Der Peloponnesische Krieg – Ein althistorischer Begleitkommentar durch das 1. Buch von Krüger,  Julian

Der Peloponnesische Krieg – Ein althistorischer Begleitkommentar durch das 1. Buch

Thukydides’ Peloponnesischen Krieg las ich erstmals als Student der Alten Geschichte im Sommer 1981. Seitdem beschäftigt er mich wiederholt. Der Realismus und die geistige Schärfe der rund 2400 Jahre alten Schrift vermögen noch heute zu faszinieren und auch zu erstaunen. Allgemein gesprochen verbinden sich in dem Werk dieses antiken Intellektuellen in seiner manchmal ungelenken, dunklen Prosa auf ganz unmoderne, überzeitliche Weise Fragen von Leben, Vergehen, Staat, Machtausübung, Dulden, Denken und Streiten zu einer kaum je wieder erlangten Dichte und Einheit. Nicht von ungefähr fällt sein Wirken in eine Zeit kultureller Höhepunkte in der antiken Theaterkunst, utilitaristischem Denken und wirkungsvoller Redekunst. Ein Schriftsteller dieses Formats ist doch wesentlich aus sich selbst zu verstehen (W. Müri). Und doch haben Forscher verschiedener Nationen sich seit dem 19. Jh. um Verständnis und Analyse des Textes im engeren Sinne bemüht. Darunter sind unzählige deutschsprachige Beträge.Ein althistorischer Kommentar für deutsche Leser fehlt jedoch. Mit der Kommentierung will diese Publikation als Studienbegleiter kapitelweise durch das 1. Buch führen. Wesentliche Einsichten und Probleme des Textes und wichtiger Themen des 5. Jhs. sind hier angesprochen oder, wenn zu weit führend, durch Verweise erschließbar.
Das 1. Buch ist mit seinem vielschichtigen Aufbau und in Stil und Aussage ein hochrangiges Meisterwerk. Hinleitung und Erklärung der Vorgeschichte des Krieges ist in einer Art Collage nachvollziehbar gestaltet: Einleitung, griechische Frühzeit, die Anlässe um Kerkyra und Poteidaia, Versammlung der Peloponnesier, Rückblick auf die letzten 50 Jahre seit den Perserkriegen (die tieferen Ursachen); Kriegsbeschluß und wechselseitige Vorwürfe mit diplomatischem Geplänkel und erster Periklesrede. Diese einzelnen Teile der Collage werden – neben den Reden – von Excursen gebildet, die, ausgehend von Thesen, immer wieder neu ansetzen und vor allem der Verdeutlichung des Krisengeschehens dienen sollen, das zum Kriegsausbruch führte. Nicht unwichtig ist die Tatsache, daß Thukydides nicht als alternder Politiker oder Offizier, sondern als 25-30jähriger Mann seine historische und schriftstellerische Arbeit begonnen hat und als Zeitgenosse schreibt.
Die vorliegende Fassung des 8 Bücher umfassenden Werkes ist sicher nach dem Ende des Krieges 404 nochmals überarbeitet (Thuk.2,65), aber vom Autor nicht in eine abschließende Form gebracht worden. Die Hauptfrage nach der Entwicklung des Th. als zeitgenössischer Berichterstatter eines langen, ergebnisoffenen Geschehens ist bis heute nicht beantwortet. Zu Recht äußert Hornblower (A Commentary on Thucydides, Vol. I, 195): Es ist irreführend, Buch 1 so zu behandeln, als ob dessen Gedanken mit einem Mal da waren und dabei alle offenkundigen Ungereimtheiten auszumerzen. Ebenso falsch wäre es natürlich, seinen Text in mehrere Lagen der Abfassung(szeit) zu unterteilen (Übers. d. Verf.). Dies benennt den Streit zwischen den „Unitariern“ und den „Analytikern“. Trotz des bis heute negativen Ergebnisses hinsichtlich einer erkennbaren konzeptionellen Entwicklung des Autors und seines Werkes hat die ungeheure Forschungsarbeit der letzten knapp 200 Jahre uns das Werk viel intensiver verstehen gelehrt.
Jüngst hat die anspruchsvolle Arbeit von M. Hagmaier (2008) wieder gewichtige Argumente für eine bewußt durchgestaltete Einheitlichkeit wenigstens des 1. Buches vorgetragen, in der sich (auch zeitliche) Schichten der Werkentstehung kaum erkennen lassen.
Ein Hauptproblem vor allem früherer Interpretationen liegt in der Vorstellung des jeweiligen Interpreten von Konzeption und Vollendetheit des (nicht abgeschlossenen) Werkes, die mehr oder weniger überzeugend dem Thukydides unterstellt wird. Wir können jedoch nicht wissen, wie er sein vollständiges Werk hinterlassen hätte. Methodisch zielführend erscheint mir, das jetzt Vorliegende, wie er es geben konnte, zu interpretieren und zwar nach Möglichkeit schlicht und unkompliziert.
Die ungeheure Vielfalt möglicher Blickwinkel und wissenschaftlicher Positionen auf das Werk darzustellen, ist im Rahmen dieses kommentierenden Begleiters nicht möglich. Es sollen grundlegende Einsichten vermittelt werden. Gelegentliche Wiederholungen in unterschiedlichen Zusammenhängen lassen sich nicht vermeiden. Rein sprachwissenschaftliche und seit einiger Zeit im Schwange befindliche rezeptions-/erkenntnistheoretische Fragen (auch im Hinblick auf das Lesepublikum) sind nur am Rande berührt. Das Literaturverzeichnis, das überwiegend Arbeiten der letzten Jahrzehnte enthält, erschließt – besonders in Handbüchern und Aufsatzsammlungen – umfassend weitere, auch frühere Forschungsdiskussionen und Beiträge. Auf die dort enthaltenen, zum Teil sehr ausführlichen Literaturverzeichnisse sei ausdrücklich verwiesen. Im Haupttext gekürzte Literaturangaben sind im Literaturverzeichnis vollständig wiedergegeben. Für Literatur jüngeren Datums zu Personen, Orten und Realien sei allgemein auf die Artikel im „Neuen Pauly“ (DNP) verwiesen; für Angaben zu Personen aus Attika generell auf die Benutzung der Prosopographien. Die Namen und Chronologie der athenischen Amtsträger hat Develin. Zur Chronologie s. neben den Zeittafeln in Handbüchern besonders die Arbeiten von Beyer/Heideking, S. Lauffer und die chronolog. Anm. CAH 2nd Ed., Vol. V, 499ff.
Eine Überblickszusammenstellung und Charakterisierung der antiken Parallelüberlieferung zu Th.’ Werk hat M. Hose, The Peloponnesian War: Sources other than Thucydides, in: Brill’s Companion to Thucydides, 2006, 669-90 erarbeitet (s. auch schon Gomme, Th. I, 29-84). Auch über Thukydides hat sich Jacob Burckhardt in überzeitlicher, weiser Art zutreffend geäußert: „Ohne aufdringliche Bemerkungen, mit den leisesten Mitteln läßt er uns die Notwendigkeit als solche empfinden. So hat er denn der Welt den großen Dienst geleistet zu zeigen, bis zu welchem Grade sich eine Krisis wahrheitsliebend schildern läßt.“ (Griechische Kulturgeschichte, Bd. 3, S. 413)

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