen alter Bohrungen geklärt werden. Die beiden Tiefbohrungen des Forschungsverbundes mit den Standorten auf dem Staßfurter Neumarkt, nahe der Bode und dem Rugby-Sportplatz, hatten vergleichbare Zielsetzungen. Die Dokumentation der Bohrkerne erfolgte mittels eines hochauflösenden Kernscanners.

Aus der Konfiguration der im Kalilager der Staßfurtfolge angelegten Abbaue ergeben sich die Lagerungsverhältnisse der Zechstein-Schichten auf der Südwest und Nordostflanke des Staßfurter Salzsattels. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse und auf stratigraphisch revidierte alte Bohrungen gestützt, wurden verschiedene seismische Profile gemessen. Sie zeichnen ein Bild vom Verlauf der Schichten vom Salzsattel bis in Teufen um 1200 m unter Gelände. Die Seismik zählt ebenfalls zu jenen Methoden, die flächenhafte Ergebnisse hervorbringen können. Somit liefern die Messungen wichtige Informationen über den Zustand des Gebirges und über die Tektonik. Zusammen mit dem dreidimensionalen geologischen Modell und dem Grubenmodell stellen sie die geometrischen Eingangsdaten für die geomechanischen Modellrechnungen. Zusätzliche dynamische Gebirgsdaten werden von Seiten des seismologischen Monitorings beigesteuert. Der Frage nach fortlaufenden Bewegungen im tiefen Untergrund der Stadt wird seit etwa 40 Jahren nachgegangen. Die Methoden haben sich durch den technologischen Fortschritt stark verbessert. Dies äußert sich in der Verbesserung der Detektionsempfindlichkeit der Seismometer, der Möglichkeit der kontinuierlichen Datenerfassung und der Auswerteverfahren.

Mit der Beschreibung und Analyse der in den Salinargesteinen vorhandenen Porenräume und feinsten Risse befassen sich zwei Forschungsgruppen. Die Bedeutung dieser Untersuchungen ist scheinbar nur marginal mit den Zielen des Gesamtprojekts verbunden. Es beginnt damit, dass die hochaufgelösten Kernscans bereits feinste Risse im Bohrkern sichtbar machen, die mit dem bloßen Auge nur schwer auszumachen sind. Die Bedeutung der Untersuchungen und die Entwicklung
und Verfeinerung der Methoden liegt in starkem Masse in der Unterstützung detaillierter geomechanischer hydraulischer Transportmodelle im Festgestein. Mit der Projektdatenbank „SaltCoreBase“ werden die im Projekt gewonnenen Daten über das Internet den Projektpartnern zur Verfügung gestellt.

Der 2. Workshop in Kelbra

Die Fortschritte der zuvor angerissenen Arbeiten in den einzelnen Teilvorhaben können nur dann von allen genutzt werden, wenn sie kommuniziert werden. Dazu werden im Forschungsvorhaben zwei Instrumente eingesetzt. Eines davon ist die Durchführung von Projektgesprächen. Es zeigte sich allerdings schon bald, dass die Ergebnisse immer detaillierter wurden. Entsprechend wuchs die Notwendigkeit der gemeinsamen Interpretation. Dies führte zu den mehrtägigen Klausurtreffen in Kelbra. Durch die gleichzeitige Einbeziehung des Projektbeirats, der die Arbeiten des Forschungsverbundes im Auftrage des BMBF begleitet, ergibt sich durch die umfassenden Diskussionen gleichsam ein wertvoller Synergieeffekt.

Nach einem ersten Workshop in Kelbra wuchsen die Vernetzung der Ergebnisse und die Abstimmung der Arbeitgruppen in starkem Maße. Der 2. Workshop vom 17. bis zum 19.03.2009 markiert zur Hälfte der Projektlaufzeit einen wichtigen Meilenstein für das Projekt. Die grundlegenden Projektarbeiten sehr weit vorangeschritten. Jetzt geht es darum um die Vorbereitung der Zusammenführung der Erkenntnisse und um die Erarbeitung schlüssiger Interpretationen. Die Diskussionen innerhalb des Workshops haben die Details aufgezeigt, die noch für die abschließende Bewertung von Nöten sind. Die bisher erzielten Teilergebnisse haben für die interessierte Öffentlichkeit neue, bisher unerkannte Fakten zutage gefördert. Deshalb hat sich der Forschungsverbund zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften e. V. (DGG) entschlossen, diesen Projektstand in dem vorliegenden Sonderband zu veröffentlichen.

Danksagungen

Ein ganz besonderer Dank gilt dem Bundesministerium für Forschung und Bildung und dem Projektträger dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Projektträger Karlsruhe, Bereich Wassertechnologie und Entsorgung (PTKA-WTE) für die großzügige Förderung dieses Forschungsvorhabens. Gleichermaßen gilt dem Bundesministerium für Wirtschaft, vertreten durch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und das Geozentrum Hannover für die personelle und infrastrukturelle Unterstützung ein herzlicher Dank. Nicht zuletzt sprechen wir dem Bürgermeister und der Verwaltung der Stadt Staßfurt für die vielfältige Unterstützung des Vorhabens herzlichen Dank aus. Der Staßfurter Bevölkerung dankt der Forschungsverbund für das entgegengebrachte Interesse, das Vertrauen und das Verständnis für die Forschungsarbeiten.

Hannover, im Dezember 2009

Johannes Gerardi
(Koordinator des Forschungsverbundes)

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