Tabuisierte Erinnerung

Tabuisierte Erinnerung von Keidel,  Evelyn
Dem gerichtlichen Eid eines Juden meinten Christen nicht trauen zu können; zu tief saß der Argwohn, den die Kirche unaufhörlich geschürt hatte. Aus diesem Grund wurde die Eidesleistung eines Juden durch sadistische Torturen erschwert, ihre grausamen Praktiken zwangen ihn häufig dazu, seinen Gott zu verleugnen – Seelenmord als Vorspiel. Von Herrschaft und Kirche gebilligt, in den Amtsstuben des Gerichts weitgehend vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen, wurde geprobt, was wenige Jahrhunderte später, von Staat und Kirche initiiert, ebenfalls verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit, nämlich in den Todeslagern in Osteuropa, perfekt ›endgelöst‹ wurde. Wider allen Erwartens gab es nach der Schoa Juden, die die Katastrophe überlebt hatten: unheimliche Zeugen der totgeschwiegenen Verbrechen, ewige Ankläger. Unter der in kollektive Amnesie verfallenen deutschen Nachkriegsgesellschaft bildeten sie Objekte eines Tabus, eines Berührungsverbots. Seit jeher vom Verschwinden bedroht, wurden sie nun aktiv beschwiegen, aus dem Alltagsbewußtsein ausgegrenzt und in ihrer Existenz verworfen. Evelyn Keidel, Dr. phil. (M.A.), geboren 1936 in Berlin, studierte Germanistik, Geschichte, Kunst, Sozialpsychologie und Religionswissenschaft. Die Autorin arbeitete als Lehrerin, Diplombibliothekarin, Journalistin, Verlagslektorin und in der Erwachsenenbildung. Ihre Buchveröffentlichungen (Vom Judentum zum Christentum – und zurück, Zufall oder Methode, Kinderarzt Dr. Fritz Frensdorff und Juden-Imagines) sind Versuche zur Wiederherstellung eines authentischen jüdischen Menschenbildes, das über zwei Jahrtausende vom tödlichen Haß des christlichen Antijudaismus und später des ideologischen Antisemitismus verzerrt und entstellt worden ist.
Aktualisiert: 2020-12-10
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Die Erfurter jüdische Gemeinde im Spannungsfeld zwischen Stadt, Erzbischof und Kaiser

Die Erfurter jüdische Gemeinde im Spannungsfeld zwischen Stadt, Erzbischof und Kaiser von Heil,  Johannes, Lämmerhirt,  Maike, Magin,  Christine, Weigelt,  Christian Maria
Band 4 der Erfurter Schriften versammelt Studien zur Geschichte der jüdischen Gemeinde im innerstädtischen Erfurter Kontext wie auch im Spannungsfeld des hochmittelalterlichen Herrschaftsgefüges von Mainzer Erzbistum, Kaiser und Thüringer Landgrafen. Der Erfurter Judeneid wird von Christine Magin als erster Beleg für die Anwesenheit von Juden in Erfurt vorgestellt und als ein Indiz für die Teilhabe der jüdischen Mitbürger am Wirtschaftsleben und an den Rechtsregularien der Stadt gedeutet. Die Position der sich entwickelnden jüdischen Gemeinde im begrenzten Handlungsraum zwischen Schutzversprechen der gestaltenden Mächte, interessenverzahnten Abhängigkeiten und Ansätzen einer Mitbürgerschaft in jüdisch-christlicher Kooperation gewinnt Kontur als ein pragmatisches, konfliktreiches, aber dennoch: Miteinander. Das Pogrom beendet abrupt, aber nicht unvermittelt diesen Umgang der christlichen Mehrheit mit der Minderheit. Die Studie von Christian Maria Weigelt erschließt diskursanalytisch die Quellen, benennt die Akteure und macht deutlich, dass mit der konzeptionellen Involvierung des Erfurter Rates in die Pogromplanungen interessengelenkt Machtpolitik betrieben wurde. Dies mit materiellem Ertrag: Jüdischer Grundbesitz geht nach dem März 1349 an die Stadt. Pragmatische Kooperationen im Zusammenleben zwischen Christen und Juden waren immer auch funktional besetzt. Maike Lämmerhirt beleuchtet die Aufkündigung des Schutzversprechens und damit das Ende jüdischer Ansiedlung 1454 in Erfurt. Noch in der Legitimation dieses Beschlusses konkurrieren religiös-ideologische mit fiskalisch-wirtschaftlichen Argumenten. Die Juden wurden nicht mehr gebraucht. Alle drei Beiträge thematisieren Stadtgeschichte und füllen Forschungsdesiderate. Ihr Zugewinn lässt sich im Deutungsraum dieser Texte wie auch im materialen Bestand der Stadt ausweisen: „Erfurts Einzigartigkeit besteht in seiner unvergleichlichen Vollständigkeit.“ (Johannes Heil)
Aktualisiert: 2023-03-14
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Geschichte aus Stein und Pergament – die Alte Synagoge Erfurt

Geschichte aus Stein und Pergament – die Alte Synagoge Erfurt von Eidam,  Hardy, Thierbach,  Tamara
Mit dem sorgsamen Freilegen der Alten Synagoge wurde die älteste erhaltene Synagoge Deutschlands als ein Archiv aus Stein und Holz wiederentdeckt, museal erlebbar und dem Vergessen entrissen. Die Spurensuche in den Quellen führt zu den Lebensverhältnissen der Erfurter jüdischen Gemeinde im Spannungsfeld der christlichen Mächte: Mainzer Erzbischof und Kaiser; Landgraf und - innerhalb der Stadtmauern - die Erfurter Stadtgemeinde mit ihrem Rat. Die Stellung der Juden in diesen Machtverhältnissen oszilliert zwischen Schutzversprechen und finanziellen Gegenleistungen, Ansätzen zu einer Mitbürgerschaft in jüdisch-christlicher Kooperation und interessenverzahnten Abhängigkeiten von den gestaltenden Mächten. Der Pogrom im Frühjahr 1349, ein brutaler Gewaltexzess, doch mit gezielter Planung im Vorfeld, beendet dieses durchaus nicht konfliktfreie kulturelle Miteinander und offenbart auch materielle Interessenlagen: Jüdischer Grundbesitz geht nun an die Stadt. Den Leser erwartet eine spannende Spurensuche im Deutungsraum historischer Recherche.
Aktualisiert: 2020-02-21
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Judentoleranz im Territorialstaat der Frühen Neuzeit

Judentoleranz im Territorialstaat der Frühen Neuzeit von Marzi,  Werner
Judentoleranz bedeutete im frühneuzeitlichen Verständnis Aufnahme und Schutz von Juden durch einen territorialen Schutzherrn. Unter welchen Umständen sich die Aufnahme von Juden vollzog und welche rechtlichen Modalitäten ihre Lebensverhältnisse bestimmten, untersucht der Verfasser am Beispiel der Grafschaft Nassau-Wiesbaden-Idstein und des Fürstentums Nassau-Usingen. Die Existenzbedingungen der aufgenommenen Juden wurden vor allem durch die Judenordnungen bestimmt, die als Polizeiordnungen namentlich das christlich-jüdische Zusammenleben in den Bereichen Religion, Wirtschaft, Moralität und Hoheitsrecht regelten und den Schutz der christlichen Untertanen vor den vermeintlich negativen Einflüssen der „Ungläubigen“ gewährleisten sollten. Wie der Verfasser darlegt, wurde die Judenordnung Landgraf Philipps des Großmütigen von 1539 richtungweisend auch für die hessischen und nassauischen Judenordnungen des 16. bis 18. Jahrhunderts. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Judeneid. Durch ihn wurde nicht nur die Aufnahme in den landesherrlichen Schutz bekräftigt, er war mit seinen besonderen Formeln und Ritualen auch ein Indikator für die rechtliche und soziale Stellung der jüdischen Minderheit innerhalb der christlichen Gesellschaft. Der Verfasser untersucht hier die nassauischen, hessischen und reichsstädtischen Formeln des Judeneids im Hinblick auf Herkunft, Struktur, Topik und Funktion und ordnet sie in die Geschichte des Judeneides im Alten Reich ein. Darüber hinaus verbindet die Studie die Darstellung der Wert-und Rechtsnormen mit der Lebenswelt der nassauischen Landjuden. Judenschutz und Judenordnung werden mit ihren Auswirkungen auf Einzel- und Familienschicksale exemplarisch dargestellt. Dadurch werden zugleich sozial-, wirtschafts-, rechts- und kulturgeschichtliche Beziehungen und Zusammenhänge im Rahmen der modernen Landesgeschichtsforschung erschlossen. Im Rahmen einer vergleichenden Betrachtung wird auch die Judenordnung der benachbarten Landgrafschaft Hessen-Darmstadt berücksichtigt. Die anschaulich geschriebene Untersuchung wird durch eine topographische, chronologische und statistische Übersicht der Niederlassungen von Juden in den beiden nassauischen Territorien vom Spätmittelalter bis zur Gründung des Herzogtums Nassau im Jahr 1806 ergänzt und mit einem Ausblick auf die Entwicklung der Judenemanzipation im Herzogtum Nassau von 1806 bis 1866 abgerundet. Dem Buch ist ein ausführliches, um Sachbegriffe erweitertes Ortsregister beigegeben.
Aktualisiert: 2021-01-28
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