Diktaturen in Lateinamerika
Christian Cwik, Hans-Joachim König, Stefan Rinke
Nach wie vor macht es Sinn, sich mit dem Thema Diktatur und autoritärer Herrschaft in Lateinamerika zu beschäftigen. Seit den Staatsgründungen nach den Unabhängigkeitskriegen der ehemaligen spanischen, portugiesischen und französischen Kolonien zu Beginn des 19. Jahrhunderts haben langjährige Alleinherrscher, zivile und militärische Caudillos oft auf regionaler Ebene, und Diktaturen, meist durch Putsch an die Macht gekommene Militärdiktatoren, die politischen Prozesse in Lateinamerika geprägt. Dies resultierte vorwiegend aus einer Legitimationskrise, aus der Unmöglichkeit, in der postkolonialen Epoche einen Konsens über allgemein verbindliche Spielregeln zu finden. Vorstellungen, dass nur der starke Mann und seine Autorität oder eine starke Gruppe, wie sie seit der Professionalisierung nationaler Armeen im ausgehenden 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Militär darstellte, besser als repräsentative Demokratien
dem jeweiligen Land dauerhaften Frieden und die notwendige Ordnung sichern könnten, bestimmten deshalb die politischen Überzeugungen. Die Etablierung oft jahrzehntelanger Diktaturen und autoritärer Herrschaft war in vielen Ländern Lateinamerikas eine Tatsache.