Medien der Natur

Medien der Natur von Engell,  Lorenz, Siegert,  Bernhard
AbstractsTomáš Jirsa: Portrait of Absence: The Aisthetic Mediality of Empty ChairsThis article deals with the mediality of empty chairs in the works by Vincent van Gogh, Richard Weiner, Egon Schiele, Joseph Kosuth and Eugène Ionesco. These empty chairs are explored as aisthetic-affective figures pervading historical periods and cultural boundaries that offer a specific portrait of absence, which is able to intensify the subject despite its physical non-presence. The argument is based on the dialectic process of dis/appearing, posthermeneutics and the theory of the supplement. Der Beitrag behandelt die Medialität leerer Stühle in den Werken von Vincent van Gogh, Richard Weiner, Egon Schiele, Joseph Kosuth und Eugène Ionesco. Leere Stühle werden als ästhetisch-affektive Figuren untersucht, die historische Perioden und kulturelle Grenzen durch- und überschreiten; dabei präsentieren sie ein spezifisches Porträt von Abwesenheit, das das Subjet trotz seiner physischen Nicht- Gegenwart intensiviert. Die Argumentation gründet in dem dialektischen Prozess von Er- scheinen und Verschwinden, Posthermeneutik und der Theorie des Supplements. Barbara Baert: About Stain(s) The stain asserts its autonomy as a spot or patch of colour different from the ground. It exists in and of itself. The stain tells us what it means to be the medium of visibility. Hence, every stain is a Metabild, a particular image that explains something about the image as a phenomenon. These properties make the stain a paradigm for the visual medium per se. In this essay I will deal with five factors that could have led to this powerful model: the stain as prototype, Veronica’s stain, the psycho-energetic symptom, Echo’s camouflage and finally, the stain as le désir mimétique. Der Fleck behauptet seine Autonomie als farbiger Punkt oder Fläche, die sich vom Hintergrund abheben. Er existiert in und durch sich selbst. Der Fleck sagt uns, was es heißt, das Medium der Sichtbarkeit zu sein. Daher ist jeder Fleck ein Metabild, ein besonderes Bild, das etwas über das Bild als Phänomen aussagt. Diese Eigenschaften machen den Fleck zu einem Paradigma des visuellen Mediums per se. In diesem Essay werde ich fünf Faktoren vorstellen, die zu diesem einflussreichen Mo- dell geführt haben: Der Fleck als Prototyp, Veronikas Fleck, das psycho-energetische Symptom, die Tarnung Echos und schließlich der Fleck als le désir mimétique. Andreas Ziemann: Die Kraft der Zeitutopie im 19. Jahrhundert. Literarische Medien- und Technikzukünfte bei Edward Bellamy, Kurd Laßwitz und Jules VerneDer Aufsatz fokussiert die literarische Gattung von Utopie und Science Fiction als empirisches und historisches Material und untersucht an ausgewählten Texten des 19. Jahrhunderts, über welche zukünftigen Medien, Medienpraktiken und menschlichen Lebensformen dort geschrieben und (antizipativ) reflektiert wird. Zeitutopien, so die forschungsleitende These, fungieren als Modell und Entstehungsherd innovativer (Medien-) Techniken und besitzen eine spezifische Gestaltungskraft neuer Lebenswelten. The paper focuses on the literary genre of utopia and science fiction as empirical and historical material. With reference to selected texts from the 19th century, it outlines which future media, media practices and human life forms are discussed in an often anticipatory way. The thesis is that time utopias act as a model and source of innovative (media) technologies and have a specific power to design new worlds. Malte-Christian Gruber und Christoph Menke: Debatte: Nicht-MenschenrechteDas Rechtssystem geht davon aus, dass der Mensch – und nur der Mensch – eine natürliche Person ist. Das sei ein Irrtum, argumentiert Malte-Christian Gruber, denn die Rechtssubjektivität wird keineswegs alleine mit dem bloßen Menschsein begründet. Es ist die sittliche Autonomie, die den Menschen zu einem »Subjekt, dessen Handlungen einer Zurechnung fähig sind« (Kant) und mithin zur Person macht. Personen werden nicht mit dem Menschsein als solchem identifiziert, sondern durch die Zuschreibung von Handlungs- und Rechtsträgerschaft. Eine solche funktionale Vorstellung von Rechtssubjektivität ist prinzipiell auch dazu imstande, neben Menschen noch weitere autonome Agenten als Träger von Rechten und Pflichten ein- zusetzen, z.B. technische Artefakte und andere nicht-menschliche Agenten. Christoph Menke macht dagegen darauf aufmerksam, dass die Erfindung neuer Rechte das eigentliche Bewegungsgesetz der politischen Emanzipation in der Moderne war. Das begann mit den bürgerlichen Revolutionen und ist immer noch das generelle Modell, mit dem Politik und Theorie operieren, die neue Rechte für nicht-menschliche Lebewesen und Artefakte einfordern. So wie im 19. und 20. Jahrhundert die rechtliche Emanzipation zunächst über die Grenzen bürgerlicher Subjektivität hinausgeführt hat und soziale und kulturelle Rechte erfand, so sollen wir nun den weiteren, konsequenten Schritt tun und auch noch die Bindung der juridischen Anerkennung an die Kategorie menschlicher Subjektivität aufbrechen. Auch Bio- und Artefakte sollen als eigenständige Rechtssubjekte rekonstruiert werden. Es fehlt ihnen allerdings etwas, das in den emanzipatorischen Kämpfen der Vergangenheit schlechthin grundlegend war: Ein Träger von Rechten zu sein, hieß, ein Fordernder von Rechten, ja, ein Kämpfer für Rechte gewesen zu sein. Man konnte keine rechtliche Person als Träger von Rechten sein, ohne ein politisches Subjekt als Kämpfer und Denker von Rechten gewesen zu sein. Wenn die Bindung der rechtlichen Personalität an die menschliche Subjektivität aufgelöst wird, damit es Bio- und Artefakt-Rechte geben kann, löst sich zugleich auch diese Einheit von rechtlicher Personalität und politischer Subjektivität auf, die die moderne Idee der Rechte definiert hatte. The legal system assumes that human beings – and only human beings – are natural persons. That is erroneous, argues Malte-Christian Gruber, because legal subjectivity isn’t founded in humanity alone. It is moral autonomy that makes man into a »subject whose actions are capable of attribution” (Kant) and thus into a person. Personhood is not identified with being human as such, but by the attribution of actions and legal ownership. Besides human beings, such a functional concept of legal subjectivity can in principle also be applied to other autonomous agents as holder of rights and obligations, e.g. techno- logical artifacts and other non-human agents. Christoph Menke in turn points out that the invention of new rights was the actual law of motion of political emancipation in modern times. This began with the bourgeois revolutions and is still the general model with which politics and theory operate to claim new rights for non-human creatures and artifacts. Just as in the 19th and 20th centuries, the legal emancipation initially led beyond the limits of bourgeois subjectivity and in- vented social and cultural rights, so should we make a further consequent step and break with the dependence of juridical recognition on the category of human subjectivity. Also bio- and artifacts are to be reconstructed as independent legal entities. However, they lack something that was absolutely fundamental in the emancipatory struggles of the past: to be a subject of rights meant to have demanded rights, indeed, to have been a fighter for rights. One could not be a legal person and holder of rights without having been a political subject as fighter and thinker of rights. To suspend the dependence of legal personhood on human subjectivity so that there may be bio- and artifact-rights also means to dissolve the unity between legal personality and political subjectivity that once defined the modern idea of rights. Erhard Schüttpelz: Domestizierung im VergleichDomestizierung lässt sich durch einen Nukleus aus drei technischen Tätigkeiten definieren: durch die gesteuerte Reproduktion, die eigens eingerichtete Ernährung und den Schutz von Tieren und Pflanzen vor Schädigungen. Wenn man diese Definition an einen Vergleich von Kulturen und Kollektiven anlegt, stellen sich zwei Überraschungen ein: Außerhalb jeder Domestizierung entwickeln Wildbeuter eine rituelle Domestizierung oder ein mythologisches Verständnis, ihre Welt sei bereits domestiziert. Und in der Moderne tritt an die Seite der technischen Domestizierung ihre mögliche Naturalisierung. Der Aufsatz zieht einige Konsequenzen aus diesem typologischen Vergleich. Domestication can be defined by a nucleus of three technical activities: controlled reproduction and nutrition as well as protection of animals and plants from damage. If one applies this definition to a comparison of cultures and collectives, two surprises arise: Without being in touch of any kind of domestication, hunter-gatherers develop a ritual domestication or a mythological understanding that their world already is domesticated. And in modernity, possible naturalization arises at the side of technical domestication. The paper draws some conclusions from this typological comparison. Alexander Pschera: Das Internet der Tiere: Natur 4.0 und die conditio humanaNeben der Industrie hat die Digitalisierung auch die Natur ergriffen. Die Tatsache, dass Tausende von Tieren mit GPS-Sendern aus- gerüstet und überwacht werden, erlaubt, analog zur Industrie 4.0 auch von einer Natur 4.0 zu sprechen. Dieses Internet der Tiere verändert den Begriff, den der Mensch von der Natur hat. Er transformiert die Wahrnehmung vor allem der Natur als etwas fundamental An- deren. Neben den vielen kulturellen Problematisierungen, die das Internet der Tiere mit sich bringt, lassen sich aber auch die Umrisse einer neuen, ganz und gar nicht esoterischen planetarisch-post-digitalen Kultur aufzeigen, die die conditio humana verändert. In addition to industry, digitalization has also taken hold of nature. The fact that thousands of animals are provided and monitored with GPS transmitters allows to speak of nature 4.0 by way of analogy to industry 4.0. This internet of animals changes our idea of nature. Most of all, it transforms the perception of nature as something fundamentally other. Beside the many cultural problems that the internet of animals implies, it can also outline a new, not at all esoteric planetary post-digital culture that is about to change the human condition. Roland Borgards: »Eintauchen!« Ozeanium versus Vision NEMODas Ozeanium und die Vision NEMO sind zwei entgegengesetzte Vorschläge, wie sich das Meer und die Meerestiere in einem Zoo präsentieren lassen. Das Ozeanium arbeitet mit konventionellen Großaquarien, in denen echte Fische schwimmen, die Vision NEMO mit neuesten Übertragungs- und Projektionstechniken, die bewegte Fischbilder zeigen. Medien spielen in beiden Projekten eine wichtige, zunächst sehr unterschiedliche Rolle. Eines aber haben beide Projekte gemeinsam: sie gehen davon aus, dass die Medien eine exklusiv menschliche Angelegenheit sind. Mediale Prozesse im Meerestierreich kommen so nicht in den Blick. The Ozeanium and the Vision NEMO are two opposing proposals on how to present the sea and the marine life in a zoo. The Ozeanium is working with conventional large aquariums, in which real fish are swimming, while the Vision NEMO employs the latest transmission and projection techniques to show animated images of fishes. In both projects, media play an important, but also very different role. There is, however, one thing that both projects have in common: They assume that media are an exclusively human affair. Thus, medial processes in the marine animal kingdom don’t come into view. Hannes Rickli: Der unsichtbare Faden. Zu Materialität und Infrastrukturen digitaler TierbeobachtungTierbeobachtung in den Lebenswissenschaften ist medienbasiert und agiert in Abhängigkeit von Infrastrukturen, die normalerweise nicht sichtbar sind oder nicht beachtet wer- den. Anhand von Laborbeispielen in Zürich, Austin/Texas und auf Helgoland werden Konfigurationsverhältnisse menschlicher und nicht-menschlicher Akteure aus ästhetischer Perspektive untersucht. Im Fokus stehen die materiellen Kontexte, in die digitale Datenarbeit verwickelt ist, sowie die Frage, wie diese künstlerisch in einer ›verwissenschaftlichen‹ Gesellschaft erfahrbar gemacht und verhandelt werden können. Wildlife observation in life sciences is media based and operates in dependence on infrastructures that are normally not visible or not noticed. On the basis of laboratory examples from Zurich, Austin/Texas and Helgoland, configurations of human and non-human actors are studied from an aesthetic perspective. The material contexts, in which work with digital data is involved, are brought into focus as well as the question of how they can be experienced and negotiated artistically in a »scientificized” society. Gabriele Gramelsberger: Es schleimt, es lebt, es denkt – eine Rheologie des MedialenViel ist über Medien geschrieben worden, und doch ist dem Medium aller Medien bislang keinerlei Abhandlung gewidmet. Die Rede ist vom Schleim. Nicht irgendein Schleim, sondern der Urschleim jeglichen Lebens, dem Rätsel der Wissenschaft, das bis heute als ungelöst gilt. Und noch ein Rätsel gilt es zu lösen, nämlich von der eigenartigen Koalition von Schleim und technischen Medien. Schleim, so die Wissenschaft, ist nicht nur Beginn der Menschwerdung sondern auch die Zukunft der Technologie. Much has been written about media, but the medium of all media has not been studied so far: I am referring to slime. Not just any slime, but the protoplasm of all life, the scientific mystery, which is still regarded as unsolved. And another mystery remains be solved, namely the peculiar coalition of slime and technical media. According to science, slime is not only the origin of the human species, but also the future of technology. Maren Mayer-Schwieger: Sarcodeströmungen und »Natürliche Zuchtwahl«. Zu den Möglichkeiten und Modellierungen von Ökologie bei Ernst HaeckelÖkologie ist in den Medien- und Kulturwissenschaften derzeit von hoher begrifflicher Konjunktur. Damit stellt sich die Frage nach dem Gebrauch, dem Potential und der historischen wie medialen Verfasstheit verschiedener Konzepte von Ökologie und deren jeweilige Fassung von Natur, Organismus und Relationalität. Eine Analyse von Ernst Haeckels Genereller Morphologie und seiner Sarcode-Versuche arbeitet verschiedene Modellierungen von (Inter-)Relationalität, insbesondere Organismus-Außenwelt-Beziehungen in der Ökologie heraus. Ecology is a term that is much discussed in recent media and cultural studies. This raises the question of the use, the potential and the historical and medial constitution of different concepts of ecology and their respective understandings of nature, organism and relationality. This paper presents an analysis of Ernst Haeckel’s General Morphology and his Sarcodes-experiments and elaborates different models of (inter-)relationality, especially relations between organisms and environment, in ecology. Markus Gabriel: Tatsachen statt Fossilien – Neuer versus Spekulativer RealismusDer Spekulative Realismus nimmt seinen Ausgang von einer Kritik des Korrelationismus. Sein theoretischer Vorteil soll darin bestehen, das Anzestrale, also dasjenige, das es gab, ehe es überhaupt als Seiendes konstatiert werden konnte, besser denken zu können. Gegen diesen Ansatz wird zunächst gezeigt, dass er gerade nicht imstande ist, die Existenz von Fossilien als metaphysischen Beleg anzuführen. Anschließend wird eine neo-realistische Tatsachenontologie als überlegene Alter- native eingeführt und auf ihren Naturbegriff hin befragt. Speculative Realism starts out from a critique of Correlationism. Its theoretical advantage supposedly is its ability to rethink the ancestral, i.e. that which was before it could be stated as Being. This paper argues against this approach by showing that Speculative Realism is precisely not able to employ the existence of fossils as a metaphysical proof. Subsequently, a neorealist ontology of facts is introduced as a superior alternative and questioned in view of its concept of nature. Leander Scholz: Karl August Möbius und die Politik der LebensgemeinschaftDer Aufsatz rekonstruiert die historische Genese der politischen Ökologie im 19. Jahrhundert am Beispiel des Zoologen Karl August Möbius. Als entscheidendes Paradigma der Vorgeschichte wird die Bevölkerungsdebatte um 1800 herausgearbeitet. Vor diesem Hintergrund entsteht die politisch-ökologische Perspektive durch die Übertragung klassischer Prinzipien der Ökonomie auf Tiergemeinschaften und von dort wieder zurück auf eine zoologisch verstandene Menschenwelt. The paper reconstructs the historical genesis of political ecology in the 19th century by the example of the zoologist Karl Möbius. The population debate around 1800 is elaborated as a decisive paradigm of its emergence. Against this background, the political-ecological perspective arises through the transfer of classical economic principles on animal com- munities and their retransfer back to a human world that is now understood in zoological terms.
Aktualisiert: 2023-06-16
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Operative Ontologien

Operative Ontologien von Deuber-Mankowsky,  Astrid, Dommann,  Monika, Engell,  Lorenz, Gehring,  Petra, Gumbrecht,  Hans Ulrich, Hansen,  Mark B. N., Hediger,  Vinzenz, Koch,  Gertrud, Konicz,  Tomasz, Krämer,  Sybille, Peters,  John Durham, Siegert,  Bernhard, Sützl,  Wolfgang, Weidner,  Daniel
Mit Texten von Astrid Deuber-Mankowsky, Monika Dommann, Petra Gehring, Hans Ulrich Gumbrecht, Mark B. N. Hansen, Vinzenz Hediger, Gertrud Koch, Tomasz Konicz u.v.a.
Aktualisiert: 2023-06-16
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Sendung

Sendung von Engell,  Lorenz, Siegert,  Bernhard
Abstracts Jens Schröter: Das mediale Monopol des Staates und seine Verteidigungslinien Auch in freiheitlichen Demokratien gibt es mediale Formen und Verfahren, die staatlich monopolisiert sind. Dies sind die Verfahren zur Sicherung und Stabilisierung der Echtheit von Geld und staatlichen Dokumenten, also den zentralen Medien von Ökonomie und Staat. Im Sinne einer noch zu schreibenden Mediengeschichte des Staates stellt der Aufsatz diese Formen und Verfahren der Echtheitssicherung dar und zeigt auf, wie immer wieder auf neue technologische Bedrohungen des medialen Monopols des Staates reagiert werden musste. Even in liberal democracies there are media forms and procedures monopolized by the state. Such are the methods to secure and stabilize the authenticity of money and state documents, i. e. the central media of economy and the state. In terms of a media history of the state, the paper describes these forms and methods of securing authenticity and shows how the state had to respond to ever new technological threats to its media monopoly. Glenn Peers: Framing and Conserving Byzantine Art at the Menil Collection: Experiences of Relative Identity Conservation and exhibition of historical works of art run many risks of misrepresentation of the life and meanings of objects. This paper explores the identities of some particularly compelling examples of Byzantine art restored under special circumstances at the Menil Collection in Houston, Texas. This examination of the restoration of frescos and icons, and their particular display histories, reveals the contingencies of our encounters with and explanations of historical art. Die Erhaltung und Ausstellung von historischen Kunstwerken geht viele Risiken in Bezug auf die Darstellung des Lebens und der Bedeutungen von Objekten ein. Dieser Beitrag untersucht die Identitäten einiger besonders fesselnder Beispiele byzantinischer Kunst, die in der Menil Collection in Houston, Texas unter besonderen Umständen restauriert wurden. Eine Untersuchung der Wiederherstellung der Fresken und Ikonen sowie ihrer jeweiligen Ausstellungsgeschichten offenbart die Kontingenzen unserer Begegnungen mit und Erklärungen von historischer Kunst. Carmen Alfaro Giner: Das Einhüllen und Fesseln des Körpers in den indoeuropäischen Kulturen. Zu einigen Metaphern des magischen Schutzes vor Toten und Wiedergeborenen Fäden, Seile und Textilien sind Elemente des Alltagslebens, die bereits früh in der Menschheitsgeschichte einen hohen technischen Entwicklungsstand erreicht haben. Das Spinnen des Fadens, eine der ältesten Formen des Wissens, scheint wie der Ursprung jeder Form der Technik untrennbar mit einer besonderen Mythologie verbunden zu sein. So müssen sich auch Fäden, Knoten und Gewebe, neben ihrer praktischen Anwendung, rasch mit symbolischen Bedeutungen aufgeladen haben. In diesem Beitrag sollen die Symboliken des Fadens, des Knotens und des Gewebes als Metaphern analysiert werden, die bisweilen mit dem Leben, bisweilen mit dem Tod in Verbindung stehen. Threads, ropes and textiles are elements of everyday life, which have reached a high technical level of development early in human history. The spinning of the yarn, one of the oldest forms of knowledge, seems to be, like the origin of every form of art, inseparable from a particular mythology. Besides their practical use, threads, nodes and tissues must have been quickly charged with symbolic meanings. This article examines the symbolism of the thread, the node and the tissue as metaphors that are sometimes connected with life and sometimes with death. Christian Demand und Ekkehard Knörer: Debatte: Debattenkultur Eine Debatte ist ein öffentliches Streitgespräch, das gewissen Regeln folgt. Das Ziel einer Debatte ist nicht die Lösung eines Problems, wie in einer Diskussion, sondern Positionen zu markieren. In einer Debatte zählen nicht nur Argumente, sondern auch Polemik und der Mut zur These. Eine produktive Debatte bedarf neben von allen Teilnehmern akzeptierten Regeln auch einer sog. Debattenkultur. Christian Demand und Ekkehard Knörer führen eine Debatte zur Etablierung dieses Begriffs in den 1980er Jahren und entwickeln Thesen zu deren angeblichen Verschwinden durch die Beschleunigung von Debatten unter den Bedingungen der »Neuen Medien«. A debate is a public dispute that follows certain rules. The goal of a debate is not the solution of a problem as in a discussion , but to point out positions. In a debate, not only arguments, but also polemics and the courage to take a stand are essential. Besides certain rules that are accepted by all participants, a debate needs a so-called debate culture in order to be productive. Christian Demand and Ekkehard Knörer lead a debate on the establishment of this concept in the 1980s and develop theses for its alleged disappearance caused by the acceleration of debates under the conditions of »new media.” Jochen Hörisch: »Schicksal, also ein von einer höheren Macht Gesendetes, das wir empfangen sollen«. Über Sendungen und Sendungsbewusstsein In dem Maße, in dem sich seit dem europäischen achtzehnten Jahrhundert die PostSende-Verhältnisse dramatisch verbessern, verblasst die Überzeugungskraft des religiösen Sendungsbewusstseins. Verwunderlich ist das nicht. Von einem göttlichen Anruf, einem Kerygma erreicht zu werden, soll, ja muss eine exquisite Ausnahme von den Regelmäßigkeiten des Alltagslebens sein. Viele sind berufen, aber nur wenige sind auserwählt (Matthäus 22,14). In nur einigermaßen aufgeklärten Zeiten ist die Frage nach der Verlässlichkeit der himmlischen Postund Sendeverhältnisse nicht zu unterdrücken. Jeder kann jedem (zunehmend ohne Angst um Leib und Leben) bestreiten, der rechte Adressat göttlicher Sendungen zu sein. Intersubjektiv verbindliche Sendeverhältnisse zwischen Himmel und Erde gibt es nicht; diese höhere Trivialität wird seit 1750 aussagbar und aufschreibbar. Komplementär dazu steigt – trotz enormer Komplexitätsgewinne – die Kontrollierbarkeit irdischer Sendeverhältnisse. To the extent in which postal ‘sending,’ the successful delivery of messages, dramatically improves since the European eighteenth century, the persuasiveness of the religious sense of mission or ‘sending’ is fading. This is not surprising. To be reached by a divine call, by a Kerygma, should, indeed must be an exquisite exception of the regularities of everyday life. Many are called but few are chosen (Matthew 22:14). In somewhat enlightened times, the question of the reliability of heavenly sendings cannot be suppressed anymore. Anyone can deny anyone to be the truthful addressee of divine sendings. There are no intersubjectively binding states of transmission between heaven and earth: this higher triviality is predicable and writable since 1750. Complementary to this development, the controllability of terrestrial sendings increases– despite enormous gains in complexity. John Durham Peters: Gott und Google Both the structure of the Google search algorithm and the rhetoric surrounding the company suggest Google’s aspiration to attain the classic theological status of omniscience. Understanding how Google performs online searches shows that this most characteristic of all digital media corporations fits in a long lineage of religious media that claim to operate ontologically. Sowohl die Struktur des Google-Suchalgorithmus als auch die Rhetorik rund um das Unternehmen machen den Anspruch Googles deutlich, den klassischen theologischen Status der Allwissenheit zu erreichen. Wenn man versteht, wie Google Online-Recherchen durchführt, erkennt man, dass dieses charakteristischste aller digitalen Medienunternehmen in einer langen Tradition religiöser Medien steht, die in Anspruch nehmen, auf eine ontologische Weise zu operieren. Daniela Wentz: Wozu senden? Sendevisionen im Ersten und Dritten Fernsehzeitalter Unter den Institutionen des Sendens stellt das Fernsehen mit Sicherheit die über lange Jahrzehnte erfolgreichste dar. Gleichwohl wird angesichts der mit der Digitalisierung einhergehenden, das Senden und die Sendungen weitreichend betreffenden Veränderungen, die das Medium unterläuft, vielerorts und nicht völlig grundlos die Post-Broadcast-Ära ausgerufen. Anhand der Lektüre verschiedener Serien werden diese Veränderungen hier nachvollzogen und untersucht. Das Sendungsformat der Serie erscheint für ein solches Unterfangen besonders geeignet, weil das Senden des Fernsehens zutiefst mit der Serialität und dem Seriellen als Prinzip verknüpft scheint. An den Formen und Veränderungen des Seriellen lassen sich auch die Veränderungen des Fernsehsendens ablesen. Among the many institutions of sending, television certainly represents the most successful one over long decades. Nevertheless, given the changes that the medium incurs in terms of broadcasting and broadcasts as a consequence of digitalisation, many proclaim – and not entirely without reason – the post-broadcast era. This paper studies these changes by way of a reading of different television series. The format of the series seems particularly suitable to this end, since the broadcasting of television seems deeply linked to seriality and the serial as a principle. The changes in television broadcasting can be gleaned from the forms and changes of the serial. Markus Stauff: The Second Screen: Convergence as Crisis This article takes the second screen – television-related use of smart phones and tablet computers – as a starting point to discuss how current culture is shaped by the ever more heterogeneous connections between multiple devices, texts and platforms. They form unstable assemblages that simultaneously highlight and undermine the specific affordances of their elements. Focusing first on technical and industrial and then on practical and domestic procedures of creating connections, the current media landscape will be described as ›convergence as crisis‹: While media indeed become increasingly more interconnected, the connections themselves and the shape of the assemblage in its entirety are ephemeral, unstable and vague. Convergence mainly exists and is generated through being in crisis. Dieser Artikel nimmt den ›zweiten Bildschirm‹ – TV-bezogene Nutzung von Smartphones und Tablets – zum Ausgangspunkt, um die immer heterogeneren Verbindungen zwischen mehreren Geräten, Texten und Plattformen zu diskutieren, von denen die zeitgenössische Kultur geformt wird. Sie bilden instabile Assemblagen, die die spezifischen affordances (Aufforderungscharaktere) ihrer Elemente gleichzeitig hervorheben und untergraben. Indem der Fokus zunächst auf technische und industrielle, sodann auf praktische und heimische Verfahren der Herstellung von Verbindungen gelegt wird, wird die aktuelle Medienlandschaft als »Konvergenz in der Krise« beschrieben: Während Medien in der Tat immer mehr miteinander verbunden werden, bleiben die Verbindungen selbst und die Form der Montage in ihrer Gänze flüchtig, instabil und vage. Konvergenz entsteht und besteht als In-der-Krise-sein. Anett Holzheid: Sendungsbewusstsein im Zeitalter der Kurzkommunikation. Die Postkarte Als eine Neuerung der industriellen und postalischen Moderne des ausgehenden 19. Jahrhunderts steht die Postkarte in medienkultureller Differenz zum Brief. Ist für jenen der paradigmatische Akt verbaler Intensität und Extension (des »Schreibens« oder »Verfassens«) konstitutiv, repräsentiert die Postkarte ein gegenläufiges Modell der Reduktion und Substitution der Schrift. Die Postkarte symbolisiert das pointierte Signal, dessen Wert aus der Könnerschaft des Sendens bezogen wird. Aufzuzeigen, in welcher Weise das Kurzkommunikationsmedium maßgeblich an der Herausbildung einer modernen Kultur der Sendung beteiligt war, ist Ziel des Beitrags. As a novelty of the industrial and postal modernism of the late 19th century, the postcard differs from the letter in terms of media culture. While the paradigmatic act of verbal intensity and extension (of »writing” or »composition”) is constitutive for the latter, the postcard represents an opposing model of reduction and substitution of scripture. The postcard symbolizes the trenchant signal whose value is obtained from the mastery of sending. To show in what way the medium of short communication has been instrumental in the emergence of a modern culture of »sending” is the aim of this paper. Barbara Cassin: Google Control. Ein Gespräch mit Barbara Cassin Google ist nicht nur ein weltumspannender Konzern, der wie kein zweiter für die Macht einer Suchmaschine im Besonderen und des Internets im Allgemeinen einsteht. Barbara Cassin analysiert in diesem Gespräch aus dem Jahr 2009 die Rhetorik und das Sendungsbewusstsein von Google, das darin besteht, »die gesamte Information der Welt zu organisieren«. Dieser von Cassin als global, gewalttätig und total charakterisierte Anspruch beeinflusst auch zeitgenössische Vorstellungen von Demokratie, Kultur und Wissenschaft. Dass dieser Einfluss nicht nur positive Effekte hat, wird im Verlauf des Gesprächs deutlich. Google is not only a worldwide enterprise that represents like no other the power of search engines and the Internet in general. In this interview from 2009 Barbara Cassin analyzes Google’s rhetoric and sense of mission, which is »to organize all the information in the world.” Cassin characterizes this claim as global, violent and total, and shows that it also influences contemporary notions of democracy, culture and science. In the course of the conversation, it becomes clear that this influence not only has positive effects.
Aktualisiert: 2023-06-16
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Im Bilde

Im Bilde
Medien prägen unsere Vorstellungen und Interpretationen der Vergangenheit. Während sich die Geschichtswissenschaft im Wesentlichen der Schrift bedient, entwerfen Comic, Theater oder Film »Geschichtsbilder«. Weit davon entfernt, bloße Repräsentationen historiographischen Wissens zu sein, entwickeln sie eine eigene mediale Logik von großer Popularität und Überzeugungskraft. Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Praxis beschäftigen sich im vorliegenden Band mit den Möglichkeiten, Chancen und Grenzen vormoderne Geschichte in modernen Medien darzustellen.
Aktualisiert: 2023-06-15
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Lorenz Jaeger als Person

Lorenz Jaeger als Person von Leniger,  Markus, Priesching,  Nicole
Die bewegte Biographie des Paderborner Erzbischofs Lorenz Kardinal Jaeger (1892–1975) wird unter Verwendung seines neu erschlossenen Nachlasses in einem interdisziplinären Forschungsprojekt anhand von Themenschwerpunkten erarbeitet. Die Beiträge des 5. Bandes fragen danach, wer die Person Lorenz Jaeger hinter seiner Rolle als Erzbischof war. Dabei wird deutlich, dass die private Seite kaum vorhanden war. So kommt gerade durch diese Fragestellung die Bedeutung seiner Rolle für die Person in den Blick. Jaeger definierte seine eigene Identität nicht nach seiner Individualität, sondern nach seinem Stand. Der Band geht der Bedeutung dieses ständischen Denkens für das Selbst- und Fremdbild Jaegers nach.
Aktualisiert: 2023-06-15
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