Die Erzeugung von Chlorgas und Natronlauge ist eine der Schlüsseltechnologien der chemischen Industrie. Mehr als 70% aller Produkte dieser Industrie kommen mit einem der beiden Produkte der Chlor-Alkali-Elektrolyse während ihrer Herstellung in Kontakt. Neben Kochsalz ist elektrische Energie der wichtigste Rohstoff für die Gewinnung von Chlor und Natronlauge. Dabei wurden im Jahr 2008 35,6 TWh elektrischer Energie allein für die europäische Produktion verwendet. Durch den Einsatz von Sauerstoff-Verzehr-Kathoden (SVK), anstatt von klassischen wasserstofferzeugenden Kathoden, kann der elektrische Ener-giebedarf bei der Chlor-Alkali-Elektrolyse um bis zu 30% gesenkt werden. Jedoch ist die Reduktion von Sauerstoff im alkalischen Medium komplex und der genaue Reaktionsmechanismus ist noch immer nicht geklärt.
Im Rahmen dieser Arbeit wird mithilfe von Abschaltmessungen, die Reaktionskinetik der Sauerstoff-Reduktions-Reaktion bei unterschiedlichen Temperaturen, Sauerstoffkonzentrationen und Stromdichten untersucht. Hierzu wurde die am Lehrstuhl vorhandene Messtechnik weiterentwickelt und eine automatisierte Apparatur zur standardisierten Messung aufgebaut. Insgesamt wurden im Rahmen dieser Arbeit an 38 unterschiedlichen Elektroden über 220 Messreihen mit jeweils 40 Abschaltmessungen bei unterschiedlichen Stromdichten durchgeführt. Also in Summe 8800 Abschaltmessungen, die aufgenommen und standardisiert ausgewertet wurden. Zur Auswertung aller Messungen wurde in dieser Arbeit ein Modell der Sauerstoff-Reduktions-Reaktion in einer SVK entwickelt und angewandt. Gleichzeitig werden neben den Abschaltkurven die kinetischen Parameter klassisch über die Tafelauftragung ausgewertet und diskutiert.
Diese Arbeit zeigt, dass die kinetischen Parameter mithilfe des in dieser Arbeit vorgestellten Modells ermittelt werden können und ein schneller Vergleich zweier Kathoden mit nur einer Abschaltmessung bei einer technisch relevanten Stromdichte möglich ist. Hierbei kann festgestellt werden, ob im Vergleich, aber auch absolut, bei einer der Elektroden die Durchtrittsüberspannung, Adsorptionsüberspannung des Sauerstoffs (Annahme innerhalb dieser Arbeit) oder die Diffusionsüberspannung erhöht oder besonders gering ist.
Dieses Modell, als auch die verwendete Messtechnik kann in Zukunft für eine zielgerichtete Weiterentwicklung der Sauerstoff-Verzehr-Kathoden genutzt werden und erspart langwierige kinetische Messungen, die oft nur in Modellsystemen durchgeführt werden können
Aktualisiert: 2020-12-26
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