Nietzsche – sein Denken und dessen Entwicklungspotentiale von Kiss,  Endre, Klaiber,  Tilo, Niemeyer,  Christian, Sagnol,  Marc, Senigaglia,  Cristiana, Wellner,  Klaus

Nietzsche – sein Denken und dessen Entwicklungspotentiale

Teil IV

In der Zeit vom 17. bis zum 19. Juli 2015 führten Prof. Dr. Endre Kiss und Dr. Klaus Wellner ein Symposion über Nietzsche in Münstertal in dem Kloster St. Trudpert durch. Die Veranstalter knüpften damit an die erfolgreichen philosophischen Symposien von 2009, 2010 und 2012 an. Wieder hatte man sich die Aufgabe gestellt, dass jeder Teilnehmer ein ihm wichtiges Thema bei Nietzsche so behandeln sollte, dass zusätzlich zu einer werkimmanenten Interpretation auch ein Blick auf die weiteren Entwicklungen dieses Bereiches in Wissenschaft und Philosophie geworfen wird oder aber durch Nietzsches Philosophieren angeregte Fragen weiterverfolgt werden. Auch dieses Mal werden zu Aufsätzen erweiterte Beiträge in einem Sammelband publiziert. Ein kurzer Hinweis auf die Absichten der Autoren soll die Neigung von Lesern zur Lektüre beflügeln.
Klaus Wellner setzt sich mit der Frage auseinander, wie man durch wechselseitige Bezüge der Texte von Goethe und Nietzsche Interpretationsgewinne erzielen kann. Abschließend wird überlegt, in welchen geistigen Welten sie sich bewegt haben. Goethe bereitet die Heraufkunft der Moderne eine besondere Sorge. Da diese ein Kind der Aufklärung ist, schreitet Nietzsche zu einer Aufklärung über die Aufklärung fort. In der Folge erkennt er, dass ein einheitliches Erkenntnissystem für die gesamte Wirklichkeit unerreichbar ist.
Endre Kiss stellt klar, dass sich Nietzsches Auffassungen über den Perspektivismus erheblich von den Ansichten des Destruktivismus unterscheiden. Den Ausführungen darüber ist eine Einführung in die Begriffe und Probleme von Konstruktivismus, Destruktivismus, Dezisionismus und Postmoderne vom Herausgeber vorangestellt.
Cristiana Senigaglia widmet sich dem Thema des Glücks, obwohl es viele Aspekte bei Nietzsche gibt, wonach es ihm nicht relevant zu sein scheint. Allerdings verweist die Etymologie des Wortes nicht nur auf die Gefühlsseite, sondern auch noch auf das Gelingen. Das Resultat könnte sein, dass zwei Pfade des Glücks parallel verlaufen: der eine, der sich aus glücklichen Konstellationen zusammensetzt, und der andere, der eine gewisse Kontinuität bildet und sich aus einer kohärenteren Tätigkeit oder Verkettung von sinnbehafteten Tätigkeiten ergibt. Dies gestattet dem Einzelnen, ein dynamisches Gleichgewicht zu erstreben.
Tilo Klaiber will an einem Werk des englischen Philosophen Michael Hampe zeigen, wie Nietzsche als Zeuge für ein bestimmtes Selbstverständnis der Philosophie angeführt wird, das der zeitgenössische Autor als eine anti-akademische, nicht-doktrinäre Tätigkeit fortführen möchte. Sie soll durch Experimentieren mit Begriffen darauf abzielen, dass Individuen in ihrer Fähigkeit gestärkt werden, auf eigene Erfahrungen reflektierend zu reagieren.
Christian Niemeyer setzt sich mit dem Begriff Übermensch auseinander; denn er sei im 20. Jahrhundert ohne Wirkung geblieben. Oder ist er etwa in der Transhumanismus-Debatte wieder auferstanden? Vielleicht kann man aber die Vorsilbe über im Sinne einer Transformation lesen, was an den Vorgang der Drei Verwandlungen im Zarathustra erinnert. Dann aber ließe sich für den Übermenschen auch guter Europäer oder guter Weltbürger sagen.
Marc Sagnol unternimmt den Versuch, den philosophischen Unterschied von Schopenhauer und Nietzsche mit Hilfe von Benjamins Kategorien von Trauerspiel und Tragödie zu charakterisieren und zu zeigen, dass Schopenhauer auch als ein gewisser Vorläufer von Benjamin betrachtet werden kann, insbesondere der Benjaminschen metaphysischen Trauerspieltheorie. Es wird die These vertreten, dass sich Benjamin, indem er beim Ursprung des deutschen Trauerspiels gegen Nietzsche polemisiert, teilweise auf Schopenhauer stützt, um das Wesen des Trauerspiels im Unterschied zu der Tragödie zu erfassen.
Klaus Wellner führt im letzten Beitrag dieses Bandes aus, dass Nietzsche anfangs den Staat als Förderer der Kultur bejaht hat, sich später jedoch gegen den Staat ausgesprochen hat, weil er als absolutes System die geistige Freiheit verhindert. Es wird am Beispiel der EU dargestellt, dass die derzeitige Entwicklung der Staaten nicht mehr auf einen zentralistischen Superstaat, sondern auf ein Netzwerk von Staaten und überstaatlichen Institutionen hinausläuft, worin eher ein geistiger Spielraum eröffnet werden kann.

Bei dieser Gelegenheit soll doch darauf hingewiesen werden, dass bei dem Symposion noch weitere Referenten mit folgenden Themen Vorträge gehalten haben:

1. Prof. Dr. Georges Goedert (Luxemburg): Schopenhauer über das wollende Subjekt. Anthropologische Aspekte seiner Leidensphilosophie

2. Hans-Peter Anschütz (Freiburg i. Br.): „Die Geburt der Tragödie“ als Begriffsdichtung. Eine Interpretation

3. Dr. Albrecht Kiel (Konstanz): Der Schatten bei Nietzsche und Jung – aus heutiger Sicht

4. Dr. Uschi Nussbaumer-Benz (Zürich): Nietzsche – Islam – Islamismus. Perspektiven der (Welt-)Auslegung

Leider haben sie ihre bemerkenswerten Ausführungen nicht publizieren wollen. Es bleibt aber zu hoffen, dass ihre Gedanken zu anderer Zeit doch noch das Licht der geistigen Öffentlichkeit erblicken dürfen. Für ihre bereichernde Mitwirkung auch bei den Diskussionen sei hiermit gedankt.
An dieser Stelle soll der geistige und auch materielle Einsatz der Teilnehmer überhaupt gewürdigt werden, da auf diese Weise nicht nur bereichernde Gespräche stattfinden konnten, sondern auch wieder ein Buch mit Aufsätzen erscheinen kann. Zudem bin ich meiner Ehefrau Inghard Wellner zu besonderem Dank verpflichtet, weil sie mich nicht nur bei den praktischen Arbeiten und der Organisation des Symposions unterstützt hat, sondern auch weil sie die Entstehung der Gedanken zu meinen Vorträgen und Aufsätzen konstruktiv begleitet hat. Es bleibt nur noch zu wünschen, dass die vorgelegten Arbeiten in dem Kreis der Nietzsche-Leser ihre Wirkung zeitigen werden.

Klaus Wellner
Bollschweil, den 27. September 2018

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