Klang als künstlerisches Medium

Die von Carolyn Christov-Bakargiev kuratierte Documenta (13) im Jahr 2012 prägten eindrucksvolle, ortspezifische Soundarbeiten. In einem leeren Stockwerk des C&A Kaufhauses präsentierte Cevdet Erek seine Soundinstallation „Room of Rhythms“. Janet Cardiffs und George Bures Millers Sound Installation „FOREST (for a thousand years…)“ im Wäldchen des Kasseler Karlsaue Parks evozierte mitreißende bildhafte Emotionen im Kopf des Betrachters. „Study for Strings“ von Susan Philipsz präsentierte eine zeitgenössische Interpretation eines gleichnamigen orchestralen Werkes von Pavel Haas aus dem Jahr 1943, das er in Gefangenschaft im KZ Theresienstadt komponierte. („dOCUMENTA (13)Katalog 3/3: Das Begleitbuch“, Hatje Cantz Verlag, 2012). Die Publikation „Susan Philipsz. You Are Not Alone“ (Verlag Walther König, 2014) dokumentiert diese sowie 9 weitere Klanginstallationen der Künstlerin, die in Münster, Glasgow, Stockholm, Oxford, Berlin, Helsinki, Chicago, London und Edinburgh realisiert wurden.

Die Kunstkritikerin Alyssa Buffenstein beschreibt in ihrem bei Artnet erschienenen Artikel „12 Sound Artists Changing Your Perception of Art“ (Link, 4.8.16), wie sich Auditives direkt und unwillkürlich auf die Emotionen im Inneren des Betrachters auswirkt, weil eben gerade die visuelle Ebene umgangen wird. Buffenstein stellt neben Tarek Atoui oder Carsten Nicolai auch den Künstler und Komponisten Samson Young aus Hong Kong vor, der seine politisch aufgeladenen Soundinstallationen 2017 auf der Venedig Biennale präsentieren wird. Ihm ist auch die erste Ausgabe der „BMW Art Journey“ gewidmet, eine Kooperation von BMW und der ART Basel, die Künstler mit Reisestipendien und anschließender Publikation unterstützt. Samson Young hat über die ganze Welt verteilt dem Klang und der Geschichte von Glocken nachgespürt. Die entstandenen Kompositionen, Bilder und Texte erzählen vom Spannungsverhältnis zwischen Krieg und Frieden, Musik und Waffenlärm und von der politischen Dimension des Klangs („BMW Art Journey 1: Samson Young – For Whom the Bell Tolls“, Hatje Cantz Verlag, erscheint am 30. November 2016).

Auf Buffensteins Liste findet sich auch die eindrucksvolle Künstlerin Christine Sun Kim, die ihre körperlichen Erfahrungen mit Sound und seinen Vibrationen in ihren Installationen verarbeitet und untersucht. Das New Yorker MoMA PS1 zeigte die Arbeit „Game of Skill 2.0“ der von Geburt an tauben Künstlerin in der Ausstellung “Greater New York” (2016). Christine Sun Kim partizipiert mit ihren Installationen und Performances in internationalen Ausstellungen wie der Berlin Biennale, der Frieze Art Fair und der Tate Modern in London oder der Shanghai Biennale (allesamt 2016).

Die Publikation „VOL.02 THE STATEMENT!: SOUND – INSTALLATION“ (KEHRER Heidelberg, Januar 2016, siehe Abbildung) leistet einen Beitrag zur Theorie und Geschichte künstlerischer Praxis auf dem Feld der Klangkunst. Im Dezember 2016 erscheint das 500 Seiten umfassende Werk „Sound Art: Sound as a Medium of Art“ (Mit Press Ltd, erscheint am 2.12.2016) zur Sound Art der vergangenen 50 Jahre, herausgegeben von Peter Weibel, Leiter des ZKM in Karlsruhe, mit Essays von Barbosa, Dmitry Bulatov, Germano Celant, Seth Cluett, Christoph Cox, Jim Drobnick, Brandon LaBelle, Tony Myatt, Achille Bonito Oliva, Linnea Semmerling, Morten Sondergaard, Alexandra Supper, Atau Tanaka, David Toop, Peter Weibel, Dajuin Yao, Siegfried Zielinsky. Die Publikation schließt an die Ausstellung „Sound Art. Klang als Medium der Kunst (ZKM, 2012/13)“ an, an der fast 100 Künstler beteiligt waren.