Kunst und Körper im digitalen Zeitalter

Die vom Körper losgelöste Kommunikation im Internet und die Selbstdarstellung in sozialen Medien verändert unser tägliches Verhalten, unsere Interaktion miteinander und vor allem unseren Bezug zum eigenen Körper. Die Darstellung des menschlichen Körpers stellt angesichts der heutigen entmaterialisierten digitalen Umwelt ein sehr präsentes Thema in der zeitgenössischen Kunst dar.

Vor Kurzem zeigte der Frankfurter Kunstverein die Ausstellung “Körper–Ich: Körper im Zeitalter digitaler Technologien“ (2015/16) mit den Künstlern Yuri Ancarani, Kate Cooper, Melanie Gilligan und Thomas Thwaites. Die gezeigten Arbeiten beschäftigten sich mit menschlichen Körper, dessen Veränderbarkeit, Fragilität und Vergänglichkeit im Kontext einer digitalen und technologisierten Gesellschaft, sowie der Bedeutung des Körpers als Material künstlerischen Schaffens oder als Medium für die Darstellung grundlegender existentieller Fragestellungen. Wie erfahren wir die leiblichen Grenzen unseres Körpers? Wer bin ich ohne meinen Körper? Wer bin ich ohne die technischen Möglichkeiten von dessen Erweiterung? Wie wird heute die Konstruktion von Identitäten durch technische Sozialisation und Alltagswelt bestimmt?

Einen anderen Schwerpunkt legt die Publikation „Mapping the Body: Der Körper in der heutigen Lebenswelt“ (Verlag für Moderne Kunst, 12.9.2016), der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung in der Galerie im Taxispalais (Innsbruck, 2016) mit künstlerischen Arbeiten von u.a. Laia Abril, Selma Alaçam, Natalie Bookchin, Mariechen Danz, Michael Fliri, Lu Yang oder Anahita Razmi. Das Projekt widmet sich den Bedingungen von Körperlichkeit in einer Zeit, in der die ökonomische und mediale Vereinnahmung immer weiter zunimmt. Verstärkt kommt es zu Konfrontationen politisch, religiös und kulturell unterschiedlicher Vorstellungen von Sexualität und Gender: Wie prägen gesellschaftliche Werte, Systeme und Technologien den Umgang mit dem menschlichen Körper?

Die Publikation „Body Art: Der Körper in der zeitgenössischen Kunst“ (Deutscher Kunstverlag, 1.6.2012) beleuchtet den künstlerischen Umgang mit dem Körper als Schnittstelle zur Welt. Der Band gibt Einblick in die Vielfalt des künstlerischen Umgangs mit dem Körper in so unterschiedlichen Medien wie der Malerei, Skulptur, Fotografie, Videokunst und Performance. Zahlreiche Arbeiten verschiedener zeitgenössischer Künstler werden vorgestellt, um den tiefgreifenden Einfluss gesellschaftlicher und psychologischer Prozesse auf die Darstellung der menschlichen Gestalt in der Gegenwartskunst aufzuzeigen.

Die umfangreiche Publikation „Kunst und Körper“ (Phaidon, 5.8.2016) beleuchtet den menschlichen Körper als ein zentrales Thema der Bildenden Kunst, der immer wieder neu in den Blick genommen und teils radikal umdefiniert wird. Der Band untersucht die Darstellung des menschlichen Körpers in der Kunst von der Prähistorie bis zu Performances zeitgenössischer Künstler wie Marina Abramovic oder Erwin Wurm. Werke aus verschiedenen Epochen oder Kulturen zeigen Parallelen auf oder belegen den sehr unterschiedlichen Blick auf den Körper im jeweiligen historischen und sozialen Kontext. Westliche Kunst steht neben Außereuropäischen Artefakten, historische neben zeitgenössischen Werken, figurative neben Abstrakten und konzeptuellen Arbeiten.

Der Ausstellungskatalog „Blicke ! Körper ! Sensationen !: Ein Anatomisches Wachskabinett und die Kunst“ (Wallstein Verlag, 13.10.14) bietet einen ungewöhnlicheren Zugang. In der gleichnamigen Ausstellung untersucht die Kuratorin Eva Meyer-Hermann anatomische Wachsmodelle im Kontext von Schaulust, Medizin, Kunst und Musealisierung. Kernstück ist ein in großen Teilen in Dresden um 1900 gefertigtes anatomisches Wachskabinett. In der Begegnung dieser Objekte mit Werken der Bildenden Kunst wird das Phänomen des Blickes auf den menschlichen Körper im Spannungsfeld von Schaulust und Erkenntnis auch auf die Gegenwart bezogen.Der Katalog vereint Abbildungen dieser erstmals museal präsentierten Objekte mit einem Essay zur Ausstellungskonzeption, einem chronologischen Abriss der Geschichte des Kabinetts sowie zehn interdisziplinären Perspektiven renommierter Autorinnen und Autoren zur kulturhistorischen Bedeutung anatomischer Wachskabinette.