Telegonie – Fernzeugung

Telegonie – Fernzeugung von Stanzel,  Franz Karl
Telegonie (Fernzeugung) bezeichnet die Annahme, dass der bloße Gedanke eines der beiden Partner im Zeugungsakt an eine dritte Person formativen Einfluss auf das gezeugte Lebewesen erlangen könne. "Der Kaufmann von Venedig" oder die „Wahlverwandtschaften“ sind bekannte Beispiele dieses Motives. Beginnend mit Heliodors „Äthiopischen Fabeln“, ist Telegonie in den westlichen Literaturen von der Antike bis in die Gegenwart kontinuierlich nachweisbar. So erlebt das Interesse der Literaten an dem Motiv, gerade nach seiner naturwissenschaftlichen Diskreditierung im 19. Jahrhundert, eine auffällige Renaissance, etwa bei E. Zola, H. Ibsen, Th. Hardy, A. Schnitzler, J. Joyce u. a. Dazu scheinen von Weiningers „Geschlecht und Charakter“ (1903) kräftige Impulse ausgegangen zu sein.Besonders aufschlussreich wird die Interpretation des Motives im Kontext der „Gender-Studies“ und der diskutierten Frage nach Verantwortung der Frauen für Missbildungen bei Neugeborenen.
Aktualisiert: 2023-05-28
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Gratwanderung zwischen Facta und Ficta

Gratwanderung zwischen Facta und Ficta von Stanzel,  Franz Karl
Die frühen Jahre des Verfassers erhielten durch Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft ihre Prägung. Dass letztere in England und Kanada verbracht wurden, war entscheidend für die Wahl der Fächer des Nachkriegsstudiums, 1947-50 an der Universität Graz und 1950/51 als Fulbright Stipendiat an der Harvard University: Anglistik und Allgemeine Literaturwissenschaft. Während seines Harvard-Jahres, das vom Verfasser als „intellektuelle Wiedergeburt“ erlebt wurde, erhielt auch sein Zugang zur Literaturwissenschaft richtungweisende Impulse, nämlich vom Strukturalismus und dem textimmanenten New Criticism. Entsprechend dem Nachkriegsinteresse vor allem am modernen, besonders dem amerikanischen Roman, wandte der Verfasser sich vor allem narratologischen Studien zu. Diese erbrachten zwischen 1955 und 1979 eine Reihe von Entwürfen für eine Typologie der Erzählsituationen. Sie führten schließlich zum Diagramm eines viel beachteten Typenkreises, der im Gegensatz zu den dual-binären Systemen der meisten Narratologen von einer Triade von Achsen getragen wird und weite Verbreitung sowie Übersetzungen in mehrere Sprachen, auch das Japanische, gefunden hat. Sein Vorteil ist die Liminalität, die fließenden Übergänge zwischen den Erzähl-Formen. Auch der Gründung eines Fachverbandes für Anglistik um 1966/67 wird ein eingehendes Kapitel gewidmet, ebenso den zahlreichen Tagungen des Anglistenverbandes, an denen er teilgenommen hat. Ausgehend von der Fachgeschichte – einschließlich jener der NS-Zeit – werden dann auch Fachfragen der deutschsprachigen Anglistik kritisch beleuchtet, so die gegenwärtig vorherrschende Tendenz zur Totalanglisierung des literaturwissenschaftlichen Lehr- und Forschungsbetriebes, gegen die gewichtige Bedenken vorgebracht werden. Dabei wird auch darauf aufmerksam gemacht, dass sich hinter so geläufigen, anscheinend gleichbedeutenden Arbeitsbegriffen wie Erzähler/narrator erzähltheoretisch manchmal ganz verschiedene Vorstellungen im englischen und deutschen Gebrauch verbergen. Das Thema Facta versus Ficta abrundend, wird am Schluss die historische Darstellung der höchst verlustreichen Vernichtung der mächtigsten deutschen und englischen Schlachtschiffe des Zweiten Weltkriegs als umfassendes Narrativ interpretiert, was zur Fragestellung Anlass gibt, ob hier nicht eine Art ausgleichende Nemesis am Werk gewesen ist.
Aktualisiert: 2022-03-03
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James Joyce in Kakanien 1904–1915

James Joyce in Kakanien 1904–1915 von Stanzel,  Franz Karl
Die Beschäftigung mit James Joyce begann für Franz Karl Stanzel 1955 mit der Darstellung der Erzsituationen in Ulysses. Es war ein erster Versuch, deutschsprachigen Lesern die Lektüre dieses schwierigen Textes zu erleichtern. Später hat Stanzel seine Aufmerksamkeit darauf gerichtet, die Spuren, die Joyce’ Aufenthalt in Altösterreich 1904–1915 als Englischlehrer in Pola (Pula) und Triest im Ulysses hinterlassen haben, aufzuzeigen. Dabei wurden Aspekte aufgedeckt, die neue Antworten auf einige der meistdiskutierten Fragen in der Interpretation des Romans lieferten: War Leopold Bloom jüdischer Abstammung? Warum ist seine Tochter Milly blond? Hat Bloom während des Ersten Weltkriegs in Zürich für den österreichischen Geheimdienst gearbeitet? Repräsentiert Bloom den Typus des „weiblichen Mannes“ nach Otto Weininger? Über diese und andere Fragen hat Stanzel im Laufe von mehr als zwanzig Jahren in Fachzeitschriften, u.a. im James Joyce Quarterly, und in Zeitungen, Die Presse, Der Standard, Neue Zürcher Zeitung u.a., Beiträge veröffentlicht. Sie werden hier zum ersten Mal gesammelt verfügbar gemacht.
Aktualisiert: 2020-01-08
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Die Typischen Erzählsituationen 1955-2015

Die Typischen Erzählsituationen 1955-2015 von Stanzel,  Franz Karl
Wenige Begriffe der neueren Erzählforschung haben sowohl im akademischen wie auch im schulischen Gebrauch so viel Anklang gefunden wie F.K.Stanzels drei Typische Erzählsituationen. Seine „Drillinge“, wie er sie nennt, feiern in diesem Jahr ihren sechzigsten Geburtstag. Das ist Anlass, eine Rezeptionsgeschichte gleichsam in Schlagworten zu skizzieren. Begonnen wird mit dem Zustand der Universitäten in der unmittelbaren Nachkriegszeit und dem entsprechenden Stand der Literaturwissenschaft damals. Ein ganz entscheidender Faktor für die Entstehung von Stanzels Konzept waren die großzügig vergebenen Fulbright Stipendien an amerikanische Universitäten. Wie aus diesem Konglomerat von Fakten und Umständen langsam Neues herauszuwachsen begann, wird hier an der formativen Wirkung von prominenten Vertretern wie Roman Ingarden, Rene Wellek, Käte Hamburger u.a. anhand der allmählichen Ausfaltung der drei Erzählsituationen vorgeführt. Narratologisch dominierte lange ein schroffes Lagerdenken: Von jeder Gattung gäbe es – wohl ein Folge des Aufkommens strukturalistischer Präferenzen – immer nur zwei ausgeprägte Exemplare: objektiv-subjektiv, berichtende Erzählung und szenische Darstellung und dann natürlich die narrativen Erzpfeiler Ich- und Er-Erzählung. Dagegen nun fährt Stanzel schweres Geschütz auf. Er behauptet, es gibt jeweils nicht nur zwei, sondern drei Typische Erzählsituationen, und die stehen sich nicht feindselig in Paargruppen einander gegenüber, sondern gleiten sachte von der einen zur anderen Typenform. Daraus entsteht dann der „berühmt-berüchtigte“ Typenkreis, der jüngst sogar eine ludoliterarische Modifikation erfahren hat. In diesem Buch wird aber auch einmal einer Reihe von Rezensenten die Ehre erwiesen, indem aus ihren schönsten wie auch ihren weniger erbaulichen Sagern vier Found Poems geformt werden. Diese sind gut ausbalanciert: Jeweils zwei (positive versus negative) deutsche und englische Poems schauen sich auf gegenüberliegenden Seite mit erstaunten Augen an. Damit nicht genug der Tollerei: Der Stammvater der Drillinge bildet aus morschem Totholz Skulpturen (Morschplastiken), die Inuit-Plastiken aus Speckstein nachgebildet sind. Er fügt sie dann als Anschauungsobjekte, an denen sich Sensibilität für Standpunkt- und Perspektive-Wahl, wie sie auch für die Erzählinterpretation gefordert wird, schulen kann, in den Text ein. Noch ist aber auf dem Feld der Narratologie nicht alles eitel Wonne. So wäre schon vor einiger Zeit auf Unstimmigkeiten in dem recht regen Austausch zwischen deutschsprachiger und englisch-amerikanischer Literaturkritik aufmerksam zu machen gewesen. Dies gilt vor allem für das literarische Sprachjuwel Erlebte Rede, das besonders von deutscher Seite sehr präzis bearbeitet wurde, in Amerika jedoch lange Zeit entweder so gut wie unbekannt blieb oder aber als Trivialität, an die mancher Europäer sein Herz hängte, belächelt wurde. Das hindert jedoch neuerdings stimmführende Feuilletonisten in Deutschland nicht, jenen amerikanischen Professor, der als Letzter dieses Phänomen „entdeckt“ hat, auf Kosten der deutschsprachigen Literaturwissenschaft in den Kritikerhimmel zu erheben. Hinzu gesellen sich Bedenken des Verfassers, ob sich aus der gegenwärtig aktiven Neigung zur Totalanglisierung des anglistischen literarischen Diskurses längerfristig nicht Nachteile für die deutsche Literatursprache ergeben könnten. Anzeichen deuten bereits darauf hin! Abschließend wird noch festgehalten, dass auch so etwas wie die Lewinsky-Affäre auf die Evolution des Romans durchaus Einfluss haben kann – nämlich auf seine Lizenz, Sex darzustellen.
Aktualisiert: 2020-12-09
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Telegonie – Fernzeugung

Telegonie – Fernzeugung von Stanzel,  Franz Karl
Telegonie (Fernzeugung) bezeichnet die Annahme, dass der bloße Gedanke eines der beiden Partner im Zeugungsakt an eine dritte Person formativen Einfluss auf das gezeugte Lebewesen erlangen könne. "Der Kaufmann von Venedig" oder die „Wahlverwandtschaften“ sind bekannte Beispiele dieses Motives. Beginnend mit Heliodors „Äthiopischen Fabeln“, ist Telegonie in den westlichen Literaturen von der Antike bis in die Gegenwart kontinuierlich nachweisbar. So erlebt das Interesse der Literaten an dem Motiv, gerade nach seiner naturwissenschaftlichen Diskreditierung im 19. Jahrhundert, eine auffällige Renaissance, etwa bei E. Zola, H. Ibsen, Th. Hardy, A. Schnitzler, J. Joyce u. a. Dazu scheinen von Weiningers „Geschlecht und Charakter“ (1903) kräftige Impulse ausgegangen zu sein.Besonders aufschlussreich wird die Interpretation des Motives im Kontext der „Gender-Studies“ und der diskutierten Frage nach Verantwortung der Frauen für Missbildungen bei Neugeborenen.
Aktualisiert: 2023-04-28
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