Tal der Tränen von ViCON,  Verlag, Vischer,  Conny

Tal der Tränen

Gleann deòir

Der Roman startet mit einem Flashback ins 17. Jahrhundert: Aidan MacDonald schwört, jedes Mitglied des Campbell-Clans auf die gleiche grausame Art und Weise zu ermorden, wie sie seinen Sohn Iain getötet haben.

Im Roman begleiten wir Samantha und Eamon durch die Wirren von Vorurteilen, wie sie diesen begegnen und Schritt für Schritt ihre Macht verlieren.
Als Samantha Campbell ihren Vater das erste Mal sieht, ist er dem Tod geweiht. Nach einigen wunderschönen gemeinsamen Tagen stirbt er und hinterlässt ihr seine Wohnung in Inverness.
Bei einem erneuten Aufenthalt in Inverness verletzt sich Samantha während eines Spazierganges schwer am Kopf. Eamon MacDonald findet sie. Während er auf die Ambulanz wartet, hat er genügend Zeit die junge Frau zu betrachten. Sie übt eine eigenartige Faszination auf ihn aus. Er gibt ihr den Namen Tara, da er keine Ausweispapiere findet. Die Verletzung verheilt gut und sie könnte wieder nach Hause. Was bleibt ist eine starke Amnesie. Sie weiss nicht wo ihr zuhause ist und wie sie
überhaupt heisst. Tara kommt vorübergehend bei Eamon und seiner Familie unter. Da er auch Ferien hat, verbringen die
beiden die Tage gemeinsam und verlieben sich ineinander ohne es dem anderen jedoch zu sagen. Ihr Gedächtnis kehrt stückweise zurück. Als sie Eamon freudestrahlend ihren Namen, Samantha Campbell, nennt, verlässt er wutentbrannt den Raum. Die nächsten Tage gleichen einem Albtraum. Nichts ist mehr wie es war.

Leseprobe:
Prolog

Wir schreiben das Jahr 1691.
Aidan stand am Grabe seines ältesten Sohnes. Ein eiskalter Wind wehte um sein Gesicht, obwohl es erst Oktober war. Vor einer Woche hatten sie Iain zu Grabe getragen. Auf einem Botenritt zu Captain Robert Campbell of Glenlyon war er von den Gebrüdern des Clanchiefs der Campbell in einen Hinterhalt gelockt und niedergemetzelt worden. Den Leichnam banden sie auf das Pferd und ritten bis zur Landesgrenze der MacDonalds im Glen Coe. Dort gaben sie dem Ross den Befehl „nach Hause“ zu reiten. Aidan erblickte das Pferd als Erster und ritt dem scheinbar herrenlosen Tier entgegen. Der Schrecken war gross, als er erkannte, dass eine Leiche auf das Pferd gebunden war. Und als er sah, dass es sein ältester Sohn war, glaubte er, nie mehr atmen zu können.
Er nahm das Pferd am Zügel und führte es weinend ins Dorf. Nur zwei Monate vorher hatte er seine über alles geliebte Frau Mairi verloren. Sie war einer unbekannten Krankheit erlegen. Aidan hatte das Gefühl, dass ihm der Boden unter seinen Füssen weggezogen wurde und stiess einen markerschütternden Schrei aus, woraufhin ihm die Dorfbewohner entgegenrannten. Behutsam nahmen sie den Leichnam vom Pferd und legten ihn auf sein Bett. Dabei fiel ein Papierfetzen zu Boden. Aidan hob ihn auf und las:
So geht es allen Verrätern, die den Treueeid für König Wilhelm nicht unterschreiben wollen. Du bist gewarnt!
In diesem Moment hatte er vor allen, die versammelt waren, schwören wollen, sich auf grausamste Art und Weise zu rächen. Mitten in seinem Schwur war es ihm gewesen, als hörte er die Stimmen seiner Frau und von Iain: „Schwöre nie etwas in Wut. Du könntest es bereuen.“
Er hatte innegehalten und auf seine Liebsten gehört.
Aber heute, eine Woche nachdem er seinen Sohn beerdigt hatte, würde ihn nichts und niemand davon abhalten, diesen Schwur zu leisten. Dieser Mord verlangte nach Gerechtigkeit. Die Campbells waren genauso mit den MacDonalds verwandt, wie die MacDonalds mit den Campbells es waren. Diese vermaledeite Heirat zwischen einem Hurensohn eines Campbells und einer MacDonalds verkomplizierte alles.
Die Hand hoch erhoben sprach er feierlich: „Hiermit schwöre ich bei allem, was mir lieb und teuer ist. Von diesem Tag an werde ich, Aidan MacDonald, jedes Mitglied des Campbell-Clans auf die gleiche grausame Art und Weise ermorden, wie sie es mit meinem Iain getan haben.“

1. Kapitel

Sie lag in ihrem Bett, den gestern erhaltenen Brief aus Inverness in den Händen, der ihr immer noch unreal erschien. Dazu, dass sie Mühe mit der unbekannten, eher krakeligen Schrift hatte, konnte sie den Inhalt kaum fassen. Das konnte gar nicht sein. Wieso hatte ihre Mutter nie erzählt, dass ihr Vater sich nach ihr, seiner Tochter, erkundigt hatte? Immer wieder hatte er ihrer Mutter Briefe geschrieben. Keinen dieser Briefe hatte sie ihrer Tochter jemals vorgelesen. Dieses Mal war der Brief an Samantha adressiert und ein zweiter an ihre Mutter beigelegt. Diesen hatte sie ungeöffnet auf den Nachttisch gelegt. Stets hatte ihre Mutter die Frage nach ihrem leiblichen Vater damit abgetan, dass sie nicht wisse, wo er sich aufhalte. Dass er sich aus dem Staub gemacht habe, als sie ihm von der Schwangerschaft erzählt hatte. Neunundzwanzig Jahre hatte Samantha diese Antwort geglaubt. Ihr Bild ihres Erzeugers war entsprechend negativ.
Vor ihren Augen tauchten mächtige Anwesen, die sie aus Filmen oder ihren Besuchen in Schottland kannte, auf. Dieses Land und seine Geschichte hatten sie schon immer fasziniert. Eigentlich erstaunlich, trotz des kühleren Klimas. Samantha war eine Sonnenanbeterin. Nicht dass sie tagelang in einem Liegestuhl an der Sonne lag. Nein, sie liebte es, stundenlang am Meer oder See entlang zu spazieren, die wärmenden Sonnenstrahlen auf ihrer Haut zu spüren und dem Rauschen der Wellen zuzuhören. Mit ihrem dunklen Teint, den dunkelbraunen Augen und beinahe schwarzen Haaren ging sie eher als Südländerin als eine Britin durch. Ihre Urgrosseltern waren gebürtige Schotten. Sie hatten ihr ganzes Leben in den Highlands verbracht. Sie hatten sehr jung Kinder und waren dementsprechend noch rüstig, als sie Grosseltern wurden. Die jüngste Tochter ist dann mit ihrem Mann in die Schweiz ausgewandert. Als Kind verbrachte Samantha praktisch alle ihre Ferien mit ihren Urgrosseltern und bereiste mit ihnen zusammen wunderschöne Orte, fernab vom Tourismus. Schon als Kind hatte sie immer Reiseberichte geschrieben. Ihre Urgrosseltern wollten das so. Die Ersten hatte sie mit Widerwillen geschrieben. Aber je älter sie wurde, desto mehr Spass hatte sie daran und jetzt war sie ihnen dankbar. Während ihrer Ausbildung und auch danach nutzte sie ihre Ferien, Grossbritannien zu erkunden. Das, und ihre einwandfreien Englischkenntnisse waren sicher ein entscheidender Grund gewesen, dass sie den begehrten Job beim Magazin „Scotland News Switzerland“ erhalten hatte. Über hundert Bewerbungen waren für diese Stelle eingegangen. Umso grösser war ihre Freude gewesen, als sie die Zusage bekommen hatte. Sie liebte ihren Job, da dieser es oft zuliess, dass sie in ihr Lieblingsland Schottland für Recherchen fliegen konnte. Es war eine Arbeit, die wie für sie geschaffen war.
Vor gut zwei Jahren hatte sie dann Raoul an einem Anlass, zu dem sie eingeladen gewesen war, kennengelernt. Er war als Musiker engagiert gewesen. In einer Pause waren sie ins Gespräch gekommen. Samantha mochte die Art von Musik sehr, die er spielte. Dass er Talent hatte, war unüberhörbar. Auch seine Bühnenpräsenz war hervorragend. Mit seinen witzigen Übergängen von einem Song zum anderen hatte er das Publikum im Nu in seinen Bann gezogen. Sie hatten die Handynummern ausgetauscht und schrieben einander in unregelmässigen Abständen.
Nach zwei Monaten wollte Raoul sie wieder treffen. Daraufhin verbrachten sie viel Zeit miteinander. Er verhielt sich aufmerksam ihr gegenüber und überraschte sie immer wieder mit kleinen Aufmerksamkeiten. Samantha verliebte sich in Raoul und als er ihr seine Liebe gestand, schwebte sie auf Wolke sieben.
In den zwei Jahren, in denen sie mit Raoul zusammen gewesen war, waren Ferientrips nach Grossbritannien aber eindeutig zu kurz gekommen. Natürlich musste sie für Reportagen immer wieder nach Schottland, aber wenn es ging, liess sie gerne ihrem Kollegen den Vortritt.
Jede freie Minute hatte sie in Raouls Karriere investiert. Er war ein Künstler, welcher das Organisatorische überhaupt nicht im Griff hatte. Ihm war einzig wichtig, dass er auftreten konnte. Wie er zu diesen Shows und Gigs kommen sollte, war ihm egal. Das war Samanthas Arbeit. Sie wusste, dass er alles von ihr abverlangte. Die Auftritte sollten möglichst in renommierten ausländischen Clubs und Bars sein. Wollte sie weiterhin in seiner Nähe sein, musste sie alles tun, was er von ihr forderte. Sie glaubte, er liebe sie genauso wie sie ihn. Die innere Stimme, welche ihr schon vor beinahe einem Jahr gesagt hatte, dass sie ausgenutzt wurde, hatte sie bis vor vier Monaten ignoriert.
Sie hatte es geschafft, Raoul bei einem führenden Musiklabel unter Vertrag zu bringen. Sein erster veröffentlichter Song unter diesem Label wurde ein Nummer-eins-Hit in allen europäischen, ja sogar in den amerikanischen Charts. Über Nacht war er zu einem gefeierten Superstar aufgestiegen. Es eröffnete sich ihm eine völlig neue Welt. Eine Welt, in der Samantha nichts mehr zu suchen hatte. Das hatte er ihr klar und deutlich gesagt und sie auch spüren lassen. Ihre verzweifelten Anrufe und SMS liess er unbeantwortet. Nach zwei Monaten musste sie sich eingestehen, dass ihre bedingungslose Liebe schamlos ausgenutzt worden war.
Energisch schob sie diese Gedanken beiseite, was zur Folge hatte, dass sie wieder an die Nachricht ihres Erzeugers dachte. In seinem Namen hatte sein Freund diesen Brief geschrieben.

Inverness, Ende August 2018

Meine liebste Samantha,
ich weiss, diese Anrede klingt komisch, da du über Jahrzehnte nichts von mir gehört hast. Und vielleicht fragst du dich auch, wie um alles in der Welt ich deine Anschrift gefunden habe. Ich muss gestehen, dass mir ein Freund dabei geholfen hat. Er kennt sich in solchen Dingen aus. Als Jurist hat er Zugriff auf Dinge, die ein normaler Bürger nicht hat.

Als ich mich erst einmal aus dem Staub gemacht habe, nachdem mir deine Mutter von der Schwangerschaft erzählt hatte, wollte sie nach einem Jahr auch nichts mehr von mir wissen, als ich mich nach ihr und dem Kind erkundigt habe. Mehr, als dass sie einem Mädchen das Leben geschenkt und es auf den Namen Samantha getauft habe, habe ich nicht erfahren. Meine darauffolgenden Briefe hat sie nie beantwortet. Ob sie sie gelesen hat, weiss ich nicht. Das ist jetzt aber nicht mehr von Bedeutung. Ich habe ihr vergeben und hoffe, dass sie mir ebenfalls vergeben kann. Auch wenn es für dich schwer nachvollziehbar ist, war es mir von dem Moment an, als deine Mutter mir von dir erzählt hat, nicht gleichgültig, wie es dir geht. Warum sonst habe immer wieder Briefe geschrieben und auf eine Antwort gehofft?
Mein Leben im herrschaftlichen Haus schien mir plötzlich nicht mehr richtig. Ich verliess es und wohnte ab sofort in einer kleinen Wohnung in Inverness. Es ist mir bewusst, dass ich dich und deine Mutter im Stich gelassen habe und dies unverzeihlich ist. Bekanntlich kann man das Rad der Zeit nicht zurückdrehen, selbst wenn man sich das manchmal wünscht. Dennoch hoffe ich, dass du mir irgendwann vergeben kannst.
Was deine Mutter dir über mich erzählt hat, weiss ich nicht und tut auch nichts zur Sache. Während du diese Zeilen liest, liege ich im Spital, dem Tod näher als dem Leben. Wie viele Tage ich noch zu leben habe, können mir die Ärzte nicht sagen. Da ich zu schwach bin, diese Zeilen zu schreiben, habe ich meinem Freund und Hausarzt, Roy MacGregor, sie diktiert. Wir brauchten vier Tage dazu, da meine Kraft kaum mehr für ein Flüstern reicht.
Einen letzten Wunsch habe ich, bevor ich sterbe. Er ist nicht schwer zu erahnen: Einmal möchte ich meine Tochter sehen. Meinst du, dass du über deinen Schatten springen, deine Vorurteile mir gegenüber weglegen und mir den Wunsch erfüllen kannst?
Da meine irdische Zeit nur noch knapp bemessen ist, musst du schnell eine Entscheidung fällen. Ich bitte dich, wie auch immer sie ausfällt, sie meinem Freund telefonisch mitzuteilen. Seine Mobilnummer lautet: 0044 7871 68 34 50.
Er wird entsprechend deiner Antwort alles Weitere in die Wege leiten.
In der Hoffnung, dich einmal zu sehen, sage ich dir für heute bye.

Dein dich aufrichtig liebender
Dad

Ihre Gefühle fuhren Achterbahn, während sie den Brief sorgfältig zusammenfaltete. Sie glaubte zu spüren, dass ihrem Vater seine Handlungsweise aufrichtig leidtat. Ihre Mutter war nicht ehrlich zu ihr gewesen. Was Samantha schon länger vermutet hatte, wurde mit diesem Brief bestätigt. Je älter sie geworden war, desto komischer und unlogischer waren ihr die Aussagen ihrer Mutter erschienen, sobald sie sie nach dem Verbleib ihres Vaters gefragt hatte. In Samantha stieg eine Wut gegen ihre Mutter auf. Sie dachte an all die Nächte, in denen sie stundenlang geweint und sich gefragt hatte, was sie Schlimmes getan hatte, dass ihr Vater nie nach ihr fragte und sie nie besuchte. Dennoch war sie hin und her gerissen, ob sie dem anscheinend letzten Wunsch ihres Vaters nachkommen sollte oder nicht. Woher konnte sie wissen, ob das nicht nur ein Vorspielen falscher Tatsachen war, um an sie heranzukommen? Was es auch immer war, sie musste sich schnell entscheiden.
Ihre grossen Augen füllten sich mit Tränen. Es war eindeutig zu viel, was in den letzten Monaten auf sie eingestürmt war. Die Nachricht ihres Vaters brachte das Fass zum Überlaufen. Samantha beschloss, bis morgen mit der Antwort zu warten, damit sie etwas Zeit hatte, ihre Gedanken zu ordnen.

Der nächste Morgen kam nur allzu bald. Samantha hatte unruhig geschlafen und fühlte sich entsprechend müde. Zum Glück war sie heute alleine auf der Redaktion. Ihr Chef und die beiden anderen Mitarbeiter waren an einer Präsentation. Immer wieder wanderten ihre Gedanken zum Brief ihres Vaters. Fragen über Fragen drehten sich im Kreis. Um dieses Chaos etwas zu ordnen, beschloss sie in ihrer Mittagspause, eine Liste mit Fragen an ihren Vater zu erstellen.
Am Nachmittag konnte sie dann mit Mühe noch einen Artikel fertig schreiben, der unbedingt heute noch auf dem Pult ihres Chefs sein sollte. Er hatte ihr gesagt, er würde am frühen Abend nochmals ins Büro fahren und den Bericht durchschauen. Unfähig sich für einen neuen Bericht aufzuraffen, fuhr sie nach sechzehn Uhr nach Hause.
Erneut las sie den Brief zweimal. Immer noch war sie hin und her gerissen, wann und ob sie überhaupt anrufen sollte. Wie von Geisterhand geführt, holte sie jedoch einige Minuten später ihr Handy aus der Nachttischschublade und tippte Roy MacGregors Nummer ein.
„Hallo, wie kann ich Ihnen helfen?“, ertönte eine warme tiefe Stimme.
„Hallo, Samantha Campbell am Apparat. Spreche ich mit Roy MacGregor?“
„Ja, der bin ich.“ Leise hörte sie die Stimme sagen: „Deine Tochter.“ Dann hörte sie ein Räuspern.
„Schön, dass du anrufst. Ich sitze neben dem Spitalbett deines Vaters. Damit er alles mithören kann, habe ich den Lautsprecher eingeschaltet. Willst du ihm deine Entscheidung gleich selber mitteilen? Ähm, er selber kann nicht mehr sprechen, da er zu schwach ist.“
Samantha fühlte sich total überrumpelt. Sie hatte nicht damit gerechnet, bei diesem Telefonat direkt mit ihrem Vater sprechen zu müssen.
„Ähm, ähm, hallo Dad?“
In ihren Ohren hörte sich das Wort „Dad“ fremd an und trotzdem spürte sie, dass es richtig war, ihn so zu nennen. Den Vater beim Vornamen anzusprechen, wäre ihr absolut unmöglich gewesen.
„Es ist schwer, meine Gefühle, die in mir schwirren, zu ordnen. Wie lange habe ich Zeit, um zu dir zu kommen? Ich muss zuerst meinen Arbeitgeber um kurzfristigen Urlaub bitten und einen Flug buchen. In welcher Stadt bist du hospitalisiert? Gibt es in der Nähe des Krankenhauses ein Hotel?“

***

Roy blickte in das leuchtende Augenpaar seines Freundes. Seit Langem war es kein fiebriges, sondern ein freudiges Glänzen, das er sah. Die Wangen waren vor Erregung und Glück leicht gerötet. Es wurde ihm ganz warm ums Herz. Was die Schulmedizin nicht fertiggebracht hatte, ermöglichte diese eine simple Antwort. Sie würde Robert die nötige Kraft geben, solange durchzuhalten, bis er seine Tochter gesehen haben würde.
Stumm dankte er Gott für seine Hilfe.
„Was willst du sagen, mein Freund?“, fragte er Robert.
„Du sollst während der Zeit, in der du hier bist, im Appartement deines Vaters wohnen. Es ist der Wille deines Dads, Samantha. Ich darf dich doch so nennen, oder? Soll ich dich am Flughafen in Inverness abholen? Wir könnten direkt ins Spital fahren.“
„Ja klar. Ich weiss nicht, ob ich dieses Angebot annehmen kann, Herr MacGregor.“
„Nenn mich bitte Roy. Ich komme mir sonst so alt vor“, sagte er daraufhin lachend. „Und natürlich kannst du dieses Angebot annehmen. Dein Dad ist ja ein Teil deiner Familie.“
Samantha schluckte die aufsteigenden Tränen hinunter und antwortete mit leiser Stimme: „Okay. – Ähm, danke Dad, ich nehme dein Angebot gerne an. Sobald ich weiss, wann ich kommen kann, melde ich mich wieder. Danke für alles und bis bald. Mach’s gut und pass auf dich auf.“
„Dein Dad schickt dir einen Kuss. Auch von meiner Seite ein herzliches Dankeschön, dass du es Robert ermöglichst, dich zu sehen. Ich wünsche dir einen schönen Abend.“
Es klickte in der Leitung. Samantha hatte aufgehängt. Roy stand auf, um sein Handy in der Jackentasche zu verstauen. Er hätte es auch in die Hosentasche stopfen können, aber er brauchte diesen Moment, um seine Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Er war einerseits erleichtert, dass Roberts Tochter so unkompliziert dem Wunsch ihres Vaters entsprach, andererseits hiess das auch, sich die bittere Wahrheit, dass Robert nur noch kurze Zeit leben würde, definitiv einzugestehen. Als Arzt wusste er, dass es bereits jetzt an ein Wunder grenzte, dass sein Freund noch immer lebte. Bauchspeicheldrüsenkrebs war eine heimtückische und unheilbare Krankheit, die rasant zum Tod führte.
Er schnäuzte sich und setzte sich wieder auf den Stuhl neben Roberts Bett. Dieser zeigte auf den mit einem Energiedrink gefüllten Becher. Roy musste schmunzeln. Bis anhin hatte sein Freund meistens abgewehrt, wenn er ihm dieses Getränk angeboten hatte.
Ein lächelnder Robert prostete ihm zu. Roy war sicher, bis Samantha herkommen konnte, würde ihr Dad auf sie warten, egal wie lange es dauern würde.
„Deine Tochter scheint das Herz am rechten Fleck zu haben“, sagte er zu seinem Freund, als dieser ihm den beinahe leeren Becher zurückgab. „Ihre Stimme klingt angenehm. Ich freue mich, sie kennenzulernen.“
Robert nickte und deutete Roy an, dass er sein Ohr nahe zu seinem Mund halten sollte.
Langsam und fast lautlos sagte Robert: „Ab heute wird trainiert. Ich möchte meine Tochter sitzend oder gar stehend begrüssen können. Hilfst du mir, mein Freund?“
„Klar Rob. Du wirst das schaffen. Den ersten Schritt dazu hast du bereits gemacht. Mindestens drei dieser Drinks pro Tag werden dir zur nötigen Kraft verhelfen. Dein starker Wille unterstützt dich dabei.“

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