Möglichkeiten und Grenzen des Gewissensbegriffs bei Hannah Arendt von Schüller,  Andrea

Möglichkeiten und Grenzen des Gewissensbegriffs bei Hannah Arendt

Arendt versteht sich nicht als Philosophin, sondern als politische Theoretikerin. Die politische Theorie, die sie zu entwickeln versucht, soll dem gemeinsamen politischen Handeln dienen. Weil Arendt keine politische Philosophie betreibt, steht bei ihr Moral für Subjektives. Mit Moral ist nichts Normatives gemeint, sondern das Selbst bzw. Subjekt: der Einzelne als Einzelner, nicht jedoch als Mitglied einer gemeinsam handelnden Gruppe in der Welt der Erscheinungen oder der politischen Sphäre. Man kommt nicht vom Selbst zum pluralen Wir des Handelns, so Arendt. Das Wir wird erst aus der „Umkehrung der metaphysischen Hierarchie“ verständlich: An der Spitze der metaphysischen Hierarchie sieht Arendt das selbstgesetzliche oder autonome Subjekt. Dagegen ist für ihre politische Theorie das plurale, weltgesetzliche Wir des Handelns der Ausgangspunkt, aus dem das Selbst als Mit-Zuschauer folgt und das sich als denkendes Ich zeitweilig aus der Welt ins Nirgendwo zurückziehen kann. Der Mensch ist zuerst Zusammen-Handelnder, dann Mit-Zuschauer und gelegentlich auch Allein-Denkender. Der politische Ausgangspunkt ist die reine gemeinsame Tätigkeit, während der metaphysische Ausgangspunkt der reine Geist gewesen ist.
Das Gewissen erweist sich als das Synonym für das Denken, das Denken als Synonym für die Vernunft, die Vernunft als Synonym für die Metaphysik oder Philosophie. Wenn Arendt das Gewissen „unpolitisch“ nennt, dann will sie damit nicht sagen, dass es für die politische Theorie keine Bedeutung hat. „Unpolitisch“ ist keine normative, sondern eine systemische Angabe und bezieht sich auf den Träger des Gewissens, das autonome (und somit unpolitische) Subjekt. Warum bringt Arendt aber selbst das „unpolitische“ Gewissen ins Spiel, das mit der Tätigkeit des politischen Handelns in keiner Beziehung steht, wohl aber mit einem (moralischen) Subjekt? Oder anders: Welche Rolle spielt die geistige Tätigkeit des Denkens eines Einzelnen in ihrer politischen Theorie des gemeinsamen Handelns, soll doch das Handeln nicht durch das Denken bestimmt sein?
So führt erst die Analyse eines nicht-politischen Begriffs wie desjenigen des Gewissens zum Kern von Arendts politischer Theorie: Arendt versteht Politik als die Umkehrung von Metaphysik oder Philosophie. Allerdings macht die Analyse des Gewissensbegriffs auch deutlich, dass sich eine politische Theorie nicht einfach als Umkehrung der Metaphysik etablieren lässt: Arendts politische Theorie kann nicht zugleich in der Philosophie wurzeln, wie sich gegen die Philosophie richten.

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