Mein Kasper und ich von Jacob,  Max

Mein Kasper und ich

Lebenserinnerungen eines Handpuppenspielers

VOM WESEN UND WIRKEN MAX JACOBS UND DER HOHNSTEINER. Vorwort zur 2. Auflage,
Vor rund 20 Jahren schrieb Max Jacob dies Buch „Mein Kasper und ich“. Es kommt jetzt in fast unveränderter Auflage neu heraus, nur wenige Umstellungen sind vorgenommen worden. Einige der im Buch genannten Persönlichkeiten haben andere Tätigkeitsfelder an anderen Orten gefunden, oder sie sind leider inzwischen verstorben, wie Max Jacob auch. Die Verdienste dieser Persönlichkeiten haben aber Bestand, so wie Max Jacob sie geschildert hat.
Bestand hat auch dies Buch selbst nach so langer Zeit. Es ist von bleibendem Wert schon insofern, als es ein Stückchen Zeitgeschichte darstellt. Max Jacob hat die verschiedensten politischen Zustände und Lagen erlebt. Er hat sich in den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Schichten bewegt. Er ist aus einfachen Verhältnissen zu einer Persönlichkeit aufgestiegen, die Geltung, Anerkennung und Achtung in der ganzen Welt erlangt hat. Darüber hinaus aber hat man Max Jacob geliebt. Das gilt für Menschen aller Rassen, Weltanschauungen und Altersstufen, für Freunde und Fremde, Familienmitglieder und die Mitarbeiter. Ich glaube, dass Max Jacob niemals irgendeinen Feind gehabt hat. So konnte er auch ein guter Präsident der UNIMA (Union Internationale de la Marionette) sein. Er verstand es, alle Schwierigkeiten, alle in so einer Welt umfassenden Organisation manchmal unvermeidlicherweise auftretenden Spannungen mit Klugheit und auf oft humorvolle Weise zu lösen. Er festigte dadurch die internationalen Beziehungen der Puppenspieler in der ganzen Welt. Es ist erstaunlich, aber für den, der Max Jacob gut gekannt hat, nicht verwunderlich, dass dieser Mann, der von Natur aus so schlicht war, solch eine bedeutende Persönlichkeit wurde, die Menschen zusammenführen und miteinander in Freundschaft verbinden konnte.
Er selbst war Handpuppenspieler. Doch ließ er alle anderen Puppenspielgattungen neben dem Handpuppenspiel nicht nur gelten, sondern er schätzte die Vielfalt und Vielschichtigkeit des Puppenspiels und förderte alle Arten, so gut er nur konnte. Dabei stellte er sich sowohl den Berufskollegen als auch den Laien-Puppenspielern zur Verfügung. Einen Anfänger nahm er genau so ernst wie einen erfahrenen und bedeutenden Berufs-Puppenspieler. Mit Sorgfalt und Einfühlung beobachtete er das Spiel eines jeden. Nach dem Spiel spendete er Lob und gab behutsam Anregungen für Änderungen, die der Aufführung vielleicht noch größere Wirkung verleihen könnten. Dabei überließ er es jedem, von seinen Vorschlägen anzunehmen oder zu verwerfen, was der Betroffene für richtig hielt.
In den vielen Lehrgängen, die Max Jacob gegeben hat, war er ein freundlicher, hilfsbereiter Lehrer, der es nicht nur verstand, die Technik und Theorie des Handpuppenspiels zu vermitteln, sondern der auch die Freude an dieser schönen Kunst zu wecken verstand. Er schuf überhaupt ein lehrbares System, das gültig geblieben ist und heute noch immer angewandt wird. Gerade in unserer Zeit scheint sich eine Wiedergeburt des Handpuppenspiels, genauer gesagt sogar des Kasperspiels anzubahnen, denn viele junge Menschen beginnen sich wieder mit dem Kasper zu beschäftigen. Es wird dabei sowohl an die Hohnsteiner Spielweise angeknüpft, als auch an die volkstümliche Art. Diese Hinwendung zum Kasperspiel scheint mir beachtenswert zu sein.
Als Max Jacob mit seinem Spiel begann, war Handpuppenspiel auf dem Jahrmarkt zu Hause. Max Jacob, und mit ihm einige andere Puppenspieler, wandten sich von den Derbheiten des Jahrmarktkaspers ab und bewirkten eine Reform, durch die das Kasperspiel nicht nur für Kinder, sondern auch und gerade für Erwachsene einen neuen Wert in künstlerischer Hinsicht bekam. Diese Reform hatte weit reichende Folgen, hat bedeutende Änderungen hervorgerufen und wirkt immer noch weiter. Die Spielweise ist als Hohnsteiner Stil ein Begriff geworden. Unter ihm ist in technischer Hinsicht die Loslösung der Handpuppe von der Spielleiste und damit die Eroberung des Bühnenraumes zu verstehen; inhaltlich wird darunter der Weg von einfacher, vordergründiger, oft sehr grober Kost zu sensibleren Spielen verstanden, die auch das Aufgreifen literarischer Stoffe für die Erwachsenen möglich machte. Max Jacobs Kasper beherrschte seine Spiele als eine Gestalt, die sich allem Positiven im Leben zur Seite stellte, und zugleich sich nicht scheute, zu allen aktuellen Problemen Stellung zu beziehen. Dieser Kasper war weder autoritär noch antiautoritär, er war einfach unautoritär und verkörperte ein Stück gesunden Menschenverstandes.
Das alles war möglich, weil die ganze Hohnsteiner Arbeit von der Einfachheit und Warmherzigkeit Max Jacobs getragen wurde. Mich selbst hatten diese Wesenszüge bereits angesprochen, als ich Max Jacob zu ersten Male in Hamburg spielen sah. Ich war damals ein junger Mensch und liebte das Puppenspiel. Ich ahnte nicht, dass unsere Lebenswege aufeinander zuführten und wir eines Tages gemeinsam dem Hohnsteiner Werk dienen würden. Ich hatte schon viele Jahre Puppentheater gespielt, ehe ein gütiges Geschick mich Mitarbeiter der Hohnsteiner werden ließ. Ich wurde nicht nur in diesen Arbeitskreis aufgenommen, sondern auch wie selbstverständlich in die so genannte Kasperfamilie. Zu ihr gehörten alle Mitarbeiter Max Jacobs und deren Angehörige. Der Begriff Familie kennzeichnet die enge Zusammengehörigkeit, die absolute Vertrautheit der einzelnen miteinander mit allen ihren Vor- und Nachteilen, wobei letztere aber auch noch als Positivum in das Leben eingebracht wurden.
Es gab keine schriftlichen Anstellungsverträge; es galt das Wort. Jeder fühlte sich dem Ganzen verpflichtet und verantwortlich. Niemand schaute auf die Uhr. Niemand grenzte sich durch Ressortdenken ein und gegenüber anderen ab. Eine hohe Arbeitsmoral herrschte, ohne dass dies dem Einzelnen bewusst gewesen wäre. Wir wären sicher sehr verwundert gewesen, wenn man uns auf diese Tatsache aufmerksam gemacht oder deswegen gar gelobt hätte. Sie war einfach eine Selbstverständlichkeit, die sich aus der Grundhaltung der Jugendbewegung und der Art und Weise Max Jacobs ergab.
Ein wenig davon leuchtet auch in den Lebenserinnerungen Max Jacobs durch. Ich habe das Gefühl, als schaue mir Max Jacob über die Schulter, während ich dies schreibe. Ich meine, ihn still und etwas verschmilzt lächeln zu sehen; und es könnte sein, dass er gesagt hätte:

‚Nun geheimnisse nicht zu viel in mich, mein Leben, unsere Arbeit und die Kasperfamilie hinein. Das hört sich zwar alles sehr angenehm an und ich lasse es mir auch gefallen, wenn man etwas Gutes an allem findet. Vorgenommen hatte ich mir das alles aber nicht. Es ist mir einfach so zugewachsen. Und es hat Spaß gemacht, mir, euch und anderen auch. Und das ist wohl mehr als genug.‘
Das mag sein. Dennoch muss ich noch hinzufügen: Mir ist Max Jacob doch mehr geworden. Er war als Puppenspieler mein großer Lehrmeister. Darüber hinaus aber wurde er mein Vorbild und Freund, weil er ein guter Mensch war. Und wie mir ist es sicher vielen anderen Menschen auch gegangen. Was könnte man Besseres über einen Menschen sagen!
Oststeinbek, im Juni 1981, Friedrich Arndt

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