Fair Play mit Mördern

Fair Play mit Mördern von Mewes,  Gerhard
Im Straf-Raum mit Mördern, Totschlägern und Terroristen Fußball in Haftanstalt Im Straf-Raum mit Mördern, Totschlägern und Terroristen Von Jan Haarmeyer Seit fast 40 Jahren spielt die Gefängnis-Mannschaft von Eintracht Fuhlsbüttel in der Hamburger Kreisklasse. Mein halbes Leben habe ich in Santa Fu verbracht. Wenn mir das jemand 1980 prophezeit hätte! Sie waren zu jeder Zeit um mich herum: Dealer und Vergewaltiger, Terroristen und Totschläger, Betrüger und Mörder. Fast unmerklich verlor ich den Schrecken vor den Gefangenen. Angst kannte ich nicht. Am Anfang dominierte die Neugier. Durch meine fundierten Kenntnisse im Fußballsport entwickelte ich die nötige Sicherheit, um in kleinen Schritten das Vertrauen dieser Menschen zu erlangen." So beginnen die Erinnerungen von Gerd Mewes, 70. Er ist einer der bekanntesten und erfolgreichsten Fußballtrainer in Hamburg. Eine Institution im Amateurfußball. Mewes hat über Jahrzehnte Triumphe und Titel gefeiert. Mit Lurup und Stade, Bergedorf, Hummelsbüttel und Norderstedt. Ein umtriebiger Übungsleiter. Die einzige Konstante in seinem Trainerdasein ist der Knast. Seit 35 Jahren trainiert der frühere Mitarbeiter des Hamburger Jugendamtes die Kicker von Santa Fu. Mewes arbeitet sozusagen im Straf-Raum. Er versucht seit mehr als drei Jahrzehnten aus Schwerstkriminellen ein schlagkräftiges Team zu formen. Eine erfolgreiche Mannschaft, die in der untersten Hamburger Spielklasse, der Kreisklasse, am Punktspielbetrieb teilnimmt, nur Heimspiele austragen und deshalb nicht aufsteigen kann. Die durch unzählige Zu- und Abgänge immer wieder neu zusammengesetzt werden musste, was vielleicht die größte Herausforderung für einen Trainer ist. Und die sich vor allem eines zum Ziel gesetzt hat: das Fair Play. "Ich sehe immer zuerst den Fußballer – und nicht den Straftäter", sagt Mewes. Nach seiner groben Schätzung waren es in all der Zeit 700 Gefangene, die er trainiert hat. Häftlinge aus aller Herren Länder, die er angefeuert und angeschrien, ein- und ausgewechselt, bejubelt und beschimpft, auf den rechten Weg gebracht oder links liegen gelassen hat. Die er besser gemacht hat. Oder an denen er verzweifelt ist. "Manchmal entwickelten sich sehr persönliche Beziehungen, häufiger blieb das Verhältnis distanziert." Vor drei Jahren, im Dezember 2012, erhielt der Fußballlehrer Gerd Mewes von Sportsenator Michael Neumann (SPD) im Rathaus die Medaille für treue Arbeit im Dienste des Volkes. Eine relativ späte Anerkennung für seine ehrenamtliche Tätigkeit, die einzigartig in Deutschland ist. Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Fuhlsbüttel, auch Santa Fu genannt, ist eine geschlossene Strafanstalt mit hohen Mauern, Stacheldraht und Wachtürmen. Von oben gleicht sie einem Stern mit fünf Zacken. Sie liegt heute im Stadtteil Ohlsdorf und hat 300 Haftplätze, ausschließlich für Männer. Wer hier einsitzt, gilt als schwerer Junge und ist wegen seiner Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden. Besucher dürfen am Donnerstag, am Sonnabend und am Sonntag für zwei bis vier Stunden kommen. Sie brauchen einen gültigen Ausweis und werden beim Einlass durchleuchtet. Santa Fu hat eine Kirche, in der Gottesdienste oder das muslimische Freitagsgebet abgehalten werden. Dort finden auch Besuche und Konzerte statt. Es gibt Lesungen und Theateraufführungen. Und hier trainiert die Tischtennismannschaft von Eintracht Fuhlsbüttel. Die Anstalt hat eine Gefangenenzeitung und einen Onlineshop, in dem die "Kreativen Zellen" T-Shirts und Trikots, das Kochbuch "Huhn in Handschellen" oder Spiele wie "Knast, Land, Fluss" oder das Alaarm!-Spiel anbieten. Im Berufsentwicklungszentrum (BEZ) in Santa Fu kann man als Maurer und Maler, Schlosser und Tischler, in der Küche und in der Bäckerei, am Computer oder in der Druckerei tätig sein. Das Gefängnis hat Ausbildungsplätze, Arbeitsplätze, Sozialtherapieplätze – und einen Fußballplatz. Es war das Frühjahr 1980, als bei Gerd Mewes das Telefon klingelte. Am Apparat war Günter Grothkopp, der verantwortliche Sportlehrer für die Trainer-Ausbildung beim Hamburger Fußball-Verband. Die JVA Fuhlsbüttel wolle einen Trainer einstellen, um regelmäßig gegen Gastmannschaften Fußball zu spielen. "Hast du Interesse, Gerd?" Er hatte. "Ich fand das spannend und abenteuerlich. Und mich reizte die Einzigartigkeit des Projekts, das es in keinem anderen Gefängnis in Deutschland gab." Dass er von nun an die nächsten 35 Jahre seines Lebens jeden Mittwoch zum Training und jeden Sonntag zum Spiel seiner Mannschaft ins Gefängnis gehen würde, hat er nicht geahnt. Trainerstühle sind Schleudersitze – und keine Alterssitze. Eine Ruhebank ist der Trainerposten in Santa Fu auch nie gewesen. Mewes aber ist immer noch da. Gerade hat er beschlossen, noch drei Jahre weiterzumachen. Dann soll endgültig Schluss sein. Gerd Mewes ist von der Statur her eher klein und unauffällig. Alles andere als ein schwerer Junge. Einer für den zweiten Blick. Aber mit einer tiefen und durchdringenden Stimme. Wenn er redet, ist Ruhe. Was er sagt, prägt sich ein. Nach einigen Vorgesprächen betrat Gerd Mewes im Mai 1980 das erste Mal Deutschlands bekanntestes Gefängnis. "Der erste Gang durch das relativ dunkle Gebäude hatte nichts Vertrauenerweckendes." In einer nicht mehr genutzten Zelle, die zu einem Geräteraum umfunktioniert worden war, lagen Netze für die Tore, ein paar Begrenzungspfähle und dazwischen abgedroschene, unrunde Lederbälle. Beim ersten Training schaute Mewes ausnahmslos in freundliche Gesichter Ein Vollzugsbeamter stellte ihm Sigi vor. "Herr Mewes, das ist unser Zeug- und Gerätewart. Immer zuverlässig, loyal und akkurat." Sigi schüttelte Gerd Mewes sofort die Hand: "Ich bleibe Ihnen noch lange erhalten, Herr Mewes. Ich bin ein Mörder und habe vor sieben Jahren lebenslänglich gekriegt." Später erfuhr Mewes, dass Sigi als eines von elf Kindern in Dortmund geboren wurde. Mit vier Jahren kam er in ein Heim. Als 20-Jähriger tötete er mit einem Kumpel aus läppischem Anlass einen Vater von drei Kindern. Das Jugendgericht verurteilte ihn zu fünf Jahren Jugendstrafe. Sigi unternahm einen Selbstmordversuch. Zwei Jahre nach der Freilassung verletzte er seine Geliebte aus Eifersucht mit drei Dolchstichen lebensgefährlich. Er bekam acht Jahre wegen versuchten Mordes. Danach arbeitete er in Hamburg als Raumpfleger im Fürstenhof und im Kaisersaal. 1973 lockte er seine Nichte nach Hamburg und erschoss sie auf der Bettkante. Von hinten ins Genick. Zum ersten Training erschienen 30 Häftlinge. Sie trugen uneinheitliche Klamotten, manches wirkte auf Gerd Mewes etwas lumpig. Kalle, der erste Mannschaftskapitän, bedankte sich vor versammelter Truppe höflich: "Toll, dass Sie sich bereit erklärt haben, uns zu trainieren, Trainer." Gerd Mewes erinnert sich, dass er ausnahmslos in freundliche Gesichter geschaut hat. Verschwitzt, aber lächelnd verabschiedeten ihn die Spieler nach der ersten Übungseinheit mit lautem Händeklatschen. Nach dem Training kam Sigi noch einmal zu Gerd Mewes. "Ich bin froh, dass du hier bist. Mit dir kann ich wenigstens vernünftig reden. Den Kriminellen im Haus traue ich nicht über den Weg." Er hatte auch noch einen Tipp für den ersten Trainer von Eintracht Fuhlsbüttel: "Du musst unbedingt darauf bestehen, dass die Kriminellen deine Anordnungen uneingeschränkt befolgen, sonst machen sie dich kaputt. Alle Verbrecher hier haben nur etwas Schlechtes im Sinn." War das ausnahmslos wirklich so? "Natürlich nicht", sagt Gerd Mewes, der als Amateurtrainer bei seinen Spielern als harter Hund galt und völlig unverdächtig ist, die Opfer von Gewalttaten aus dem Blick zu verlieren. Der aber mit Schlagworten wie "einmal Verbrecher, immer Verbrecher" nichts anfangen kann. Mewes hat sich immer wieder an die Gefangenen herangetastet. Er fand über den Fußball mit all den Anforderungen an ein funktionierendes Team mit den Jahren einen normalen Zugang zu den Menschen hinter Gittern. Hat das Böse eine Faszination auf ihn ausgeübt? "Nein, wenn ein Häftling einen Konflikt nur durch Gewalt lösen kann, kommt bei mir keine Faszination auf." Oder ist es eher die Frage, wie nahe Gut und Böse manchmal zusammenliegen? Dass es nur ein Schritt von der Normalität in den Abgrund ist? "Es ist wirklich oft nur eine Gratwanderung, die durch persönliche oder umweltbedingte Faktoren beeinflusst wird", sagt er. "Aber hinter den Mauern von Santa Fu gibt es keinen Abgrund mehr." Der Fußball war in jedem Fall der kleinste gemeinsame Nenner, um zusammen nach Regeln zu spielen. Der Fußballplatz in Santa Fu ist aus rotem Grand. Das ist im Sommer eine staubige Angelegenheit und bei Regen ein dreckiges Vergnügen. Für die Gastmannschaften, die in Hamburg mittlerweile zumeist auf Rasen oder Kunstrasen kicken, ist es kein Spaß. Für Gerd Mewes war der Untergrund immer gleich. "Ich habe mich in all den Jahren auf sehr dünnem Eis bewegt." Er verzichtet auf den erfolgreichsten Torjäger, um ihn zu disziplinieren Er sagt, Stammspieler bei Eintracht Fuhlsbüttel könne jeder werden, wenn er grundlegende Kenntnisse und körperliche Fähigkeiten habe. Das Problem sei zum einen die Selbsteinschätzung. Und zum anderen die Tatsache, dass seine Spieler vor allem den Drang haben, Tore zu schießen. "Nur das garantiert Lob und Anerkennung." Tore verhindern sei für die meisten nicht mehr als eine lästige Pflicht. Reizvoll sei es, aus durchschnittlich begabten Kickern Stammspieler mit Teamgeist zu formen. "Stammspieler zu werden ist der Wunsch von den meisten. Aber wer es geschafft hat, muss durch sein soziales Verhalten und das Akzeptieren der Regeln immer wieder aufs Neue zur Stabilisierung der Mannschaft beitragen", sagt Mewes. Das könne man nicht mit normalen Vereinsspielern vergleichen. "Das wäre so, als würde man Pfirsiche mit Zitronen vergleichen. Es gibt zum Teil krasse Unterschiede zwischen drinnen und draußen im Bereich der sozialen Kompetenz." Er sagt auch: "Meine Hilfestellung hat Grenzen, die ich erst durch Versuch und Irrtum herausfinden muss." Das verwundert nicht, wenn man seinen Kader unter die Lupe nimmt. Mewes hat den Kindersoldaten Buri trainiert, der mit elf Jahren in Nigeria am Gewehr ausgebildet und dann gezwungen wurde, eine ganze Familie zu töten. Oder Dama, der in Hamburg seine 16-jährige Schwester mit 23 Messerstichen getötet hat und ihm eines Tages als Auswechselspieler an der Seitenlinie erzählte: "Trainer, ich wache nachts auf und kann nicht wieder einschlafen. Besonders schlimm ist es, wenn ich mir an jedem Todestag meiner Schwester die Frage stelle: Warum habe ich das getan?" Oder Taruk, der nicht aufhören konnte, mit Drogen zu dealen. Ein Wirbelwind und Torjäger, der mit seinen Tricks allein ein Spiel entscheiden konnte. Ein Kind aber auch, Zeit seines Lebens, das nie an die Konsequenzen seines Handelns dachte. Unbeherrscht, wenn Taruk auf harte Gegenspieler traf. Auf dem Platz und im Leben. Er nannte sich selbst der "Pate von Harburg" und fuhr mehrmals in den Knast ein. War immer auf der Überholspur. Wurde festgenommen, weil er mit Tempo 140 auf der Wilhelmsburger Reichsstraße in eine Verkehrskontrolle geraten war und kurz vorher noch einen Stoffbeutel mit Drogen aus dem Autofenster geschleudert hatte. Gerd Mewes versuchte Taruk zu disziplinieren, weil er wegen dessen Unbeherrschtheit den Ruf von Eintracht Fuhlsbüttel als "faire Mannschaft" gefährdet sah. Er schloss ihn einmal drei Monate vom Spielbetrieb aus – und verzichtete freiwillig auf seinen erfolgreichsten Torjäger. Auch später ließ er ihn so manches Mal nicht mitspielen. "Warum behandelst du mich wie einen dummen Jungen, Trainer?", fragte Taruk. Da war er bereits 36 Jahre alt und kurz vor seiner Entlassung. "Das hat mich erstaunt", sagt Mewes, "weil ich solche Ernsthaftigkeit an ihm bis dahin nicht kannte." Seine direkte Antwort: "Weil du dich mit 36 immer noch wie ein kleines Kind aufführst." Einen Tag vor der Entlassung trafen sie sich noch einmal beim Hofgang. Sie gaben sich die Hand. "Taruk lächelte aber nicht mehr", sagt Mewes, "er verschwand im Gebäude, ohne sich noch einmal umzudrehen." Ein Spieler drohte ihm nach derAuswechslung: "Ich bringe dich um!" Gerd Mewes kann den Wandel in Santa Fu auch daran deutlich machen, dass er anfangs mit den Vornamen der Gefangenen keine Probleme hatte. "Jürgen, Wolfgang, Peter, Klaus – das war unproblematisch." Das änderte sich bald. "Namen wie Fatos, Irfan, Adigüzel, Gbadji oder Ziouhi waren mir fremd." Aber es war ihm wichtig, seine Spieler mit Vornamen anzusprechen. Das galt auch für Mounir, der wegen Beteiligung am Attentat auf das World Trade Center in New York in Santa Fu einsaß. "Er war lauf- und spielfreudig, mit technisch guter Ballführung, allerdings sehr eigensinnig", sagt Mewes. "Oft wollte er mit dem Kopf durch die Wand." Wenn Mewes ihn auswechselte, verzog er keine Mine. "Was in ihm wirklich vorging, konnte ich nicht einmal erahnen." Einmal verschwand Mounir mit einer kleinen Gruppe mitten im Training. Sie breiteten neben dem Platz eine Wolldecke aus, um gemeinsam zu beten. Mewes forderte sie auf, sich für das Gebet oder das Fußballspielen zu entscheiden. "Ohne Widerstand akzeptierten sie und verlegten den Gebetstermin." Zweimal in 35 Jahren wurde Gerd Mewes wirklich bedroht. "Ich bring dich um", drohte ihm ein Kicker nach einer Auswechslung an. Der Häftling wurde verlegt. Das andere Mal gingen zwei Gefangene im letzten Moment dazwischen, als ihm ein Spieler – "eine tickende Zeitbombe", so Mewes – Schläge androhte. Da war ihm Zlatko zu Hilfe geeilt, den sie im Team den "Fußball-Professor" nannten, weil er nicht nur spektakuläre Tore schoss, sondern seine Mitspieler auch mit langen Vorträgen nervte. "Leider auch auf dem Platz", sagt Mewes. Zlatko war eine bekannte Hamburger Rotlichtgröße. Wegen Anstiftung zum Mord wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach seiner Entlassung trafen sie sich noch einmal zu einem langen Gespräch. "Fußball in Santa Fu war einfach wichtig, damit ich das Leben hinter Gittern ertragen konnte", sagte Zlatko. "Es gab nur Mittwoch und Sonntag. Vom Training zum Spiel, vom Spiel zum Training. Wir gewannen häufig und waren bis zum Einschlafen selig. Montags und dienstags wurden alle wichtigen Spielszenen noch einmal durchgehechelt. Und nach dem Training fieberten wir der Aufstellung und dem nächsten Spiel entgegen." Für Außenstehende mag alles harmonisch ausgesehen haben, sagte Zlatko, der noch während seiner Zeit im offenen Vollzug geheiratet hat, jetzt mit seiner Familie in einer kleinen Wohnung lebt, als Kundenberater tätig ist und sich im Verein "Gefangene helfen Jugendlichen" engagiert. "Die Realität sah oft anders aus. Wenn es auf dem Platz zur Sache ging und auch Faustschläge drohten, ging ich als Erster dazwischen. Ein paar Idioten waren immer dabei. Die haben dann im Haus ihre Quittung gekriegt. Wir passten nur auf, dass alles im Rahmen blieb. Denn jeder wusste, dass handgreifliche Auseinandersetzungen zur Einstellung des Spielbetriebs geführt hätten." Die Devise des Trainers: vormachen statt vorschreiben, motivieren statt motzen Dazu ist es nicht gekommen. Und das ist vielleicht das größte Verdienst von Gerd Mewes. Dass der Fußball den Straftätern helfen kann, wieder in die Gesellschaft zurückzukehren, steht für ihn fest. "Ich habe durch den Fußball Begriffe wie Vielfalt und Gemeinschaft, Verlässlichkeit und Respekt, Wettbewerb und Begeisterung, Engagement und Fair Play in ihrer Bedeutung kennen- und verstehen gelernt", sagt er. Er hatte schon am Anfang seiner Tätigkeit die Idee, dass Häftlinge auch nach der Zeit im Gefängnis dem Fußball treu bleiben. "Nach mehr als 30 Jahren bin ich mehr denn je davon überzeugt, dass über die Mitgliedschaft in einem Verein die Wiedereingliederung gelingen kann." Natürlich weiß auch er, dass es immer wieder Rückschläge gibt. "Zu einer gelingenden Resozialisierung gehören auch eine angemessene Wohnung nach der Haft, eine Arbeit, Hilfe beim Drogenentzug oder der Aufbau von neuen sozialen Beziehungen." Aber durch die Mitgliedschaft im Fußballteam hätten die Gefangenen die Chance, Zugang zu einer sozialen Gruppe mit all ihren Regeln und ihrer Dynamik zu bekommen. "Charaktereigenschaften wie Zuverlässigkeit und Toleranz, Durchhaltevermögen und die Anerkennung der Leistung von anderen sind für den Fußballsport genauso wichtig wie für das Leben in der Freiheit", sagt Mewes, der selbst noch einen sehr ordentlichen Ball im Mittelfeld der Super-Senioren des SC Victoria spielt. Es ist auch eine Art von Dankbarkeit, die Gerd Mewes im Rückblick auf seine ehrenamtliche Tätigkeit spürt. "Ich erhielt die Möglichkeit, hinter die Kulissen einer geschlossenen Gesellschaft zu schauen." Viele haben ihm ihre Geschichte erzählt. Und Mewes weiß, dass die meisten seiner Spieler die Narben ihrer Kindheit und Jugend durch Oberflächlichkeit und gespielte Normalität überdeckt haben. "Die Menschen, die im Heim aufgewachsen sind, lernen sehr früh, sich zu verstellen, um einen guten Eindruck zu machen." Er weiß, dass die Häftlinge auch ihm gegenüber nicht immer ihr wahres Gesicht gezeigt haben. "Obwohl ich ihnen im Augenblick des Glücksgefühls und der Freude sehr nahestehe." Gerd Mewes ist zu lange auf der Schattenseite unterwegs, um sich anzumaßen, den richtigen Weg zu kennen. "Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass man mit einer Haltung der Überlegenheit nicht weiterkommt." Er weiß, gerade als Fußballtrainer, dass man vor allem mit klaren Ansagen zum Ziel gelangt. Seine Devise lautet: "Vormachen statt vorschreiben, abwägen statt abtun, motivieren statt motzen." Mewes ist überzeugt, dass sich durch Zuwendung und Zuspruch, aber auch durch Zurückweisung unangemessener Forderungen Entwicklungen bei Menschen in Gang setzen lassen, "die dem Gefühl der Nutzlosigkeit entgegenwirken". Und: "Ich glaube, dass die Pro¬blemverarbeitung über das Geschehene in dem Moment beginnt, wenn der Häftling darüber reden kann." Und er hat sich in den 35 Jahren immer wieder einem Wechselbad der Gefühle ausgesetzt. Da mischten sich Woche für Woche Mitleid und Zorn, Nähe und Ablehnung, Verständnis und Verzweiflung. "Ich war gefangen", sagt Mewes, "und zwar in einem Gewirr von Charaktereigenschaften, Persönlichkeitsstrukturen und Abgründen, in die Menschen geraten können."
Aktualisiert: 2020-01-06
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