Der Mona Lisa Schwindel

Der Mona Lisa Schwindel von Dixon,  Deborah
»Ein geistreiches literarisches Pasticcio um Fälschung und Mystifikationen«*Der atemberaubend skandalöse Coup fand statt vor einem Jahrhundert: Im August 1911 wurde das wohl berühmteste Gemälde der Welt, die »Mona Lisa«, aus dem Pariser Louvre gestohlen – herausgetragen.*Ist das Original nach diesem beispiellosen Kunstraub eigentlich je wieder an seinen Platz zurückgekehrt?*Dank des Nachlasses der amerikanischen Kunsthistorikerin Deborah Dixon wissen wir heute mehr: Die Tagebücher des Pariser Kunsthändlers Eduardo de Valfierno und seiner Witwe bringen Licht in die damaligen rätselhaften Vorgänge, als sogar der junge spanische Maler Picasso und der Dichter Apollinaire in Verdacht gerieten. Alles beginnt mit einem Meisterfälscher aus Marseille und dessen vier Kopien der »Mona Lisa« – während das Original auf eine lange Reise geht, die bis nach Kuba und New York führt und die bei einem glamourösen Fest im Hollywood der Emigrantenkreise zur Zeit des Zweiten Weltkrieges dramatisch endet.*In Deborah Dixons Der Mona Lisa Schwindel verdichtet sich dieses Geschehen um Kunst und Fälschung zu einem faszinierenden Panorama der Kunst- und Zeitgeschichte zwischen den beiden Weltkriegen.
Aktualisiert: 2022-06-20
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Zeichenwelt

Zeichenwelt von Moebius, Platthaus,  Andreas
"Wir sind in die Epoche des doppelten Menschen eingetreten", behauptete der Titelheld in Jean Luc Godards 1965 gedrehtem Spielfilm Pierrot le fou. Wie recht er hatte! Und wie wenig er das wissen konnte! Zwei Jahre zuvor war eine Doppelexistenz entstanden, die ihresgleichen suchte: Moebius und Jean Giraud. Doch niemand ahnte damals etwas davon, denn Moebius war lediglich als Zeichner einiger Kurzgeschichten in einem wenig verbreiteten Satiremagazin, das sich Hara-Kiri nannte, aufgetreten, während Jean Giraud 1963 sein Debüt in dem damals überaus populären Comicmagazin Pilote erlebte. Blueberry hieß die Serie, die Giraud dort zeichnete, und sie sollte ihn berühmt machen. So berühmt, daß Moebius sein Wirken bald wieder einstellte, denn der eine ließ dem anderen keine Zeit. Dies sollte sich zehn Jahre später umdrehen: Mit einem Mal kehrte Moebius zurück, und seine Geschichten waren so erfolgreich, daß nun Jean Giraud ins Hintertreffen geriet. So entstanden zwei Biographien, die doch nur einen Urheber hatten, dessen bürgerlicher Name Jean Giraud lautet und der als Moebius heute Weltruhm genießt. Keinem anderen Menschen ist ein solches Doppelspiel gelungen; nur Godards Narr Pierrot, der im Film immer wieder betont, daß sein richtiger Name Ferdinand sei, darf als ähnlich konsequenter homme double gelten. Doch Moebius und Jean Giraud sind keine Fiktion. Das haben sie Ferdinand/Pierrot voraus, auch wenn Pierrot le fou seinen Hauptdarsteller Jean-Paul Belmondo als Leitbild seiner Generation etablierte. Jean Giraud aber hatte das schon vorausgesehen: Als er seinen ersten Helden, den Leutnant der US-Armee Michael Blueberry zeichnete, gab er ihm die Züge Belmondos, in dessen Rollen er sein eigenes Leben als Mittzwanziger wiedererkannte: "Die Abenteuer", schreibt Moebius in seiner Autobiographie, "lösten einander ab wie in einem Film von Godard, Charlotte et son Jules, der genau die Weise beschrieb, wie man sich zu benehmen hatte, um damals in der Pariser Gesellschaft a la mode zu sein. Genau zu der Zeit, als dieser Film herauskam, wurde Belmondo das Modell für die Figur von Blueberry - deutlich vor Pierrot le fou. Er war der Fahnenträger einer ganzen Generation." Diese biographische Parallele zwischen drei Menschen - Schauspieler, Zeichner und Comicfigur - endet jedoch schnell, und Moebius hat mit seinem Verweis darauf, daß er schon vor Pierrot le fou von Belmondo fasziniert war, jeden Zweifel an der Eigenständigkeit seiner eigenen Doppelexistenz ausgelöscht. Sie war vielmehr Kennzeichen einer Generation, nur daß Moebius dieser Rolle treu blieb. Während Belmondo auf der Leinwand lediglich zwei Stunden lang sein Doppelspiel betreiben durfte, tut Jean Giraud alias Moebius es im Comic seit vier Jahrzehnten. Blueberry mit Belmondos Zügen: Titelseite des deutschen Comicmagazins Zack Nr. 46, November 1972 Durch den Ausschluß der amerikanischen Comicproduktion vom europäischen Markt hatte sich eine einheimische junge Generation von Comiczeichnern etabliert, die dann nach dem Krieg gegen die erneuerte Konkurrenz aus Übersee bestehen konnte, Nachwuchskräfte ausbildete und eine europäische Comictradition begründete, die es zuvor nicht gegeben hatte. Nun erst wurden Zeichner wie Herge (der Schöpfer von Tim und Struppi) und Jije, die schon vor dem Krieg berühmt waren, stilbildend. Ihrem Vorbild eiferten zahllose französische und belgische Jungen nach, und einer davon war Jean Giraud. Schon als Knabe zeichnete er seine ersten Comics, mit siebzehn - kurz bevor er nach Mexiko reiste - wurden die ersten gedruckt, und mit zwanzig wählte er sich einen Namen, unter dem er als Künstler berühmt werden wollte: Moebius. Warum wählt man ein Pseudonym? Die Frage weckt die Erwartung, daß über Moebius nur zu sprechen wäre als Maskierung, als Tarnhelm, unter dem ein Mensch verschwindet, der Jean Giraud heißt, wenn er einmal nicht die Feder hält. Doch das wäre zu kurz gegriffen, denn Jean Giraud ist mittlerweile nicht weniger eine Stilisierung als Moebius. Seine ersten ernsthaften Schritte als Comiczeichner versuchte der junge Mann ja gerade nicht unter seinem bürgerlichen Namen, und so mußte Jean Giraud, als er 1963 mit Blueberry begann, sich erst einmal gegen den schon einigermaßen etablierten Moebius durchsetzen. Es war ja kein Zufall gewesen, daß der junge Zeichner für sich diese Bezeichnung gewählt hatte: "August Ferdinand Möbius war ein deutscher Astronom und Mathematiker des neunzehnten Jahrhunderts", erinnert sich Moebius. "Ich bin ihm gegenüber zu einer Entschuldigung verpflichtet, denn in den Lexika habe ich ihm seinen Platz weggenommen." Das Möbiusband habe ihn seinerzeit fasziniert, jene unendliche Schleife ohne Außen- oder Innenseite, deren Form Möbius beschrieben hatte. Was für eine grandiose Metapher für eine Doppelexistenz! Die Wahl des Pseudonyms bewies bereits den Anspruch, den dieser Zeichner an sich selbst stellte. Es sollte keine Abgrenzung zwischen der bürgerlichen und der künstlerischen Existenz geben, beides vielmehr ineinanderspielen und ununterscheidbar verbunden sein. Welche Seite der Persönlichkeit gerade am Zuge war, sollte verborgen bleiben. Der rasche Erfolg von Blueberry ließ dann die Waagschale doch zugunsten Jean Girauds ausschlagen: Sein Ruhm verdrängte für ein Jahrzehnt den Namen Moebius. "Vorwärts!" Einzelbild mit General Gelbhaar aus der gleichnamigen Blueberry-Episode (Le général tête jaune) von 1968
Aktualisiert: 2022-06-20
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Wegelagerer

Wegelagerer von Schnibben,  Cordt
Minutiös recherchiert, originell erzählt: Reportagen aus dem 'Spiegel' Was einen guten Reporter ausmacht' Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, die unerzählte Geschichte zu finden und sie so aufzuschreiben, als wäre der Leser dabei gewesen. Eine gute Reportage, meint Martin Walser, schafft eine Tatsachennähe, 'die nicht zur Meinung schrumpft, sondern zur Erfahrung wird', und mit diesem Auftrag ziehen Reporter des 'Spiegel' um die Welt, auf der Suche nach Geschichten, die so Auskunft geben über die Lage der Welt, dass die Leser dem Reporter bei der Arbeit über die Schulter gucken. Die besten Reportagen sind zeitlos, sie lassen Zeit gerinnen und sich - mit Abstand -   betrachten wie ein gefangener Augenblick. Die in diesem Reportageband versammelten Glanzstücke von Ullrich Fichtner, Dirk Kurbjuweit, Alexander Osang, Cordt Schnibben, Alexander Smoltczyk und anderen mehrfach ausgezeichneten 'Spiegel'-Reportern sind Lehrstücke der modernen Reportage, originell im Thema, gut recherchiert, sprachlich unverwechselbar. Wenn die Knochen von Che Guevara gefunden werden, wenn deutsche Nazis durch Afrika wandern, wenn in afghanischen Gerichtssälen Recht gebrochen wird, wenn ein Altkleiderhemd von Hamburg um die Welt zieht, wenn die US-Armee den Irakern westliche Werte aufzwingen will, schreiben es diese Reporter so auf, dass Wirklichkeit zum Lesevergnügen wird.
Aktualisiert: 2022-06-20
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Die furchtlosen Memoiren der Sheilah Graham

Die furchtlosen Memoiren der Sheilah Graham von Frank,  Gerold, Graham,  Sheilah, Schlüter,  Marguerite
Glamourös, intelligent, ergreifend: Eine Emanzipationsgeschichte aus dem Herzen Hollywoods Eine unwahrscheinliche, aber wahre Geschichte: In ärmsten Verhältnissen in den Slums von London geboren, im Waisenhaus aufgewachsen, zur Näherin ausgebildet, dann Dienstmädchen in Londoner Herrenhäusern, doch alsbald umschwärmte Tänzerin in anzüglichen Revuen - die Biographie der lebenslustigen Sheilah Graham mutet an wie ein Filmstoff aus dem Hollywood der 40er und 50er Jahre. Und genau dort feiert die in die USA ausgewanderte, bildschöne Engländerin ihre größten Triumphe als Kolumnistin. Sie unterhält Amerikas kinoverliebte Provinz mit Märchen und Schauergeschichten aus der Traumfabrik. Das Aufsteigerschicksal gipfelt in der bitteren und traurigen Liaison der Autorin mit dem Dichter F. Scott Fitzgerald (Der große Gatsby). Fast drei Jahre lang lebt Sheilah Graham mit dem Dichter zusammen. Der damals fast schon vergessene, inzwischen erfolglose Fitzgerald findet Halt in der Beziehung zu der Journalistin - und fällt immer wieder in seinen schweren Alkoholismus zurück. Seine große Zeit ist vorüber, Hollywood schiebt den Dichter beiseite, völlig vereinsamt stirbt er an der Seite seiner neuen unglücklichen Liebe. Diese Memoiren zeigen das glamouröse London der 20er  und 30er Jahre und lassen die Zeit aufleben, in der Amerikas Filmindustrie die Vereinigten Staaten mit mythisch gewordenen Filmen neu erfand.
Aktualisiert: 2022-06-20
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Erfundene Kunst. Eine Enzyklopädie fiktiver Künstler von 1605 bis heute

Erfundene Kunst. Eine Enzyklopädie fiktiver Künstler von 1605 bis heute von Brams,  Koen, Kuby,  Christiane
Nein, hier geht es nicht um Fälschungen, sondern um Kunst in der zweiten Potenz! Die Romanciers und die Dichter haben von jeher Gefallen daran gefunden, alle Sachverständigen der Kunstgeschichte zu übertreffen, und sie haben ein Paralleluniversum erfunden, in dem es von Genies und Schwindlern, Selbstmördern und Größenwahnsinnigen wimmelt.An diesem Spiel der Spiegelungen haben sich von Shakespeare und Calderón bis Proust und Nabokov, von Goethe und Tolstoj bis Calvino und Sebald, Siegfried Lenz und Botho Strauß, viele große Autoren beteiligt. Die merkwürdigsten Überraschungen erwarten den Leser, der in diesem Irrgarten lustwandelt. Denn er wird hier nicht mit einer gewöhnlichen Anthologie abgespeist, sondern mit hunderten von witzig nacherzählten Lebensläufen dazu verführt, an eine Kunst jenseits der Museen zu glauben, mit allem, was zu einem seriösen Standardwerk gehört. Ihn erwarten nicht nur abenteuerliche Biographien; auch die imaginären Werke werden geschildert, die Triumphe und Niederlagen auf dem Markt, die Machenschaften der Kritiker und der Händler.Fünfhundert Jahre einer alternativen Kunstgeschichte also - um so wahrer, da jedes Wort in diesem Buch erlogen ist.
Aktualisiert: 2022-06-20
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Der Beginn eines verschwundenen Zeitalters

Der Beginn eines verschwundenen Zeitalters von Düwel,  Gudrun, Paustowskij,  Konstantin, Schwarz,  Georg
Paustowskijs berühmte Autobiographie erreicht ihren dramatischen Höhepunkt mit dem Ausbruch der Februar-Revolution. Dieses Ereignis überrascht im Kiew des Jahres 1917 einen ahnungslosen fünfundzwanzigjährigen Taugenichts ohne festen Beruf, der im Ersten Weltkrieg seine Haut als Sanitäter gerettet hat und nun in den Strudel einer Umwälzung gerät, bei der man jederzeit aus reinem Zufall erschossen werden kann. In den Wirren des Bürgerkriegs landet Paustowskij in Isaak Babels Odessa, wo er die panische Flucht der weißen Emigranten miterlebt. Nach der Blockade der Stadt tritt eine große Stille ein, und in Jalta und Batumi erlebt der angehende Schriftsteller Momente einer trügerischen Idylle. Paustowskij ist alles andere als ein Ideologe. Er versteht sich nicht als Akteur, sondern als Zuschauer des welthistorischen Dramas. Die atmosphärische Dichte seiner Erzählung, seine Fähigkeit, große Ereignisse en miniature zu beschreiben, und vor allen eine unerklärliche Heiterkeit machen eine verschwundene Zeit lebendig, ohne die auch das heutige Rußland nicht zu verstehen ist.
Aktualisiert: 2021-02-01
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Ralph Doughby’s Esq. Brautfahrt

Ralph Doughby’s Esq. Brautfahrt von Sealsfield,  Charles
Der literarische Autor einer neuen Welt*Der alte Goethe lebte noch in der Enge Weimars, als ein junger Österreicher hinüberführ in die Weite der Neuen Welt und dort Landschaften, Städte und Menschen sah, noch völlig unbeschrieben und noch in keinen Romanen vorgekommen, für die das alte Europa wirklich zu klein gewesen wäre. Er warf alle Vorurteile weg, selbst die deutsche Sprache scheint er allem Neuen ungeschützt überlassen und ausgesetzt zu haben.*Charles Sealsfield nannte sich der junge Autor, der dann ein begeisterter Bürger dieser Neuen Welt wurde, und wenn eine frisch atmende, lebendige Sprache je etwas verraten hat, dann die seine das schöne jugendliche Recht seiner damaligen Begeisterung. Und noch heute, nach hundertsiebzig Jahren, spüren wir in seinen Erzählungen aus jenen Jahren die Lust, etwas Neues am Menschen entdeckt zu haben; fast duften die frischen Farben noch, mit denen er uns seine Bilder aus der Neuen Welt malt.
Aktualisiert: 2018-11-07
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Das Schweigen

Das Schweigen von Wagner,  Jan C
Niemand weiß besser als Kimmo Joentaa, wie es sich anfühlt, einen geliebten Menschen zu verlieren. Wenn die Angst der Gewissheit weicht, dass der andere fort ist. Für immer. Deshalb hütet sich der Kriminalkommissar aus Turku davor, den Eltern von Sinikka Vehkasalo zu widersprechen. Ihnen die Hoffnung zu nehmen, dass ihre Tochter noch leben könnte. Auch wenn er es besser weiß. Wissen muss. Denn die Parallelen sind zu offensichtlich.
Aktualisiert: 2020-11-04
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Bestiarium

Bestiarium von Riechelmann,  Cord
Es ist nun schon hundertvierzig Jahre her, daß der liebe Brehm sein "Illustrirtes Thierleben" vorgelegt hat. Die moderne Verhaltensforschung hat mit seinen anthropomorphen Kurzschlüssen gründlich aufgeräumt. Cord Riechelmann folgt weniger unserm Blick auf die Tiere als dem Blick der Tiere auf ihre Welt. Das ist nicht nur lehrreich, es kann auch äußerst amüsant sein. Aber wir lachen nicht über die Tiere; es wäre uns lieber, könnten die Tiere mit uns und über unsere Beobachtungen lachen. Als Versuchsgelände dient dem Autor der Berliner Zoo, ein Ambiente, das die Illusion der Unmittelbarkeit von vornherein ausschließt. Dennoch fallen Riechelmann immer wieder Ähnlichkeiten zwischen dem homo sapiens und anderen Arten auf. So, wenn ein Schwarzer Panther mit seiner Pflegerin ums Zu-Bett-Gehen streitet, oder wenn ihn der Tanz des Kranichs an die Arbeiten von Johann Kresnik erinnert. Den rationalistischen Ton der Ethologie konterkariert Riechelmann durch die Bildsprache der Indianer und die Mythen der australischen Aborigines. Über hundert Arten passieren in diesem Buch Revue; auch mit weniger bekannten Geschöpfen wie dem Dschelada, dem Komodowaran und dem Rennkuckuck kann der Leser Bekanntschaft schließen. Und die herrlichen kolorierten Stiche aus dem 18. Jahrhundert verleihen, mit ihrer rührenden Präzision, dem Band einen Hauch von historischer Tiefe.
Aktualisiert: 2018-11-07
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Die Schule an der Grenze

Die Schule an der Grenze von Esterházy,  Péter, Ottlik,  Géza, Ujlaky,  Charlotte
Die nachtschwarze Seite der erzieherischen Disziplin Die Schule an der Grenze erschien erstmals drei Jahre nach dem ungarischen Aufstand von 1956 und galt als literarische Sensation: Der wegweisende Roman für die nachwachsende Generation der jungen ungarischen Autoren wie Péter Esterházy oder Peter Nádas. Die Jungs heißen Gabor, Attila, Medve, Benedek, Orban oder Pal, sind zehn Jahre alt, kommen meist aus wohlhabenden ungarischen Familien und erleben die ersten Wochen in der Kadettenschule in Köszeg. Von einem Augenblick auf dem den anderen müssen sie erfahren, dass alles, was sie zu Individuen macht, was sie im Schoß ihrer Familien geprägt hat, an diesem Ort keine Gültigkeit mehr hat: Anstand, Güte, Demut und Rücksicht, Freundschaften und Beziehungen, ja sogar Sprache und Gestus. Aus kindlicher Perspektive schildert der Ich-Erzähler die machtversessenen Cliquenbildungen, deren Katalysator die Terrorisierung von Außenseitern ist. Wer dicker oder kurzsichtig ist, wer stottert oder vor Heimweh weint, hat schon verloren. Der kühle Tonfall des Erzählers, der eine Quälerei nach der anderen schildert, als handele es sich um unvermeidliche Naturereignisse, erzeugt einen trügerischen Schein von wissenschaftlicher Objektivität; doch genau darin liegt die literarische Kunstfertigkeit des Autors - das Normale, das er schildert, ist das Entsetzliche, und vice versa. Der Leser ist gebannt, zwischen Mitleid und böser Neugier schwankend: Wann nur hört die alltägliche Gemeinheit auf' Géza Ottliks These scheint klar: Sie hört niemals auf.
Aktualisiert: 2022-06-20
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Fast eine Kindheit

Fast eine Kindheit von Behr,  Hans G
Alle Autobiographien lügen. Das sind wir, seit Rousseaus Bekenntnissen, gewöhnt. Nicht immer liegt es an der Eitelkeit der Autoren oder daran, daß sie uns ein X für ein U vormachen wollen. Noch schwerer zu vermeiden ist der Umstand, daß man es hinterher immer anders und womöglich besser zu wissen glaubt. Dieser perspektivischen Falle zu entgehen, dazu braucht es mehr Kunst, ein besseres Gedächtnis und mehr Unbefangenheit, als den meisten von uns beschieden ist. Behrs Geschichte verzichtet auf die Retrospektive. Er erzählt sie von vorn, so, wie sie sich dem Fünf-, dem Zehn-, dem Vierzehnjährigen dargestellt hat. Das ist eine außergewöhnliche tour de force. Wir sehen alles mit den Augen einer Person, die "das Kind" oder "der Junge" heißt: die Familiendramen, die Nazi-Zeit, den Krieg, die Besatzung, die Abnormitäten der Normalisierung. Und dabei verfällt Behr niemals in jenen "kindlichen" Tonfall, der bekanntlich die Intelligenz eines jeden Sechsjährigen beleidigt. Es ist schwer, diesem Jungen etwas vorzumachen. Gerade seine Ahnungslosigkeit macht ihn immun gegen die Lebenslügen seiner großbürgerlichen Familie. Nichts imponiert ihm, weder sein reichsdeutscher Vater, ein Generalmajor im Berliner Luftfahrtministerium, noch "Onkel Hermann", "Onkel Albert" oder "Onkel Josef", deren Zunamen zu erraten dem Leser überlassen bleibt. Mehr als für den Bombenkrieg und die Russenangst interessiert sich "das Kind" für den Dieb von Bagdad im Dorfkino, für Doktorspiele und Freßpakete, und selbst das Klosterinternat scheitert daran, es endgültig ab- und zugrunde zu richten.
Aktualisiert: 2021-02-01
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Die Nixen von Estland

Die Nixen von Estland von Jänixche,  Günter, Menschik,  Kat, Vetemaa,  Enn
Estland ist bekanntlich das Heimatland der Nixen. An einer wissenschaftlichen Darstellung dieser Spezies hat es bisher gefehlt. Vetemaas Standardwerk bringt diesen Forschungszweig der Dämonologie auf den neuesten Stand und schließt damit eine empfindliche Lücke. Keinen Naturfreund werden diese anmutigen Geschöpfe gleichgültig lassen. Auch der Autor zeigt sich von ihren Reizen entflammt, was ihn jedoch nicht daran hindert, eine exakte Taxonomie zu entwerfen. Seine Pionierarbeit unterscheidet erstmals die Schönhaarigen (Euplocamidae) von den Lauthalsigen (Carrulidae) und die Nackttitten von den Heulsusen. Ohne Kat Menschiks kongeniale Illustrationen, mit denen es üppig ausgestattet ist, wäre dieses Bestimmungsbuch freilich nur halbwegs so verlockend. In ihrer Bearbeitung vermählt sich die strenge Wissenschaft mit der heiteren Kunst. Auf diese Weise ist ein einzigartiges Werk entstanden, ohne das in Zukunft kein Liebhaber der Elementargeister auskommen wird. Übrigens hat es in der Tschechischen Republik ein Raubdruck im Handumdrehen auf eine Auflage von 40.000 gebracht. Daß ein deutsches Publikum in seiner Wißbegier hinter den östlichen Nachbarn zurückbleibt, ist kaum vorstellbar.
Aktualisiert: 2021-02-01
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Der abenteuerliche Simplicissimus Deutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Deutsch von Grimmelshausen,  Hans J Ch von, Kaiser,  Reinhard
Der großartigste deutsche Roman, der noch zu entdecken bleibt Ein Roman über den Krieg und das Geld, über das Leben und Lieben, das Hauen und Stechen in einer verkehrten Welt, in der es drunter und drüber geht - ein Weltbuch und Zeitbild, das nichts auslässt und auf der literarischen Klaviatur alle Register zum Klingen bringt. Ein »Literatur- und Lebensdenkmal der seltensten Art« nannte Thomas Mann diesen ersten großen Roman in deutscher Sprache, in dem es »bunt, wild, roh, amüsant, verliebt und verlumpt« zugehe, »kochend von Leben, mit Tod und Teufel auf Du und Du«. Die Titelfigur und den Namen des Dichters kennt jeder - nur gelesen hat das gewaltige Buch so gut wie niemand, denn das barocke Deutsch des Autors ist uns inzwischen fast unzugänglich geworden. Reinhard Kaiser hat das Wagnis unternommen, dieses erste große Volksbuch der Deutschen wieder unters Volk zu bringen: in einer Sprache, die uns nahe ist. Ihm ist das Kunststück geglückt, Rhythmus, Ton und Geist des ursprünglichen Textes, seine Tiefe und seinen übersprudelnden Witz wieder präsent werden zu lassen. Man darf von einem literarischen Wunder sprechen.
Aktualisiert: 2019-07-30
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Im Fadenkreuz des Schützenfischs

Im Fadenkreuz des Schützenfischs von Bennemann,  Markus
Wenn der Buntbarsch zweimal klingelt Tiere töten auf so faszinierende, intelligente und raffinierte Weise, dass man nur staunen kann. Kenntnisreich und spannend erzählt Markus Bennemann, wie Eisbär, Fingertier, Buckelwal, Schimpanse, Buntbarsch oder Chamäleon ihrem Opfer den Garaus machen. Die Natur ist nicht nur einfallsreich, wenn es um schöne Dinge wie Pfauenkleider oder Vogelgesänge geht. Auch beim Töten hat sie im Laufe der Evolution eine erstaunliche Fantasie entwickelt. Etwa beim Schützenfisch, der die Mangrovengrille auf seinem Speiseteller liebt, sie aber mit einem gezielten Wasserstrahl erst von den Bäumen holen muss. Oder bei der Bolaspinne, die nicht nur den Geruch weiblicher Nachtfalter exakt nachbildet, um Nachtfaltermännchen in ihre Nähe zu locken, sondern diese auch noch mit einem selbst gewebten Lasso einfängt wie Cowboys ihre Kühe. Ob Tarantelwespe und Vogelspinne, Hammerhai und Stachelrochen, Tigernatter und Erdkröte oder Eisbär und Ringelrobbe: Anhand von zahlreichen Morden erfahren wir nicht nur alles über die bizarrsten Täter-Opfer-Konstellationen der Evolution, sondern auch alles Wissenswerte über Ernährung, Fortpflanzung, Paarung und Lebensraum der Protagonisten. Und warum das Opfer keine Chance hat - egal, ob das Verbrechen am Nordpol, in Südostasien, Afrika oder Europa geschieht.
Aktualisiert: 2020-11-04
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Apokalypse Afrika oder Schiffbruch mit Zuschauern

Apokalypse Afrika oder Schiffbruch mit Zuschauern von Buch,  Hans Christoph
Ein »Antagonist der bundesrepublikanischen Harmlosigkeit« (FAZ)*Bedrohlichkeiten, Gewalt und Tod - unter den deutschen Romanciers, Erzählern und Essayisten seiner Generation ist keiner den Bürgerkriegs- und Katastrophenorten dieser Welt so nahe gekommen wie Hans Christoph Buch.*Neben der Karibik sind es immer wieder der Kontinent Afrika, das Fortwirken kolonialer Vergangenheiten und die ethnischen Säuberungen und Massaker, die die erzählerisch-politischen Berichte von Hans Christoph Buch motivieren. Von den Albträumen legen seine Reportagen Zeugnis ab, ohne auf die bundesrepublikanischen Befindlichkeiten schönrednerische Rücksicht zu nehmen.*»Sansibar Blues oder Wie ich Livingstone fand«, sein zuletzt in der Anderen Bibliothek erschienener Roman, bediente sich kongenial der Quellen von Afrikaforschungsberichten, denen Hans Christoph Buch nachreiste - und auch »Apokalypse Afrika oder Schiffbruch mit Zuschauern« vereint originelle Afrikahistorie mit bedrückenden Reiseerfahrungen zu Romanessays mit der Hans Christoph Buch eigenen Beschreibungskraft: über eine Afrikareise als »Sondergast« des Bundespräsidenten, als Reporter im liberianischen Monrovia oder in einem ruandischen Flüchtlingslager; in historischen Passagen über Géricaults romantisches »Floß der Medusa«, die erstmalige Dokumentation der Berliner Kongo-Konferenz von 1884/85 oder Besuchen bei der »Hottentotten-Venus«.*»Apokalypse Afrika oder Schiffbruch mit Zuschauern« ist ein Abgesang auf erlebte Realität, eine Art Totentanz - und dabei blitzen Momente der Hoffnung auf, im Überlebenswillen der Menschen, besonders der Frauen.
Aktualisiert: 2021-12-14
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Heldensterben

Heldensterben von Grän,  Christinie
»Nirgendwo wird so schön gestorben wie in Wien«*Die Ränke dieser großen Erzählung beginnen zwar im schäbigen Studio eines Pornoproduzenten, aber die entscheidende Handlung vollzieht sich an offenen Gräbern, an denen die schöne Anna zum strahlenden Star in der Gilde der Beerdigungsredner aufsteigt, die den nichtkirchlichen Bestattungen ihre eigene Würde und Weihe verschaffen.*Verfasserin der bewegenden Reden ist die kleinwüchsige Lucie, selber von Kind auf suizidgefährdet, die in aller Heimlichkeit ihr Lebenswerk schreibt: eine Porträtsammlung von Selbstmördern. Die schöne Anna freilich, allzu lange in den Diensten des schüchternen Regisseurs und Produzenten der X-Filme mit den maskulinen Sexmaschinen, macht sich nichts aus Männern, was nicht weiter erstaunlich ist. Lange unterhielt sie ein Verhältnis mit einer prominenten Politikerin, die den Skandal und das Ende ihrer öffentlichen Karriere nicht überleben wollte. Umso zäher harrt Mama, die Frau Kommerzialrat, in ihrem illustren Altersheim aus, in den Rollstuhl verbannt, der sie nicht davon abhält, sich an der Menschheit mit humanem Lächeln aufs infamste zu rächen...* Christine Grän hat den Wien-Roman schlechthin geschrieben, in dem sich die gloriose Schönheit und die abgrundtiefe Gemeinheit, das unerschöpfliche Vergnügen an der Intrige und die Lust des Fleisches, die unausrottbare Vitalität und der morbide Weltschmerz zu der genialen Mixtur vereinen, die den Geist der Stadt bestimmt. Denn das Herz der Stadt ist nicht der Steffl, nicht die Kärntner Straße, nicht die Staatsoper, nicht das Burgtheater, sondern der Zentralfriedhof. Anders gesagt: Wien lebt nur, wo gestorben und vor allem bestattet wird.
Aktualisiert: 2022-06-20
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Letztes Lexikon

Letztes Lexikon von Bartens,  Werner, Halter,  Martin, Walther,  Rudolf
Das halblederne Mammut im bürgerlichen Wohnzimmer ist so gut wie ausgestorben. Kaum jemand stellt sich heute noch die 25 Bände eines Lexikons ins Regal. Ein Mausklick genügt, und schon rieselt ein Haufen von Informationen auf den Bildschirm. Unser Wissen kennt keinen Kanon mehr, nur noch Bits und Bytes - Zeit für einen Rückblick auf das, was einst Bildung hieß. "Das Letzte Lexikon ist der Reader's Digest, das lebendige Poesiealbum und der nostalgische Abgesang auf ein großes literarisches Genre", schreiben die drei Autoren, die ironisch, doch ohne Häme und Besserwisserei einen riesigen Bücherberg durchstöbert haben. Noch einmal führen sie uns die nützlichen Handreichungen und die ideologischen Verirrungen einer 250jährigen Tradition vor Augen. Martin Halter tummelte sich im Ozean der Hoch- und der Alltagskultur, Walter Bartens taute die eingefrorenen Wissensbestände von Medizin, Technik und Naturwissenschaften auf, und Rudolf Walther fischte in den trüben Gewässern der Politik; ab und zu steigen auch Luftblasen aus Sport, Sexualität oder Theologie auf. Wer hätte nicht als Kind in einem alten "Konversations-Lexikon" geschmökert? Bunt und komisch, nüchtern und phantastisch wie auf den knisternden Tafeln, aus denen Max Ernst seine Collagen schuf, zeigt sich der Trümmerhaufen des vergangenen Wissens - ein rührendes und melancholisches Memento mori unserer Weltkenntnis.
Aktualisiert: 2021-02-01
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Oben: Publikationen von Eichborn ein Imprint der Bastei Lübbe AG

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Weitere Verlage neben Eichborn ein Imprint der Bastei Lübbe AG

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Qualität bei Verlagen wie zum Beispiel bei Eichborn ein Imprint der Bastei Lübbe AG

Wie die oben genannten Verlage legt auch Eichborn ein Imprint der Bastei Lübbe AG besonderes Augenmerk auf die inhaltliche Qualität der Veröffentlichungen. Für die Nutzer von buch-findr.de: Sie sind Leseratte oder Erstleser? Benötigen ein Sprachbuch oder möchten die Gedanken bei einem Roman schweifen lassen? Sie sind musikinteressiert oder suchen ein Kinderbuch? Viele Verlage mit ihren breit aufgestellten Sortimenten bieten für alle Lese- und Hör-Gelegenheiten das richtige Werk. Sie finden neben