Western Lines

Western Lines von Seltzer,  Andreas
Dornige Hindernisse können sich für alle, Cowboys wie Königssöhne, zu einer existenziellen Bedrohung auswachsen, zeigt sich in Andreas Seltzers „Western Lines. Eine Geschichte des Stacheldrahts“ – einem Bilderbuch, das im Modus einer Kinderfibel ein beziehungsreiches Kunstgeflecht hervorbringt, eine Art Kartografie aus kulturgeschichtlichem Material, persönlichen Faszinationen, Nostalgiefährtenlegungen und ins Bild gesetzter krasser Realität. Die präsentierten Abbildungen spannen dabei einen Bogen von Romantisierung (Western-Filmplakate) bis zum blanken Entsetzen (drastische Fotografien von Kriegsschauplätzen). „Im amerikanischen Westen wurden über tausend verschiedene Stacheldrahttypen eingesetzt", heißt es in „Western Lines“. Die Linien, die mit Stacheldraht dem weiten Land aufgedrückt werden, kommen aus von europäischen Privateigentumsverhältnissen geprägten Köpfen, also gleichsam einem anderen „Westen“, um bald Amerika zu durchziehen und dort aus dem Wilden Westen einen parzellierten zu machen. Es sind allerdings nicht nur einteilende Linien (wie die Weidelandumzäunungen, die sich mit den Siedlern Richtung Pazifik verbreiten und die Freizügigkeit der Cowboys und nicht zuletzt der amerikanischen Ureinwohner beschneiden), die in „Western Lines“ eine Rolle spielen, sondern auch wirre Knäuel (bei temporären Absperrungen in Städten überall auf der Welt) oder ganze Stacheldrahtfelder (die des Westwalls im Zweiten Weltkrieg). In der Kriegsfotografie, so stellt Andreas Seltzer fest, wird Stacheldraht schnell zu einem neuen „Rhythmisierer des Bildraums“. Andreas Seltzer zeichnet, sammelt, schreibt, agiert als Künstler, Kurator, Archivar und Autor. In den 70ern gab er gemeinsam mit Dieter Hacker die Zeitschrift "Volksfoto. Zeitung für Fotografie" heraus, deren "unausgesprochene Aussage" Christoph Bannat einmal folgendermaßen auf den Punkt brachte: "es ist schon alles in der Welt, es muss nur aufgedeckt, richtig arrangiert und mit Worten verbunden, zum Schwingen gebracht werden.“ Über all die Zeit ist Andreas Seltzers Privat-Archiv stetig angewachsen: ein idiosynkratischer Fundus von Bildmaterial jedweder Provenienz, auf das er in seiner Kunst, seinen Collagen, Ausstellungen oder Veröffentlichungen zurückgreift.
Aktualisiert: 2023-02-11
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Prima Vista

Prima Vista von Seltzer,  Andreas
"Prima Vista" präsentiert neben Zeichnungen von Andreas Seltzer auch Texte von ihm über das Zeichnen: hintergründige Vignetten und Anekdoten. Der exquisite Katalog erschien anlässlich der gleichnamigen, in der Berliner Laura Mars Gallery gezeigten Ausstellung des Künstlers. Die Zeichnungen von Andreas Seltzer sind Grotesken, die zwischen Karikatur und schwarzem Humor, zwischen Schreckbild und magischem Zauber, zwischen Rückgriffen auf den Manierismus und karnevalesken Erfindungen wechseln. Den Grund dieser Arbeit bilden die Farben Schwarz, Rot und Weiß. Mit dieser reduzierten Farbwahl ist die Intention verbunden, durch Sparsamkeit der Mittel die Wirkung der Bilder zu erhöhen. Das Schwarz fungiert dabei als Arsenal, das alle möglichen Gewichtungen bereithält um, – je nach Motiv – den Bildern Schwere oder auch skizzenhafte Leichtigkeit zu geben. Das Rot spielt hingegen die traditionelle Rolle des Aufmerksamkeit erheischenden Signals, das im Genre der Wimmelbilder Orientierung bietet. Das Weiß, zusammengesetzt aus umrissartigen, splitterhaften, akribisch erfassten Figurationen, zeigt Aufblicke wie Durchblicke: vor dicht karierten Hintergründen werden diese Elemente zu Akteuren, die jene Bildteile zum Tanzen bringen. Auszug aus "Prima Vista": Zeichnen, Tanzen Aus der Sicht der Finger, die den Zeichenfüller halten, ist die Fläche, die es zu erobern gilt, ein riesiges, weißes Terrain voller Gefahren. Die Bewegung auf ihm ist ein Vorwärtsstreben, das längeres Verweilen sofort mit einschmelzenden dunklen Flecken verrätselt. Punkte und Striche bilden ein Team, das irgendwo am Horizont des Formats sein Ziel findet. Das Besondere an dieser Bewegung ist, dass sie dem Tanz ähnlicher ist als etwa das Wandern. Der Rhythmus der Kreis- und Halbkreisbildung, das Vor- und Zurückpendeln, die Sicherung der Seitenlinien, das Wiederholen und Variieren spontan entwickelter Bewegungsfiguren – all das zeigt fließende Lineamente, die nichts anderes sind als Kontrollelemente, die Zentimeter um Zentimeter die Trittsicherheit zu überprüfen suchen. Zeichnen, Erinnern In dem Maße, in dem das Zeichnen, das assoziative Zeichnen, Haupttätigkeit geworden ist, verlieren die Worte, verliert das Schreiben an Kraft. Vielleicht ist das eine Form des Gedächtnistrainings, das dazu führt, dass die Bildhaftigkeit der Dinge behalten wird, aber, nun vertraut mit den metamorphotischen Eigenschaften und der Skepsis gegenüber den Festlegungen des Verbalen, die Namen und Begriffe vergessen werden. So könnte eine Variante der Demenz sich entwickeln: das Gespenst des Bildidioten, der lallend auf seine Zeichenkrakel weist und in Aphasie versinkt. Trinken und Zeichnen Manchmal kommt das Glas Wein am Abend in die Nähe des Tuscheglases. Dann gibt es die Versuchung, einen jener um Inspiration ringenden, von Abgabeterminen gefolterten Zeichner darzustellen, die Robert Crumb so häufig als Selbstporträts zeigt und die im letzten Verzweiflungsakt die Tinte in sich hineinschütten. Tinte ist da die fantasie-bringende Substanz, die alle inneren Organe imprägniert, Blut, Schweiß und Tränen einfärbt und den Körper in ein Zeichengerät verwandelt. „Die Tinte ist mein natürliches Element. Schöne Flüssigkeit übrigens, diese dunkle Flüssigkeit. Und gefährlich! Wie man darin ertrinken kann! Und wie sie einen anzieht!“ (Gustave Flaubert, am 14. August 1853, zitiert aus: Jean Starobinski, Kleine Geschichte des Körpergefühls, Konstanz 1987.)
Aktualisiert: 2023-02-11
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