Das Gedächtnis des Gedächtnisses
Zur Präsenz von Ritualen in beschreibenden und reflektierenden Texten
Benedikt Kranemann, Jörg Rüpke
Schrift-Performanz-Beziehungen in der römischen Religionsgeschichte – Überlegungen zur Auffindung des Sarkophags Numas im Jahr 181 v. Chr. – Zur Gestalt und Funktion liturgischer Bücher in der Neuzeit – Gottesgericht, Ehrenhandel und literarische Performanz bei Kleist, Conrad und Puschkin – Kognitive Ritualtheorie: Überlegungen anhand der Reaktion der russischen Altgläubigen auf rituelle und textuelle Reformen.
Rituale sind von den Rändern ethnologischer und frühgeschichtlicher Disziplinen in das Zentrum kulturwissenschaftlicher Forschung gedrungen. Zum einen werden sie in ihrer Referenzialität, und damit als Träger gesellschaftlichen Wissens, ernst genommen. Aus dem „kulturellen Gedächtnis“ sind sie gerade in schwach literarisierten Gesellschaften und Gruppen auch der Gegenwart nicht wegzudenken. Rituale sind aber zum anderen gerde in ihrer Performativität entdeckt worden. Es geht nicht um mechanische Wiederholung, sondern um expressive Handlung je wechselnder Individuen und Situationen. Nicht nur als stereotype Handlungsfolgen, sondern gerade in ihrer Variabilität öffnen sich Rituale unterschiedlichsten Funktionalisierungen und Wahrnehmungen.