Sufi-Tagebuch

Sufi-Tagebuch von Al Habib,  André A, Vett,  Carl
Vor etwa sieben Jahren lebte der Verfasser in Konstantinopel und erlangte 1925 nach dem, was allgemein gesagt wurde, als erster Nichtmuslim die Erlaubnis, in einem Tekké – und zwar der Naqshbandi-Derwische – eine Zeitlang als Ordensbruder zu leben. Durch vieljährige Studien mit den Phänomenen der psychischen Forschung bekannt, lag es ihm daran, die ekstatischen Zustände der Derwische unter den Initiationsvorgängen zu studieren; denn die Geheimorden des Islams sind Initiationsschulen. Während und vor diesem Aufenthalt wurde ein Tagebuch geführt, das eigentlich für die Öffentlichkeit nicht bestimmt war. Aber nach den letzten traurigen Ereignissen in der Türkei, wo vor kurzem (im Februar 1931) in Menemen 29 Todesurteile vollstreckt wurden, hauptsächlich unter Angehörigen des genannten Ordens, von denen damals einige mit dem Verfasser – unter Führerschaft des alten Scheichs Essads – im Kloster lebten, meint er, daß seine damaligen Erfahrungen auch für weitere Kreise von Interesse sein können, und hat sich deshalb für eine Veröffentlichung entschlossen. Es muß in Betracht gezogen werden, daß die folgenden Schilderungen bereits einer verschwundenen Zeit angehören. Damals waren die Angehörigen des Sufiordens leitende Persönlichkeiten in der Türkei. Hohe Beamte, Universitätslehrer, Militärs und reiche Kaufleute nahmen mit dem Volk Teil an den Übungen der sogenannten Tanzenden oder Heulenden Derwische, oder zogen sich während der Fastenzeiten in die Tekkés zurück, wo sie ihre Gebete und Meditationen in Ruhe ausüben konnten. Die Sultane gehörten sogar gewöhnlich irgendeinem Orden an und bedachten denselben mit reichen Gaben. In vielen Tekkés waren die Ausschmückungen der Räume von außerordentlicher Schönheit und die Türbes oder Sarkophage der früheren Meister Marmorarbeiten bedeutender Künstler. Heute sind dort alle Tekkés oder Derwischklöster geschlossen, die Orden aufgehoben und die früher so malerischen Sufigewänder und eigenartigen, für jeden Orden verschiedenen, Kopfbedeckungen verschwunden. Die moderne Türkei hat nur ein Mitleidslächeln für diese Ausschläge des früheren „Aberglaubens“ und „Kindereien“ übrig. Aber eine Quelle des reinen Wissens durch meditative Versenkung in die Gottheit, hat aufgehört zu fließen. Dieselbe Quelle, aus der die Impulse zu den schönsten und größten Werken, auch in der christlichen Kultur, geschöpft sind, mit denen frühere Kulturen des Ostens die Menschheit bereichert haben. Eine solche radikale Abrechnung mit der Vergangenheit, wie sie von der heutigen Regierung der Türkei durchgeführt wurde, mag in der historischen Entwicklung notwendig sein, und kann in allen Einzelheiten mit der Reformation des Christentums verglichen werden. Aber eine wehmütige Erinnerung an die Schönheiten der Vergangenheit kann in einem Volk von all den hohen und guten Eigenschaften, wie sie das türkische besitzt, nur zu höherer Selbstachtung und stärkerem Einheitsgefühl führen. Da ich von meinem Klosteraufenthalt und von den Menschen, mit denen ich dort in Verbindung kam, die angenehmsten Erinnerungen habe, ist dieses Buch in dankbarer Erinnerung an den zum Tode verurteilten türkischen Scheich des Naqshbandi-Ordens ESSAD EFFENDI und seinen in Menemen am 3. Februar 1931 hingerichteten Sohn MEHMET ALI EFFENDI niedergeschrieben. Mai 1931 CARL VETT
Aktualisiert: 2023-05-17
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Sufi-Tagebuch

Sufi-Tagebuch von Al Habib,  André A, Vett,  Carl
Vor etwa sieben Jahren lebte der Verfasser in Konstantinopel und erlangte 1925 nach dem, was allgemein gesagt wurde, als erster Nichtmuslim die Erlaubnis, in einem Tekké – und zwar der Naqshbandi-Derwische – eine Zeitlang als Ordensbruder zu leben. Durch vieljährige Studien mit den Phänomenen der psychischen Forschung bekannt, lag es ihm daran, die ekstatischen Zustände der Derwische unter den Initiationsvorgängen zu studieren; denn die Geheimorden des Islams sind Initiationsschulen. Während und vor diesem Aufenthalt wurde ein Tagebuch geführt, das eigentlich für die Öffentlichkeit nicht bestimmt war. Aber nach den letzten traurigen Ereignissen in der Türkei, wo vor kurzem (im Februar 1931) in Menemen 29 Todesurteile vollstreckt wurden, hauptsächlich unter Angehörigen des genannten Ordens, von denen damals einige mit dem Verfasser – unter Führerschaft des alten Scheichs Essads – im Kloster lebten, meint er, daß seine damaligen Erfahrungen auch für weitere Kreise von Interesse sein können, und hat sich deshalb für eine Veröffentlichung entschlossen. Es muß in Betracht gezogen werden, daß die folgenden Schilderungen bereits einer verschwundenen Zeit angehören. Damals waren die Angehörigen des Sufiordens leitende Persönlichkeiten in der Türkei. Hohe Beamte, Universitätslehrer, Militärs und reiche Kaufleute nahmen mit dem Volk Teil an den Übungen der sogenannten Tanzenden oder Heulenden Derwische, oder zogen sich während der Fastenzeiten in die Tekkés zurück, wo sie ihre Gebete und Meditationen in Ruhe ausüben konnten. Die Sultane gehörten sogar gewöhnlich irgendeinem Orden an und bedachten denselben mit reichen Gaben. In vielen Tekkés waren die Ausschmückungen der Räume von außerordentlicher Schönheit und die Türbes oder Sarkophage der früheren Meister Marmorarbeiten bedeutender Künstler. Heute sind dort alle Tekkés oder Derwischklöster geschlossen, die Orden aufgehoben und die früher so malerischen Sufigewänder und eigenartigen, für jeden Orden verschiedenen, Kopfbedeckungen verschwunden. Die moderne Türkei hat nur ein Mitleidslächeln für diese Ausschläge des früheren „Aberglaubens“ und „Kindereien“ übrig. Aber eine Quelle des reinen Wissens durch meditative Versenkung in die Gottheit, hat aufgehört zu fließen. Dieselbe Quelle, aus der die Impulse zu den schönsten und größten Werken, auch in der christlichen Kultur, geschöpft sind, mit denen frühere Kulturen des Ostens die Menschheit bereichert haben. Eine solche radikale Abrechnung mit der Vergangenheit, wie sie von der heutigen Regierung der Türkei durchgeführt wurde, mag in der historischen Entwicklung notwendig sein, und kann in allen Einzelheiten mit der Reformation des Christentums verglichen werden. Aber eine wehmütige Erinnerung an die Schönheiten der Vergangenheit kann in einem Volk von all den hohen und guten Eigenschaften, wie sie das türkische besitzt, nur zu höherer Selbstachtung und stärkerem Einheitsgefühl führen. Da ich von meinem Klosteraufenthalt und von den Menschen, mit denen ich dort in Verbindung kam, die angenehmsten Erinnerungen habe, ist dieses Buch in dankbarer Erinnerung an den zum Tode verurteilten türkischen Scheich des Naqshbandi-Ordens ESSAD EFFENDI und seinen in Menemen am 3. Februar 1931 hingerichteten Sohn MEHMET ALI EFFENDI niedergeschrieben. Mai 1931 CARL VETT
Aktualisiert: 2020-03-10
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