Wegen Marianne

Wegen Marianne von Bucher,  Werner, Masciadri,  Virgilio, Schenker,  Ueli
Nach "Heimatveränderung" und "Gespräche zu Fuss" liegt hier mit "Wegen Marianne" der dritte Gedichtband des von seiner norditalienischen Herkunft geprägten Aargauer Lyrikers Virgilio Masciadri vor. Der Band ist vor allem eine Liebeserklärung an Frankreich und Paris; und so sehr dieser Dichter - wie weiland Ezra Pound - nie sein immenses Wissen als Philologe und Intellektueller verschweigt, seine Gedichte verlieren deswegen in keiner Zeile ihre Frische und Spontaneität. Und auch in den vorliegenden Tagtag-Gedichten bleibt er ein poetischer Spaziergänger, der Landschaften, Strassen, Städte, Bistros und Menschen aufspürt, Beobachtungen auf Augenhöhe unternimmt, um, wie Roman Bucheli in der NZZ richtig schrieb, "in der sprachlich hochpräzisen Zuwendung zum Sichtbaren dessen Kehrseite hervorzutreiben". Grenzgängerisch erkundet Virgilio Masciadri vertraute wie ferne Orte und führt uns mit verhaltener Ironie durch scheinbar unpoetische Zwischenzeiten von Schnee und Nebel. Muttersprache und Fremdsprache, Aktualität und Bildungsfragmente mischen sich locker mit einem nur vordergründig harmlosen Plauderton. Entstanden ist so ein lyrisches Fotoalbum voll überraschender An- und Einsichten, das über den Stand der Dinge so gut Aufschluss gibt wie über die Suche nach den Spuren der verlorenen Zeit. Lesern und Leserinnen begegnen kurzum Gedichten, die das Herz beschwingen, zum Nachdenken anregen und zugleich südländische Eleganz mit der Erfahrung des Ich verknüpfen.
Aktualisiert: 2020-05-25
> findR *

Kandidaten im Schatten der Liebe

Kandidaten im Schatten der Liebe von Bucher,  Werner, Stelling,  Jürgen
Gedichte im Zeitalter des Internet? Keine Frage für uns. Und ebenso sei festgehalten: Es gibt zwei Autoren, Jürgen Stelling und Werner Bucher, die schicken sich (mit normaler Briefpost) nicht nur täglich Postkarten, sondern öfters Gedichte zu und antworten damit auf ein Poem des andern. Ist dies nun altmodisch oder ein brandneuer Trend? Die Antwort erachten wir als simpel: Wechselwirkung gehört zur Poesie. Die beiden Poeten fürchten sich zudem nicht davor, von irgendwem mit der Bemerkung traktiert zu werden, sie seien beeinflussbar. Sie sind es — im Sinne, dass sie äussere und innere Phänomene aufnehmen und ins Wort umsetzen. Und je länger sie damit beschäftigt sind, Gedanken, Welterfahrungen, Einsichten des andern und der mancher andern ins Eigene zu transportieren, desto intensiver wird die Auseinandersetzung mit dem Hier und Jetzt. Da findet man, wenn auch in ganz verschiedener Sprache, Schmerz und Wut in den Gedichten der beiden, Tristesse und Freude, Humor und Bocksprünge, Spiel und Ernst. Salopp gesagt haben in diesem Fall zwei ein Eisen im Feuer; und sie wollen es weiter schmieden — fern jeglicher Schöngeisterei, in einer Welt, die von ihnen zugleich geliebt, verspottet und kritisiert wird.
Aktualisiert: 2020-05-19
> findR *

Das Lied vom knarrenden Parkett

Das Lied vom knarrenden Parkett von Masciadri,  Virgilio
In Virgilio Masciadris neuen Gedichten steht Nachdenkliches neben Heiterem, das erzählende Langgedicht neben dem Epigramm, das rasch der unerwarteten Schlusswendung zutreibt. In dieser Vielfalt von Themen und Tonlagen bestätigt sich, was Ueli Schenker über Masciadris Lyrik schreibt: Sie lässt „norditalienische Herkunft und Schweizer Verwurzelung des Autors in ihrem Spannungsverhältnis spürbar werden.“ Zu seinen Themen gehört deshalb immer wieder die Grenzregion: Eine solche Postanschrift möchte der Autor nicht nur haben, er eignet sie sich von Fall zu Fall an, weil ihn hier noch unentdeckte Motive anspringen. Eine kleine Welt? Das Weltall erscheint ihm im Extremfall kleiner als der Abgrund zwischen zwei Sprachen. Und Sprache ist Heimat, Identität. Den Lyriker als Knipser von Momentaufnahmen präsentiert der zweite Teil des Bandes: „Belle de Jour – ein Fotoroman“, und den Abschluss macht die poetische Annäherung an ein prähistorisches Zeugnis, durch die Augen eines heutigen Lyrikers betrachtet, der mit Scharfsinn und Neugier auf die Vorzeit zurückschaut.
Aktualisiert: 2020-05-25
> findR *

Museum der Einsichten

Museum der Einsichten von Umbricht,  Clemens
Längst hat sich Clemens Umbricht einen Namen gemacht als einer der wichtigsten Vertreter der heutigen Schweizer Lyrik. Und dennoch überrascht uns dieser Dichter immer wieder damit, wie konsequent er sein poetisches Werk fortentwickelt. Umbrichts neueste Texte sind lyrische Aufzeichnungen eines Viellesers, eines Weitgereisten auch – und doch berühren sie uns mit der Frische und Unmittelbarkeit der ersten Wahrnehmung, ja mit Leichtigkeit und gelegentlich feinem Witz. Ob der Poet uns Bilder aus fernen Ländern und Zeiten vor die Augen stellt – von Orpheus in Florida ist hier ebenso die Rede wie von Nicolas Bouvier in Sri Lanka – oder auf einen Spaziergang in die Valle Maggia mitnimmt, der ganz aus pointierten Vierzeilern besteht, immer findet er das poetische Moment, das die Worte und Bilder zum Schweben bringt: Ein Sommertag, dick und fett wie eine Bremse. / Nichts Neues im Selbstgespräch der Felsnasen. / Die Sonne lehnt sich an einen Wasserfall / heiss und ohne Zeitvergehen.
Aktualisiert: 2020-05-25
> findR *

Schiesst nicht aufs Mondkind

Schiesst nicht aufs Mondkind von Hassler,  Chris
Frech, direkt, tagebuchartig, fern von Tabus kommen Chris Hasslers Gedichte daher, die manchmal wie Prosa und dann wieder wie gemeisselt wirken. Keine Frage, da schreibt einer, der das Leben kennt, gern ein volles, nicht ein leeres Glas vor sich auf dem Tresen hat, weibliche Wesen und nicht auf seiner Linie funktionierende Männer verunsichern will, der aufs Telefon pfeift, höchstens mal in einer der wenigen Telefonkabinen von Chur und Umgebung nach dem Hörer greift. Nie würde Chris Hassler aber auf Mondkinder, Sensible und Suchende schiessen, eher auf solche, die immer alles ganz genau wissen. Daher ist "Schiesst nicht aufs Mondkind" ein fund-orte, das nicht auf Büchergestellen vermodern darf. Immer wieder sollte es im Bus, in der Strassenbahn, im Zug, auf Wiesen oder in schummrigen Bars zur Hand genommen und wenigstens das eine oder andere gelesen werden. Da ist mehr Leben drin, als Germanisten oder Nur-Akademiker sich je vorstellen können. Wenigstens einige von ihnen. Als Poet hat Chris Hassler eine Sprache gefunden, die seine eigene ist und doch heutiges Lebensgefühl in die Dichtung holt. Er erweitert die Spannweite heutiger Lyrik, die für mich seit je orte verkörpert. Hasslers Poetik, ziemlich weit weg vom lyrischen Ich, Schmutz und Helles, Sanftes und Deftiges, Depression und Aufschwung, Müdigkeit und Lebenshunger, in diesem Raster sind seine Gedichte angesiedelt. Man kann von ihnen nie genug bekommen.
Aktualisiert: 2020-05-07
> findR *

Lügi & Söhne oder die zwölf Jahreszeiten

Lügi & Söhne oder die zwölf Jahreszeiten von Egli,  Viviane
Die in St. Gallen aufgewachsene Viviane Egli machte sich auf literarischen Gebiet zuerst mit ihren beiden spannenden Kriminalromanen „Engel im falschen Zug“ und „Finale in Wollishofen“, später ebenso mit ihren eindrücklichen Porträts über den „Chapf Köbi, einen der letzten sennischen Menschen“ und über das „Burgfräulein vom Yberg“ einen Namen (alle Titel bei orte). Immer wieder schrieb aber diese Autorin auch heimlich Gedichte. In unserer Reihe „fund-orte“ liegt nun, und nach unserer Meinung war‘s allerhöchste Zeit, ihr erster Gedichtband vor, mit dem zügigen Titel „Lügi & Söhne — oder die zwölf Jahreszeiten“. Doch so kess der Titel vielleicht anmuten mag, es ist eine oft stille, elegante, immer wieder von taghellen wie von nächtlichen Stimmungen und Gefühlen handelnde Lyrik, die in diesem Buch den Weg an die Öffentlichkeit findet. Nicht zu überhören ist zudem, dass die in Zürich eine Kommunikationsagentur leitende Dichterin bereits für ihren ersten Gedichtband ihre ganz eigene, unverwechselbare Sprache gefunden hat. Sie vermittelt Hoffnung, leise Trauer und plötzlich gar eine spontane Frechheit (besonders in den Titelgedichten), die man spätestens beim zweiten (möglicherweise lauten) Lesen entdeckt. Hoffnung wie Resignation, Lebenslust wie stille Trauer, Freude wie leiser Zorn erreichen in ihnen eine beglückende Balance, wie sie in der heutigen Lyrik selten anzutreffen ist.
Aktualisiert: 2020-05-25
> findR *

Im Falle eines Falles (vom Ross)

Im Falle eines Falles (vom Ross) von Bucher,  Werner, Offermann,  Bill, Schenker,  Ueli
Als 1993 im orte-Verlag "Tötliche Liebe" von Bill Offermann erschien (der Verlag nannte es eine "Annäherung an ein Männerleben"), hiess es bald in der Presse, ein "art-brut"-Dichter sei mit Offermann entdeckt worden. Das trifft zu: Dieser Dichter sucht nicht nur nach Worten, sondern mitunter gar nach Buchstaben. Er hat das Schreiben im Laufe eines aus verschiedensten Gründen nicht immer leichten Lebens verlernt und lernt es heute immer wieder neu. Auch als Verfasser von Gedichten und, wie eine Leidenschaft über ihn gekommen, von Haiku, jener klassischen Gedichtform, die seit Jahrzehnten auch den europäischen Kulturraum erobert. "Im Falle eines Falles (vom Ross)" ist das Zeugnis eines Mannes, der wenig bis nichts von Literatur versteht, aber Literatur herstellt. Zur Arbeitsweise von Bill Offermann sei erwähnt: Er hat viele seiner Gedichte auf "Passugger"-Bestellblöcke geschrieben. Als Dank könnte ja die bekannte Mineralwasserfirma weitere "fund-orte" sponsern ...
Aktualisiert: 2019-07-12
> findR *

Den Schnee besteuern

Den Schnee besteuern von Bingel,  Horst
Horst Bingel hat sich immer wieder für Ausgenutzte, aber ebenso für andere Dichter und Dichterinnen engagiert. So als Vorsitzender des Verbandes deutscher Schriftsteller, aber auch als Herhausgeber der „Streit-Zeit-Schrift“ und der Publikation wichtiger Anthologien, so etwa in der Sonderreihe dtv „Deutsche Lyrik, Gedichte seit 1945“. Selbst Schweizer entdeckte er und brachte sie in der Anthologie „Junge Schweizer Lyrik“ (Eremiten-Presse) heraus. Noch wichtiger ist aber Horst Bingel als Erzähler und vor allem als Poet. Zurecht schrieb H.C. Artmann, Horst Bingel sei „der Fassadenkletterer unter Deutschlands Dichter“, während Wolfgang Weyrauch meinte, „Bingels Erkenntnisse und poetische Verwirklichungen sind vergiftete Pfeile, aber ihr Gift ist ein Gegengift, ein Vademecum, indem er in Völkerballspielen nicht Bälle auf das eine oder auf das andere Volk stürzen, vielmehr die Völker Ball spielen lässt“. Doch nicht zu übersehen, dass dieser Dichter unter der heutigen Deutschland AG litt und zugleich immer wieder das Poetische ins Wort geholt hat: „Die Dichter haben stets die / ganze Welt im Gepäck, weit / ist der Weg zur / Arche Noah.
Aktualisiert: 2020-05-07
> findR *

aus dem rahmen fällt die uhr

aus dem rahmen fällt die uhr von Berg,  Eva M, Bucher,  Werner, Schenker,  Ueli
Die in der Nähe von Freiburg im Breisgau lebende Düsseldorferin Eva-Maria Berg legt auch mit "aus dem rahmen fällt die uhr" moderne Gedichte vor, in deren Knappheit und oft fast schmerzhafter Präzision nie verleugnet wird, in was für einer Welt wir leben: in einer Welt nämlich, die viele vereinsamen lässt und die mehr und mehr vor die Hunde geht. Wegen unseren Politikern, unserer Wachstums- und Profitideologie, wegen jedem Einzelnen. Gleichwohl schimmert in der Poesie der 1949 geborenen Dichterin stets Hoffnung durch. Zu Recht hiess es von ihr in den "Stuttgarter Nachrichten": "Hier denkt und fühlt ein Mensch, der sich nicht scheut, sein Innerstes nach aussen zu kehren. Eine Frau, die weiss, was sie sagt und die weiss, wie sie es sagen muss." Eva-Maria Bergs Gedichte gehören zu jenen raren heutigen Gedichten, die in der Tradition grosser, weiblicher, deutschsprachiger Lyrik stehen. Gut auch, dass sie selber sagt: "ich pfeif auf stillstand." Allerhand hat Eva-Maria Berg uns in diesem Gedichtband und in Kommenden zu sagen.
Aktualisiert: 2020-05-15
> findR *

Ich warte auf den ewigen Sommer

Ich warte auf den ewigen Sommer von Sadkowsky,  Alex
Alex Sadkowsky gehört zu den wichtigsten Schweizer Malern der Gegenwart. Unverkennbar sein ganz eigener Stil. Nicht umsonst war ihm 1993 eine Ausstellung im Kunsthaus Zürich gewidmet. Er schreibt auch seit eh und je. So veröffentlichte er 1992 bei orte zusammen mit drei anderen Autoren in „Zeitzünder 6“ seinen ersten Gedichtband „Die Munterkeit des Galans auf dem Glatteis“. Auch die orte-Nummer 79 war dem Malerdichter gewidmet, und seither erschien bei Bilger sein umfangreicher dreiteiliger Roman „Die chinesische Wespe. Geschichte einer Liebe“. Um der europäischen Kälte zu entfliehen, überwintert Sadkowsky jeweils in Nordthailand. Entsprechend der Titel seines neuen Lyrikbandes: „Ich warte auf den ewigen Sommer“. Wir begegnen darin einem poetischen Kosmos voller Überraschungen, einer überschäumenden Vitalität, welche die Leserinnen und Leser in einem farbigen Strom von Bildern und Gedanken mitreisst und die Freude vermittelt, in dieser unserer einzigen Welt zu leben. Kaum ein Poem, das nicht offen oder versteckt von der Liebe handelt. Kurz, es ist eine Poesie, die uns förmlich anspringt!
Aktualisiert: 2020-05-08
> findR *

Budapest, ich kann nicht deine Hure sein

Budapest, ich kann nicht deine Hure sein von Bucher,  Werner, Rapai,  Ágnes, Schenker,  Ueli
Zweisprachig lernen die Freunde heutiger Poesie in "Budapest, ich kann nicht deine Hure sein" die ungarische Lyrikerin Agnes Rapai kennen. Sie liebt, hasst und verachtet zugleich die Stadt, in der sie lebt, und entflieht in Gedanken und manchmal auch sehr real immer wieder an andere Orte der Welt. Und noch mehr als in ihrem ersten auf deutsch übersetzten Gedichtband "Spaziergang mit Hölderlin" erweist sich diese Dichterin als lasziv, aggressiv und zugleich als überaus feinfühlig, dem Moment verschrieben. Sie provoziert (auch literarische) Spiesser, kommt im Gewand einer Dirne daher — und ist doch unkäuflich. Einflüsse von allen Seiten scheinen in ihren Gedichten auf; und sie haben trotzdem jenen rapaischen Ton, der ihre Poesie seit je auszeichnet. Sie umkreist und fängt ein, was sie beschreiben will, entdeckt wie Baudelaire, freilich im Hier und Jetzt, dass auch Hässliches seine poetischen Schönheiten hat: "und jetzt stehe ich da in der madonnahaften wäsche der Yvonne herzogin / von burgund in der faust deines blickes inmitten des / ersten aktes mit Julias verdorbenem lächeln".
Aktualisiert: 2020-05-08
> findR *

St. Gallen & andere Liebschaften

St. Gallen & andere Liebschaften von Kurer,  Fred
Fred Kurers Gedichte in „St. Gallen & andere Liebschaften“ sind nicht nur manchmal spöttische, dann wieder heitere und selten sehr ernst gemeinte Liebesgedichte an eine Stadt oder an eine Lady — immer sind sie auf eigenwillige und erfrischende Weise am Puls unserer Zeit. In ihnen überschneiden sich das Globale und das Lokale in manchmal geradezu unerwarteter Weise. Schriftdeutsche Gedichte gelingen dem St. Galler Poeten ebenso wie Verse uf Sanggaller Mundart. Bald berichten seine Gedichte und Texte von den Reisen des weltläufigen Autors, dann wieder spürt er das Nahe auf, besingt den Säntis oder einen Hügel. Auf alle Fälle: Welthaltigkeit und Provinzielles, beides holt er ständig ins Gedicht. Doch so gekonnt er von all seinen Erfahrungen, seinen Erlebnissen berichtet, immer vermag Kurer Eigenes zu relativieren und ins Wort zu transportieren. Als belesener Autor versteht er sich auf das witzige Spiel mit Formen und bringt mit erhobenem Zeigefinger Möchtegerndichtern bei, wie sie Gedichte schreiben sollen. Aber Sanggale lässt ihn zu unserer und gewiss auch Ihrer Freude auf beschwingte Art doch niemals ganz frei. Darum, Fred Kurers Sanggale möge noch lang leben! Solche Gedichte, ironisch, gar spöttisch oder ernst daherkommend, wir meinen: die Welt braucht sie.
Aktualisiert: 2020-05-25
> findR *

Der Eiermann kommt

Der Eiermann kommt von Schenker,  Ueli
Mit „Der Eiermann kommt“ legt Ueli Schenker bereits seinen vierten Lyrikband vor. Aber wer die früheren Gedichte des heute in der Innerschweiz lebenden ehemaligen Frauenfelder Kantonsschullehrers kennt, gerät hier ab und zu ins Staunen: Gewiss war dieser Autor immer gut für Gedankensprünge, die so überraschend wie überzeugend wirkten, und setzte die Lesenden einem Wechselbad von Spieltrieb und Disziplin, Lebenslust und schneidender Analyse aus. Allein in diesen Texten erreicht seine Kunst der poetischen Verrätselung eine neue Raffinesse: Ganz gleich ob er von der Droste schreibt oder von der „Sehnsucht der Putzfrau nach dem Mann“, es gelingt dem Anglisten und Germanisten Schenker, Alltagserfahrung und literarische Reminiszenzen ohne jede Pedanterie virtuos ineinander zu weben. Von der Musikalität des Lyrikers zeugen nicht nur die Themen mancher Gedichte, sondern auch ein präziser Sinn für die Melodik der Sprache und den Rhythmus von Bildern und Stimmungen. So gehen in dieser Poesie Tragik und Humor, das Spröde und das Beschwingte, Zynismus und Mitgefühl Hand in Hand. Zugleich schürfen die Verse oft in unerwarteten Tiefen: Das Geröll von Halbwahrheiten und Illusionen, unter dem unser Leben oft erstickt, wird Schicht um Schicht abgetragen, bis jener erotische Urgrund sichtbar wird, der sich im bürgerlichen Alltag kaum zu Wort melden darf. Doch selbst vor den Abgründen des Triebhaften, wo andere schwerblütig werden, beglückt uns Ueli Schenker mit der leichtfüssigen Prägnanz seiner Verse und einem vertrackten, hintergründigen Witz, wie er in der deutschsprachigen Literatur zum Seltensten gehört.
Aktualisiert: 2020-05-08
> findR *

Wir sind andere

Wir sind andere von Bremer,  Claus
Der grosse Poet und Theatermann Claus Bremer, einer der wichtigsten Initianten der konkreten Poesie, hat im orte Verlag schon mehrere Bücher herausgegeben. Dass wir uns nach seinem Tode weiterhin um sein Werk bemühen, versteht sich von selbst. Aus dem Nachlass liegt nun unter dem Titel «wir sind andere» eine Auswahl vor. Sie zeigt Bremers poetische Potenz und seine Mitmenschlichkeit. Ein Dokument, das ergreift und leise dazu auffordert, aufs Wesentliche zuzugehen. Bremer, während seines Lebens stets auf der Suche nach dem Stern Wahrhaftigkeit, wollte, wie wir meinen, immerfort ein «anderer» werden, «die kulisse der gewohnheit»" um «hundertachtzig grad»" drehen. Beeindruckend auch die Spannweite des Dichters: Sie reicht von konkreter Poesie bis zu den mit zittrigen Händen der parkinsonschen Krankheit abgerungenen Bildgedichten, vom Haiku, kurzen Essays bis zu jenen Gedichtkompositionen, von denen Kurt Marti zu Recht schrieb, sie würden poetische Verfahrensweisen von Pound wieder aufnehmen, seien aber abgewandelt «im dienst einer wohl besseren sache»". Dass diese «bessere sache» aber voller Poesie daherkommt, verblüfft immer von neuem. Hier spricht ein Dichter weit näher bei Hölderlin als bei Brecht. Claus Bremer darf nicht ein Geheimtipp bleiben.
Aktualisiert: 2020-06-08
> findR *

zeittasten

zeittasten von Bucher,  Werner, Kaiser,  Ingeborg, Schenker,  Ueli
Was vor Jahren ein Kritiker über ihren Roman "Die Puppenfrau" (orte-Verlag) schrieb, trifft auch auf diese Gedichte zu: "Es ist ein Buch entstanden, das ganz aus dieser Zeit, aus ihrer Literatur der Kältemetaphorik hervorgeht, aber weiter reicht, weil es dennoch den Bannspruch gegen drohende Eiszeiten auszusprechen wagt." Unbekümmert, ob Ingeborg Kaiser nun in knappen Gedichten Nächte, Bäume, Vertrautes, Unvertrautes, Engel, das Chaos, das Vergessen oder in einem langen Gesang das Schicksal von Rosa Luxemburg beschwört, immer wird Kälte, Böses, Trostlosigkeit spürbar, aber auf geheimnisvolle Art auch das Gegenteil: das Licht, die Liebe zum Leben, zum Du, die Chance. Es lohnt, diese modernen Gedichte einer Frau zu lesen, die das Leben kennt und auf jegliche Schönfärberei verzichtet.
Aktualisiert: 2020-05-08
> findR *

Angst + Schrei = Huhn + Ei

Angst + Schrei = Huhn + Ei von Bucher,  Werner, Schenker,  Ueli
Was Ueli Schenkers Gedichte bereits in seinem ersten Gedichtband ausgezeichnet hat, findet hier seine konsequente Fortsetzung: Das Brüchige unserer Scheinordnung wird noch enger gefasst, Risse werden deutlicher, Zeilensprünge brauchen nicht länger Markierungen in Form von Trennstrichen. Das Fragwürdige wird in dieser mal spröden, dann wieder beschwingten Poesie ins Wort übersetzt, das angeblich Unverzichtbare aufgelöst, das Dämonische schwenkt hinüber ins Eindeutige, das Unfassbare wird gefasst und das Gefasste handkehrum wieder in die Welt entlassen. Kurz, Ueli Schenkers Gedichte werden für den Leser, die Leserin zum Wechselbad von Spieltrieb und Disziplin, von Lebensfreude und bitterer, knallharter Analyse.
Aktualisiert: 2020-05-08
> findR *

Wohnung mit Schuh

Wohnung mit Schuh von Bucher,  Werner, Schenker,  Ueli, Sommer,  René
Was für René Sommers ersten Gedichtband "Indianer ohne Land" gilt, trifft auch für den vorliegenden zu: "Nicht das Betrachten und Schildern der Natur sind seine Sache, sondern das Einssein mit ihr." (Der Bund) Der Dichter aus dem Aargau hat jedoch seine Optik seither erheblich geweitet: Menschen tauchen nun neben Landschaften, Felsen, wilden Bächen und riesigen Wäldern auf, Personen, die er liebt, und Personen, die er nicht liebt, eine Gegenwart, die er als Mensch von heute sehr anders möchte und für die er doch einsteht. Sommer verharrt nicht in demonstrativer Zeitkritik und ebensowenig im privaten Bereich heutiger Hermetiker. Er lebt, fängt auf, gibt Zeugnis von einer Welt, die ihre Tücken wie ihre Schönheiten hat. "Die Signaturen des Fremdseins" (NZZ) sind einer Klarheit gewichen, die schmerzt, erfreut, teilnehmen lässt. Eine ganz rare Stimme im heutigen Literaturbetrieb.
Aktualisiert: 2020-05-08
> findR *

Ein Reisepass für das Wort

Ein Reisepass für das Wort von Bucher,  Werner, Davi,  Hans L, Schenker,  Ueli
Endlich sind wenigstens einige der stärksten Gedichte des sowohl spanisch wie deutsch schreibenden Schweizer Dichters Hans Leopold Davi wieder greifbar. Der orte-Verlag hatte allen Grund, "Ein Reisepass für das Wort" zu machen. Andere haben schon Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zuvor erkannt, was der auf einer der kanarischen Inseln aufgewachsene Poet uns zu sagen hat. So etwa der spanische Literaturnobelpreisträger Vicente Aleixandre, der offen zugab, wie sehr er "vom Zauber und der Zartheit der Lieder" Davis "überrascht" sei, während der Lyriker Karl Krolow über die Gedichte meinte: "Sie sind erfüllt von einer poetischen Klugheit, die aller Mühsamkeit spottet." So ist es. Egal, ob Davi mit seinem Sohn spricht, das "Gebet eines alten Mannes" niederschreibt oder uns allen sagt, was er uns als einziges verspricht — "Immer das Kap der Guten Hoffnung" — nämlich, und sonst gar nichts. Das aber ist viel. Von welchen heutigen Dichtern liesse sich dies sagen? Viele könnten wir nicht aufzählen.
Aktualisiert: 2021-01-18
> findR *

Das Gelächter der Fahrräder

Das Gelächter der Fahrräder von Bucher,  Werner, Messmer,  Erwin, Schenker,  Ueli
"Auf Schleichwegen / tasten sich die Wörter / an die Gedanken heran", schreibt Erwin Messmer in einem seiner Gedichte. Damit könnten wir die Lyrik des in Bern lebenden Ostschweizers charakterisieren. Nur, wir möchten Messmers Gedichten kein Etikett verpassen. Als Musiker und Dichter weiss Erwin Messmer einfach, wie sehr die allermeisten Wörter (und Töne) heute abgegriffen, als Klischees daherkommen. Deshalb will er sie blankfegen vom Oberflächenstaub aus Geschwätz und Small Talk. Und das Wunderbare: In seinen besten Gedichten gelingt ihm dies, wie es scheint, mühelos. Die Auffassung freilich, im heutigen Gedicht habe beispielsweise ein Wort wie Hoffnung keinen Platz mehr, gilt für Erwin Messmer nicht. "Doch drüben an der Bar / schnappen Feuerzeuge / glimmt an Zigarettenspitzen / Hoffnung auf", heisst es im Gedicht "Pizzeria". Mit andern Worten: Es kommt auf den Zusammenhang an, und Messmer hat längst erkannt, dass auch Mehrdeutiges durchaus poetische Chancen hat. Handkehrum stösst der Leser, die Leserin auf eine unverbrauchte, manchmal gar eigenwillige Bildersprache, die Alltägliches in ein plötzlich unvertrautes, bisweilen unheimliches Licht rückt: "Lautlos im Gelächter / ausbrechende Fahrräder / von Kindern geritten / wenn sie aus dem Schatten / in die Sonne flitzen". Dies könnte für jeden, der diese ganz eigene Lyrik liest, zum Abenteuer werden — zum Abenteuer, das hilft, die Welt auf einmal ganz anders zu sehen. Nicht nur bedroht, ebenso voller Leben.
Aktualisiert: 2020-05-19
> findR *

Gespräche zu Fuss

Gespräche zu Fuss von Bucher,  Werner, Masciadri,  Virgilio, Schenker,  Ueli
Die Gedichte von Virgilio Masciadri berichten von naheliegenden Dingen: von einem Spaziergang, von der Eisenbahn, von den Tomaten im Garten oder vom Winter, der nicht kommt. Dennoch bleibt Lyrik für ihn etwas Öffentliches, ein Werkzeug kritischen Denkens, und mitunter werden einfachste Gegenstände, wie in früheren Arbeiten des Autors, zum "Anlass, nach existentiellen Koordinaten zu fragen" (Albert Hauser). Erinnerungen an sein Herkunftsland Italien, der klarsichtige Intellekt des Altphilologen und die Verschmitztheit des Alltagsbeobachters aus dem Aargau schaffen, so hat Barbara Traber zurecht festgestellt, eine reizvolle Synthese "von grosser Intensität, Farbigkeit und südländischer Eloquenz". Lese-Erinnerungen und Anklänge, die von der Dichtung des Mittelalters bis in die Moderne reichen, treten dazu und werden spielerisch und fernab heutiger Trends ins Wort umgesetzt. Warum bloss diese Liebe zur Literatur? schliesst der erste Text des Bandes. Mit andern Worten: Masciadris Gedichte geben neue Antworten auf alte Fragen.
Aktualisiert: 2020-05-25
> findR *
MEHR ANZEIGEN

Bücher zum Thema fund-orte

Sie suchen ein Buch über fund-orte? Bei Buch findr finden Sie eine große Auswahl Bücher zum Thema fund-orte. Entdecken Sie neue Bücher oder Klassiker für Sie selbst oder zum Verschenken. Buch findr hat zahlreiche Bücher zum Thema fund-orte im Sortiment. Nehmen Sie sich Zeit zum Stöbern und finden Sie das passende Buch für Ihr Lesevergnügen. Stöbern Sie durch unser Angebot und finden Sie aus unserer großen Auswahl das Buch, das Ihnen zusagt. Bei Buch findr finden Sie Romane, Ratgeber, wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Bücher uvm. Bestellen Sie Ihr Buch zum Thema fund-orte einfach online und lassen Sie es sich bequem nach Hause schicken. Wir wünschen Ihnen schöne und entspannte Lesemomente mit Ihrem Buch.

fund-orte - Große Auswahl Bücher bei Buch findr

Bei uns finden Sie Bücher beliebter Autoren, Neuerscheinungen, Bestseller genauso wie alte Schätze. Bücher zum Thema fund-orte, die Ihre Fantasie anregen und Bücher, die Sie weiterbilden und Ihnen wissenschaftliche Fakten vermitteln. Ganz nach Ihrem Geschmack ist das passende Buch für Sie dabei. Finden Sie eine große Auswahl Bücher verschiedenster Genres, Verlage, Autoren bei Buchfindr:

Sie haben viele Möglichkeiten bei Buch findr die passenden Bücher für Ihr Lesevergnügen zu entdecken. Nutzen Sie unsere Suchfunktionen, um zu stöbern und für Sie interessante Bücher in den unterschiedlichen Genres und Kategorien zu finden. Unter fund-orte und weitere Themen und Kategorien finden Sie schnell und einfach eine Auflistung thematisch passender Bücher. Probieren Sie es aus, legen Sie jetzt los! Ihrem Lesevergnügen steht nichts im Wege. Nutzen Sie die Vorteile Ihre Bücher online zu kaufen und bekommen Sie die bestellten Bücher schnell und bequem zugestellt. Nehmen Sie sich die Zeit, online die Bücher Ihrer Wahl anzulesen, Buchempfehlungen und Rezensionen zu studieren, Informationen zu Autoren zu lesen. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen das Team von Buchfindr.