Untersuchungen zur Wirkung anti-inflammatorischer Strategien auf zentralnervös induzierte Krankheitssymptome im Gehirn bei systemischen Entzündungsreaktionen von Bredehöft,  Janne Elisabeth

Untersuchungen zur Wirkung anti-inflammatorischer Strategien auf zentralnervös induzierte Krankheitssymptome im Gehirn bei systemischen Entzündungsreaktionen

Systemische Entzündungsreaktionen führen zur sogenannten Akuten Phase Reaktion. Als zentralnervöse Komponente dieser Reaktion kommt es zu Krankheitssymptomen wie Fieber, Lethargie, Adipsie und Anorexie, die zusammenfassend als sickness response bezeichnet werden. Experimentell lässt sich eine solche Reaktion zuverlässig und reproduzierbar durch die intraperitoneale Verabreichung von bakteriellem Lipopolysaccharid (LPS) induzieren. Systemische Entzündungsprozesse können außerdem primär nicht entzündliche oder neurodegenerative Erkrankungen verstärken oder zumindest beeinflussen. So ist ein besseres Verständnis zugrundeliegender Mechanismen speziell auch für die Entwicklung anti-inflammatorischer Strategien und Therapien von immenser Bedeutung zur Behandlung von Erkrankungen des Gehirns. Heute ist bekannt, dass die Beendigung von Entzündungen einem strikt programmierten Ablauf folgt und Lipidmediatoren dabei wichtige terminale Mediatoren der Kommunikation zwischen Immunsystem und Gehirn sind. Dabei beinhaltet die Auflösung von Entzündungen einen sogenannten Klassenwechsel von beteiligten Lipidmediatoren von einem Prostaglandin und Leukotrien dominierten Milieu hin zu hohen Konzentrationen von Lipoxinen und Resolvinen. Lipoxine und Resolvine gehören zu den sogenannten specialized pro-resolving mediators (SPMs), die aus ω-3 Fettsäuren synthetisiert werden. Informationen über deren Bildung speziell im Gehirn sind unzureichend; die ihrer Wirkung zugrundeliegenden Mechanismen und Signalwege vielfach unbekannt. Neben der Erforschung solcher Lipidmediatoren gibt es weitere Ansätze modulierend in Entzündungsreaktionen einzugreifen. Hierzu zählt die Anwendung von pharmakologischen Agonisten kleiner Ca2+-abhängiger K+-Kanäle, wie beispielsweise CyPPA (Cyclohexyl-[2-(3,5-dimethyl-pyrazol-1-yl)-6-methyl-pyrimidin-4-yl]amine). CyPPA wurde in vitro bereits erfolgreich zur Reduktion der LPS-bedingten Expression inflammatorischer Zytokine durch Mikroglia eingesetzt. Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich im Mausmodell (I) sowohl mit dem therapeutischen Potential von CyPPA für die Behandlung neuroinflammatorischer Zustände (II) als auch mit der anti-inflammatorischen Wirkung und Verteilung von Lipiden und Lipidmediatoren im Gehirn.
(I) Eine zweimalige Behandlung von C57BL/6J Mäusen mit CyPPA (15 mg/kg KGW) 24 Stunden vor und gleichzeitig mit der Applikation eines starken LPS-Stimulus (2,5 mg/kg) hatte weder einen Einfluss auf die LPS-induzierte Aktivierung von Mikroglia (cluster of differentiation (CD)11b, CD68) noch auf zentralnervös kontrollierte Krankheitssymptome und die Expressionsprofile inflammatorischer Marker im Hypothalamus und der Peripherie. CyPPA induzierte jedoch unter nicht-inflammatorischen Bedingungen einen Anstieg der Körpertemperatur sowie eine Erhöhung der motorischen Aktivität. Diese Veränderungen gingen zum Zeitpunkt zwei Stunden nach CyPPA-Applikation mit einer reduzierten genomischen Aktivierung von SOCS3 (suppressor of cytokine signaling 3) und einer erhöhten mRNA-Expression von NF-IL6 (nuclear factor interleukin 6) im Hypothalamus und IκBα (inhibitor of kappa Bα) im Hypothalamus und Cortex einher. Überdies war die NFκB (nuclear factor kappa B) -Aktivierung in corticalen Neuronen reduziert. Diese Ergebnisse könnten potentiell mit zuvor beschriebenen neuroprotektiven Wirkungen von CyPPA im Zusammenhang stehen. Außerdem ist bekannt, dass die Beeinflussung der genannten Signalwege ebenfalls neuroprotektiv wirken kann. Periphere Zytokine waren zu beiden untersuchten Zeitpunkten unbeeinflusst. Interessanterweise war in CyPPA behandelten Tieren die erhöhte Körpertemperatur und Aktivität von reduzierten Adenosin-Konzentrationen und tendenziell erhöhten Adenosintriphosphat-Konzentrationen in der Leber begleitet. Dieser Zusammenhang spricht dafür, dass CyPPA den Metabolismus verstärken kann, wie andere es kürzlich in Zellkultur zeigen konnten. Insgesamt ist CyPPA in der Lage neuroinflammatorische Prozesse zu modulieren. Die beobachteten metabolischen Effekte mit Wirkung auf die Körpertemperatur und die motorische Aktivität sind jedoch potentielle, wichtige Nebenwirkungen, die bei einer therapeutischen Anwendung Berücksichtigung finden müssen.
(II) Das zweite Teilprojekt dieser Arbeit beschäftigte sich mit der Rolle von ω-3 Fettsäuren und Lipidmediatoren bei der Beendigung von Inflammation und deren Einfluss auf die Entwicklung zentralnervös gesteuerter Krankheitssymptome. Hierzu verwendete transgene Fat-1 Mäuse besitzen die Fähigkeit endogen große Mengen ω-3 Fettsäuren zu synthetisieren. Weder bei ω-3 ausgewogener noch bei ω-3 defizienter Fütterung zeigten sich nach einem geringen LPS-Stimulus (50 µg/kg) Unterschiede in der Ausprägung der sickness response oder peripherer Zytokinkonzentrationen von Fat-1 Tieren und Wildtyptieren (C57BL/6N, WT) im Vergleich zu phosphate buffered saline (PBS) -stimulierten Kontrollen. Nach der Gabe einer hohen LPS-Dosis (2,5 mg/kg) zeigten ω-3 defizient ernährte Fat-1 Tiere einen signifikant höheren Temperaturanstieg in der ersten Fieberphase, jedoch auch eine tendenziell beschleunigte Erholung von der sich anschließenden Hypothermie sowie reduzierte Interleukin-6-Plasmakonzentrationen zum Zeitpunkt 24 Stunden nach Stimulation. Zudem waren die Stress-induzierte Aktivitätserhöhung sowie die Körpertemperaturerhöhung in Fat-1 Mäusen gegenüber WT signifikant erhöht. Ein Einfluss des ω-3 Status auf die Funktion der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse ist bereits beschrieben worden, jedoch wurde bisher angenommen, dass eine suffiziente Versorgung mit ω-3 Fettsäuren Stress-induzierten Veränderungen vorbeugt und diese nicht zusätzlich verstärkt. Die eigenen Beobachtungen zeigen deutlich die Vielschichtigkeit und Komplexität der Funktion von ω-3 Fettsäuren und das es keinen einfachen Zusammenhang zwischen dem „ω-3 Status“ und dem „Gesundheitszustand“ gibt.
Ein weiterer Schwerpunkt dieser Arbeit war die vergleichende Analyse der räumlichen Verteilung von Lipiden während eines inflammatorischen Insults im Gehirn von Fat-1 und WT Mäusen. Dabei wurden das OVLT (Organum vasculosum laminae terminalis) und die präoptische Region als Zielregion definiert. Das OVLT ist ein sensorisches circumventrikuläres Organ mit einer unvollständigen Bluthirnschranke, welches für seine besondere Bedeutung für die Kommunikation von Immunsystem und Gehirn bekannt ist. Sowohl die präoptische Region als auch das OVLT sind an der Entstehung und Aufrechterhaltung von Fieber beteiligt. Zur Darstellung von ω-3 Fettsäure-haltigen Lipiden und freien Fettsäuren in diesen Regionen wurde eine bildgebende Matrixassistierte Laserdesorption / Ionisation Massenspektrometrie (MALDI-MSI) durchgeführt. Dieses Verfahren erlaubte zum ersten Mal die hochauflösende, räumliche Darstellung verschiedenster Massensignale in diesen Gehirnstrukturen. Es gelang der Nachweis von freien Fettsäuren und verschiedenen Phospholipiden. Die Suche nach Substanzen mit spezifischem, auf das OVLT beschränktem Vorkommen, zeigte erstmals eine Akkumulation von Lysophosphocholin (LPC) (16:0), LPC (16:1), LPC (18:0), LPC (18:1) sowie Phosphatidylcholin (PC) (38:6), PC (38:7) und Phosphatidylglycerin (38:5) in der Zielregion lediglich des LPS-behandelten Fat-1 Tieres 24 Stunden nach Stimulation, nicht jedoch in Kontrollsituationen (WT PBS und WT LPS). Dabei kann eine lokale Anreicherung von LPCs einerseits als Indikator für einen erhöhten Umsatz von Fettsäuren dienen. Andererseits gibt es unterschiedliche Berichte über pro- oder anti-inflammatorische Eigenschaften von LPCs. Die Anreicherung von LPCs macht eine funktionelle Beteiligung im Kontext von Fieber und der sickness response wahrscheinlich. Außerdem wurde PC (38:6) in vorherigen Studien ein neuroprotektives Potential zugesprochen, was auch diese Substanz als potentiellen Marker für neuroinflammatorische Prozesse interessant macht. Hier konnte also erstmals gezeigt werden, dass sich die Verteilungsmuster von Lipiden in Gehirnregionen mit undichter Bluthirnschranke unter inflammatorischen Bedingungen in Fat-1 Mäusen von denen in WT Mäusen unterscheiden. Eine funktionelle Relevanz ist sehr wahrscheinlich und sollte in zukünftigen Studien weiter untersucht werden.
Ebenfalls erstmalig gelang nach erfolgter MALDI-Messung im negativen Ionen-Modus von Gehirnschnitten der immunhistochemische Nachweis inflammatorischer Marker wie der Cyclooxygeanse 2 und NF-IL6. Zusätzlich konnten auch neutrophile Granulozyten nachgewiesen werden. Diese sind aufgrund ihrer Enzymausstattung, die eine Beteiligung an der SPM-Synthese ermöglicht, im Rahmen der hier gemachten Untersuchungen von besonderem Interesse. Die multimodale Verknüpfung (Überlagerung, Korrelation) der histologischen und massenspektrometrischen Bilddaten wurde erstmalig erfolgreich im Rahmen dieser Arbeit durchgeführt und ermöglicht einen erheblichen synergistischen Informationsgewinn.

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