Kopfmusik
Eine philosophische Reflexion zum instrumentalen Musizieren
Karin Kleine Jäger
Warum wird in der westlichen Welt so viel Musik gehört, aber kaum jemand spielt ein Instrument? Welchen Einfluss besitzt der Instrumentalunterricht auf diesen Prozess des musikalischen Verstummens? Diese Fragen kreisen um einen zentralen Widerspruch, den die Instrumentalpädagogik bis heute ignoriert: Im Unterricht spielt die individuelle Erfahrung des Schülers keine Rolle. Vom subjektiven, leiblichen Erleben wird abstrahiert, indem es auf eine Repräsentation der Gedanken über die Musik reduziert wird. Auf diese Weise lernen die Schüler Musik nur noch als eine Summe korrekter Töne kennen. Dass aber gerade aus diesem Grund oft keine Musik erklingt, zeigt die hier vorliegende Analyse unseres Instrumentalspiels.
Im Rahmen einer phänomenologischen Reflexion wird deutlich, warum der Instrumentalunterricht seit langem die Relevanz der leiblichen Perspektive ausblendet. Wird aber die Ursache erkannt, kann sich auch in der Praxis musikalisches Lernen verwandeln. Musik muss jetzt nicht mehr nur als rationale Ordnung von Tönen aufgefasst werden, sondern kann darüber hinaus zu einem Phänomen des eigenen Erlebens werden. Auch unsere Vorstellung einer ‚musikalischen Begabung‘ lässt sich schließlich als Fähigkeit des Rückbezugs auf die eigene Leiblichkeit verstehen.
