Globale Krisen und Kritik

Globale Krisen und Kritik von Stapelfeldt,  Gerhard
Die Verallgemeinerung der neoliberalen bürgerlichen Ökonomie zur Neuen Weltordnung der Globalisierung schien einmal, nach 1989/91, das „Ende aller Hostilitäten“ (Kant) und damit das Ende des Death of Nations zu versprechen. Das Ende des Kalten Krieges, ausgetragen in einem atomaren Wettrüsten in den USA sowie in der UdSSR vor allem sowie in Stellvertreterkriegen in Afrika und Asien, eröffnete die Aussicht auf eine ‚Friedensdividende‘: die Umleitung gewaltiger finanzieller Ressourcen von der Waffenproduktion in die Entwicklungspolitik zur Abschaffung des weltweiten Massenelends. Diese Hoffnung zerstob alsbald. Kaum war die ‚Neue Weltordnung‘ verkündet, gebar die Globalisierung ökonomische, politische, gesellschaftliche, kulturelle Krisen. Die neoliberale Welt-Integration erwies sich als Einheit durch Desintegration. Kriege und Massenelend wurden ebenso in alten wie in neuen Formen reproduziert. Seit 2008 treten diese Krisen in immer schnellerer Folge auf. Sie bedrohen sogar die formale bürgerliche Demokratie durch einen ebenso neuen wie alten Autoritarismus, sie werden sogar als Existenzbedrohungen der Menschheit wahrgenommen und angeklagt. Die Krisen, die die Weltgesellschaft tief erschüttern, produzieren indes keine Kritik, die die Aussicht auf Abschaffung der Krisenlogik eröffnete, sondern nur verschiedene, teils gegensätzliche Formen einer neoliberalen Kritik des globalen Neoliberalismus: Formen einer theoretisch und praktisch konformistischen Kritik. Wer sich in die Logik des destruktiven Fortschritts versenkt, nicht um das Unglück zu genießen, sondern um den Bann des Unglücks zu brechen, gilt als Verzweifelter. Wer an der Möglichkeit dialektischer Kritik, an der Hoffnung auf eine „revolutionäre Praxis“ (Marx, MEW 3: 6) festhält, die sich auf die Verwirklichung eines „vernünftigen Zustands“ richtet, in dem die „Versöhnung der Menschheit mit der Natur und mit sich selbst“ erreicht wäre (Engels, MEW 1: 505, 509), erfährt seine Fremdheit inmitten globaler Krisen. Es bedarf der Orientierungen, um jene Möglichkeiten kritischer Theorie und Praxis zu erkunden. Gerhard Stapelfeldt lehrte bis 2009 als Professor am Institut für Soziologie der Universität Hamburg. Seitdem arbeitet er als freier Schriftsteller in Hamburg.
Aktualisiert: 2023-04-06
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Der Geist des Widerspruchs

Der Geist des Widerspruchs von Stapelfeldt,  Gerhard
Der Geist des Widerspruchs: die Dialektik, scheint aus der neoliberalen Gesellschaft und Politik-Ökonomie getilgt. Der Imperativ lautet: Anpassung an undurchschaubare, irrationale Verhältnisse. “Anpassung” fordert die neoliberale Theorie in Abwendung von jeder Form der Vernunft und des Rationalismus; Anpassung fordert die politische Administration - vom Internationalen Währungsfonds und der Weltbank bis zur EU-Kommission und bis zur Agenda 2010-Rede des Bundeskanzlers Schröder - im Namen der Globalisierung als eines transzendentalen Schicksals. Anpassung ist auch der Imperativ der neoliberalen Universität, der im Kontext der globalen “Wissensgesellschaft” und “Wissensökonomie” die Rolle der Produktion von verwertbarem Wissen und verwertbaren Menschen, die Auswendig-Entfremdetes auswendig zu reproduzieren haben, übertragen wurde. Der Imperativ der Anpassung setzt explizit einen gesellschaftlichen “Antirationalismus” (F. A. von Hayek) voraus, der unmittelbar eine gesellschaftliche Erinnerungslosigkeit einerseits, eine gesellschaftliche Hoffnungslosigkeit andererseits impliziert. Wem das Bestehende das Unerkennbare ist, verleugnet die Möglichkeit, die Verhältnisse genetisch und utopisch zu transzendieren, um sie erkennen zu können. Der Neoliberalismus verwirft jede Kritik: die theoretische ebenso wie die praktische. Unter diesen antirationalen Verhältnissen, in denen die Zerstörung der Aufklärung realitätsgerecht propagiert wird, scheint ein Widerspruch gegen das Bestehende nur als ein ohnmächtiges, dogmatisches Anrennen, das die Verhältnisse eher befestigt denn zum Tanzen bringt, möglich. Angesichts dessen ist der Logos des Widerspruchsgeistes zu bewahren und zu schärfen, ohne den es weder ein Bewußtsein der Gegenwart, noch eine Erinnerung, noch die “Aussicht auf eine neue Gesellschaft” (K. Marx) - auf vernünftige Verhältnisse - geben kann. Das freilich gelingt nicht im schlichten Rückgriff auf die Überlieferung: der globale Neoliberalismus gewinnt seine Legitimation aus der “Dialektik der Aufklärung”, deren gegenwärtiges Resultat er positiviert. So ist die Möglichkeit des Widerspruchsgeistes an dessen neoliberaler Negation freizulegen.
Aktualisiert: 2022-06-30
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Mythos und Logos

Mythos und Logos von Stapelfeldt,  Gerhard
Das Verhältnis von Mythos und Logos ist der Philosophie und ihrer Erbin, der Gesellschaftstheorie, fundamental: es geht um die Möglichkeit des Ausgangs aus der bewußtlosen gesellschaftlichen Entwicklung – es geht um die Möglichkeit eines wahren und guten Lebens. So ist das Verhältnis von Mythos und Logos in der Epoche des Liberalismus, in der Epoche der bürgerlichen Revolutionen, von Vico bis Marx aufgenommen worden. In der Zeit des Nationalsozialismus hingegen haben Horkheimer und Adorno das Verhältnis von Mythos und Aufklärung untersucht, um die Frage zu beantworten, warum die Menschheit in der Barbarei versinkt. An der Odyssee Homers vor allem wurde der Umschlag der Aufklärung in einen rationalen Mythos vorgeführt. Der seit 1973/79 herrschende Neoliberalismus hingegen bestimmt sich durch die Abkehr von der Idee der aufklärenden Vernunft und die Apologie des Mythos. So wird das Ende jener Idee des wahren und guten Lebens proklamiert, die die Philosophie seit der Antike bestimmte und die von der Gesellschaftstheorie aufgenommen worden ist. Der Text entwickelt das Verhältnis von Mythos und Logos an den Anfängen der europäischen Philosophie: an der ‚Entzauberung der Welt’ von Homer bis Sokrates. Der verhandelte Zeitraum umfaßt etwa 350 Jahre: die ‚archaische’ und die ‚klassische Periode’ bis zum Ende der Blütezeit Athens. Die Einleitung expliziert das philosophische und gesellschaftstheoretische Interesse am Verhältnis von Mythos und Logos. Das erste Kapitel skizziert, wirtschafts- und sozialgeschichtlich, die beiden Mechanismen, die die mythologische Welt aufbrechen: Kriege und Handel. Das zweite Kapitel analysiert an der durch Homer und Hesiod überlieferten Mythologie die Merkmale des Mythos und dessen aufklärerischen, philosophischen Gehalt. Das dritte Kapitel gilt den Vorsokratikern, bei denen der Logos erstmals Vorrang vor dem Mythos erlangt. Gegenstand des vorsokratischen Nachdenkens ist die physis, der Kosmos. Das vierte Kapitel würdigt Sokrates als den ersten Philosophen im genauen Sinn: die erste Selbstreflexion der Philosophie, so daß diese wesentlich Sozialphilosophie wird. Insgesamt entwickelt der Text philosophiegeschichtlich die Logik der Aufklärung des Mythos: unbewußter gesellschaftlicher Verhältnisse.
Aktualisiert: 2023-04-06
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Revolte der Natur und konformistischer Protest

Revolte der Natur und konformistischer Protest von Stapelfeldt,  Gerhard
Die Erkenntnis, daß die immer deutlicher spürbare „Klimakrise“ anthropogen verursacht ist, wird gegenwärtig nur noch von Rechtspopulisten bestritten. Dennoch sind nicht die „anthropogenen“, also gesellschaftlichen und ökonomischen Ursachen gut erforscht, sondern nur die Erscheinungen und die naturwissenschaftlich zu bestimmenden Zusammenhänge. Analog fordern die Sprecherinnen der Klimaschutzbewegung Fridays for Future auch nur, den Klimaforschern solle endlich zugehört werden. Weil der Widerstand der Bewegung auf den Gebieten der Gesellschaftstheorie und Politischen Ökonomie analphabetisch ist und sich nicht gegen die gesellschaftlichen und ökonomischen Ursachen der Krise richtet, trifft er auf keinen nennenswerten gesellschaftlichen und politischen Widerstand. Das Aufbegehren der Klimaschutz-Aktivisten ist ein konformistischer Protest: eine neoliberale Kritik des globalisierten Neoliberalismus. Diese Untersuchung gilt der Metakritik dieses gesellschaftlichen und ökonomischen Analphabetismus: Die gesellschaftliche Sprachlosigkeit wird nicht abstrakt denunziert, sondern aus den bestehenden neoliberalen Verhältnissen aufgeklärt, um jene Bewußtlosigkeit zu überwinden und die Kritik der Bewegung gesellschaftstheoretisch und politisch-praktisch zu radikalisieren. Die Studie folgt der Tradition der Kritischen Theorie der Gesellschaft. Der Titel ist einer Vorlesung Max Horkheimers über ‚Die Revolte der Natur’ entlehnt. Dieser Titel bezeichnet nicht den Aufstand einer subjektiv-rebellischen Natur in der Innen- und Außenwelt des Menschen, sondern den Widerspruch von gesellschaftlicher Naturbeherrschung und unbeherrschter, unbeherrschbarer Natur. Die Studie beginnt mit einer Darstellung der Erscheinungsformen des Protests. Ausführlich analysiert wird das Selbstverständnis der Bewegung, wie es in den Publikationen der Wortführerinnen der Bewegung, Greta Thunberg und Luisa Neubauer, erscheint. Dieses Selbstverständnis wird aus dem Kontext der Dogmen des Neoliberalismus aufgeklärt. Abgeschlossen wird die Studie mit einer historisch-systematischen Darstellung des Zusammenhangs von Gesellschaftsform und Natur-Auffassung. Gerhard Stapelfeldt lehrte bis 2009 als Professor am Institut für Soziologie der Universität Hamburg. Seitdem arbeitet er als freier Schriftsteller in Hamburg.
Aktualisiert: 2023-04-06
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Der Aufbruch des konformistischen Geistes

Der Aufbruch des konformistischen Geistes von Stapelfeldt,  Gerhard
Der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog hat vor zehn Jahren, in seiner 'Ruck-Rede', "Bildung" als das "Megathema unserer Zeit" bezeichnet. Seit Jahren werden die Universitäten in Wissensbetriebe zur Produktion von ökonomisch verwertbarem Wissen und von Humankapital umgestaltet. Diese Reform wird von den Regierungen in der Europäischen Union gefordert und gefördert. Viele Hochschullehrer sind hingegen skeptisch. Die Studierenden protestieren vor allem wegen der Einführung von Studiengebühren. Die Verwandlung der Universitäten wurde nach 1990 eingeleitet im Kontext des europäischen Binnenmarktes und der Gründung der WTO. Der Start wurde 1999 in Bologna gegeben. Durch die Universitätsreform soll sich, nach dem Willen der EU, Europa in den weltweit größten und dynamischsten wissensgestützten Markt verwandeln. Die Folgen dieser Reform sind vielfältig. Ökonomisch nicht verwertbares Wissen, das vor allem in den Geisteswissenschaften erarbeitet wird, wird nicht mehr gebraucht. Die Forschung wird nicht auf Wahrheit, sondern auf ökonomische Werte verpflichtet. Die Lehre spielt nur noch eine untergeordnete Rolle. Das Studium gilt nicht mehr der Bildung, sondern reproduzierbarem, verwertbarem Wissen. Überall, zwischen und in den Universitäten, herrscht der Wettbewerb. Jeder kalkuliert und evaluiert jeden und sich selbst. Es entsteht ein Wettlauf, um zur Elite zu gehören. Das gelingt nur durch Anpassung an den Zeitgeist. Die neoliberale Universität zerstört die Bildung, setzt die Lehre herab, verwandelt Studierende in oritäre Charaktere und läßt die Idee der Wahrheit hinter sich. Das alles geschieht unter der proklamierten Zielsetzung, Forschungsleistungen zu steigern und die Lehre effektiver zu gestalten. Die Universität wird reformiert, bis sie liquidiert ist. Der Text analysiert die Logik der neoliberalen Universitätsreform. Die Durchführung und die Folgen der Reform werden exemplarisch dargestellt am Institut für Soziologie der Universität Hamburg.
Aktualisiert: 2019-12-20
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Der Aufbruch des konformistischen Geistes

Der Aufbruch des konformistischen Geistes von Stapelfeldt,  Gerhard
Die Textsammlung enthält Vorträge und Aufsätze zur Idee emanzipatorischer Bildung und deren Zerstörung durch die Ordnung des Neoliberalismus. Weil diese Ordnung sich zu einer globalen Wissensökonomie verallgemeinert, sind Reflexionen über Tendenzen des Bildungssystems nicht nur als Kulturkritik, sondern vor allem als Kritik des neoliberalen Kapitalismus relevant. Jene neoliberale Liquidierung der Idee von Bildung, die die Geschichte der Zerstörung der Vernunft (Lukács) in neuer Form fortsetzt, wird seit 1995 global durch die Welthandelsorganisation und seit mehr als zehn Jahren auf europäischer Ebene durch den Bologna-Prozeß der Europäischen Union in Form von Umstrukturierungen der Universitäten durchgesetzt. Der Titelaufsatz klärt in Form von zwölf Thesen über die Logik der neoliberalen Universitätsreform in Deutschland auf. Reflektiert wird über die Konsequenzen dieser Reform für das Studium, die Lehre und die Forschung in den Sozial- und Geisteswissenschaften. Die Folgen jener Reform sind vielfältig. Ökonomisch nicht verwertbares Wissen, das vor allem in den Geisteswissenschaften erarbeitet wird, wird nicht mehr gebraucht. Die Forschung wird nicht auf Wahrheit, sondern auf ökonomische Werte verpflichtet. Die Lehre spielt nur noch eine untergeordnete Rolle. Das Studium gilt nicht der Bildung, sondern reproduzierbarem, verwertbarem Wissen. Überall, zwischen und in den Universitäten, herrschen der Wettbewerb und die betriebswirtschaftliche Rationalität. Jeder kalkuliert und evaluiert jeden und sich selbst. Es entsteht ein globaler Wettlauf, um zur Elite zu gehören. Das gelingt nur durch Anpassung an den Zeitgeist. Die neoliberale Universität lässt die Ideen der Bildung und der Wahrheit hinter sich, setzt die Lehre herab und verwandelt Studierende in oritäre Charaktere. Das alles geschieht unter der proklamierten Zielsetzung, Forschungsleistungen zu steigern und die Lehre effektiver zu gestalten. Die Universität wird in einen Wirtschaftsbetrieb verwandelt, der Wissens-Kapital und Human-Kapital produziert. Zum Autor: Gerhard Stapelfeldt lehrte bis 2009 als Professor am Institut für Soziologie der Universität Hamburg
Aktualisiert: 2019-12-20
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Der Aufbruch des konformistischen Geistes

Der Aufbruch des konformistischen Geistes von Stapelfeldt,  Gerhard
Die vorliegende, im Jahre 2007 erstmals publizierte Textsammlung enthält das Material zu einigen Vorträgen, die ich in den letzten Jahren gehalten habe, sowie zwei kleine Aufsätze. Verhandelt wird die Idee emanzipatorischer Bildung und deren Zerstörung durch die Ordnung des Neoliberalismus. Der neue Liberalismus hat sich nach 1973/75 sukzessiv durchgesetzt und nach 1990/95 zur ‚Globalisierung’ verallgemeinert. Weil diese Ordnung sich als eine globale Wissensgesellschaft und Wissensökonomie konstituiert hat, sind Reflexionen über Tendenzen des Bildungssystems nicht nur als Kulturkritik, sondern vor allem als Kritik der Politischen Ökonomie des neoliberalen Kapitalismus relevant. Jene neoliberale Liquidierung der Utopie von Bildung ist Ausdruck der Geschichte der Zerstörung der Vernunft (Lukács), in der die Selbstnegation der bürgerlichen Aufklärung mit dem Fortschritt der bürgerlichen Gegenaufklärung koinzidiert. Das gegenwärtige Resultat dieses destruktiven Fortschritts ist eine Welt des gesellschaftlichen Analphabetismus: eine Welt, in der die liberale „List der Vernunft“ sich zu einem irrationalen Allgemeinen, in der der liberale Fetischismus sich zu einem sozialatomistischen Rationalismus verfestigt hat. Der irrationale Rationalismus, als logos des Neoliberalismus, ist real als eine Wettbewerbsgesellschaft, die durch jenen logos zentral eine Wissensgesellschaft ist. Die neoliberale „Gesellschaftstheorie“ (Hayek) liefert die Apologie dieser Ordnung der neuen Freiheit, dieses gesellschaftlichen Fetischismus und Analphabetismus. Die deutsche Soziologie ist der neoliberalen Gesellschaftstheorie seit 1982 durch eine kulturwissenschaftliche Wendung und einen fachwissenschaftlichen Atomismus gefolgt. Die Institution des gesellschaftlichen und gesellschaftswissenschaftlichen Fetischismus ist die neoliberale Universität. Die Universitäten wurden nach 1990/95 unter die Ordnung des neoliberalen Wettbewerbs gestellt: durch die Welthandelsorganisation (WTO); durch die OECD; durch den ‚Bologna-Prozeß‘ der Europäischen Union. Den neuen Universitäten wird ihre gesellschaftliche Funktion deutlich vorgeschrieben: „die Produktion von Wissen“ kann sich „als Schnellspur zu höherem Wachstum erweisen“ (UNDP). Gerhard Stapelfeldt lehrte bis 2009 als Professor am Institut für Soziologie der Universität Hamburg. Seitdem arbeitet er als freier Schriftsteller in Hamburg.
Aktualisiert: 2023-04-06
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Über Antisemitismus – Zur Dialektik der Gegenaufklärung

Über Antisemitismus – Zur Dialektik der Gegenaufklärung von Stapelfeldt,  Gerhard
Der Antisemitismus ist keine richtige Aussage, auch keine Lüge, sondern das Vorurteil der Bürger einer irrational-autoritären, konformistischen Volksgemeinschaft über die Juden. Weil diese Bürger ohne ein aufgeklärtes Bewußtsein ihrer selbst und ihrer Verhältnisse sind, ist ihre Auffassung von Juden eine bewußtlose paranoide Projektion. Daher ist der Antisemitismus nicht aus dem Judentum aufzuklären, sondern aus den Strukturen der antisemitischen Gemeinschaft, der autoritären Gesellschaft autoritärer Charaktere, denen die Welt in „Freund und Feind“ zerfällt. Unter dem Aspekt der Ideologie sind den konformistischen Charakteren die Juden kein kosmopolitischer Spiegel, durch den sie ein reflektiertes Bewußtsein ihrer selbst und der Anderen erlangen, sondern abstrakt entgegen gesetzte, bedrohliche Fremde, die als frei von konformistischer Selbst-Unterdrückung erscheinen: als Personifikationen von Herrschaft, als Personifikationen utopischen Glücks. In Phasen allgemeiner Krisen revoltieren die konformistischen Charaktere nicht gegen reale Herrschaftsverhältnisse, sondern gegen die als Fremde schlechthin gesetzten Juden. Die konformistische Revolte zielt nicht auf die Abschaffung von Unterdrückung, sondern auf deren Verallgemeinerung. Die Juden erscheinen als Feinde, die in einem Kampf ums Dasein zu liquidieren sind. Während Horkheimer und Adorno in ihrer Dialektik der Aufklärung die Barbarei aus der Selbstzerstörung der Aufklärung begriffen, wird im vorliegenden Text eine dialektische Aufklärung der Genese und Entwicklung der deutschen Gegenaufklärung von der zeitgenössischen Kritik der Französischen Revolution bis zum Nationalsozialismus und zum Neoliberalismus versucht. Das Bewußtsein des Antisemitismus erweist sich, durch diese Dialektik, als eine theoretische und praktische Vernunft-Utopie. Daher wird keine Beantwortung der Frage, was Antisemitismus sei, gegeben, sondern – in der Tradition des Sokrates – die Frage untersucht.
Aktualisiert: 2023-04-06
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Soziologische Gegenaufklärung

Soziologische Gegenaufklärung von Stapelfeldt,  Gerhard
Der zentrale Erfahrungsgehalt der Kritischen Theorie der Gesellschaft war, bei Horkheimer und Adorno, die „Barbarei“; die Kritik galt der Aufklärung von Nationalsozialismus und Antisemitismus aus der Selbstzerstörung der liberalen Aufklärung. Die erste Aufgabe einer kritischen Theorie heute ist daher die Aufklärung der Genesis der Barbarei und deren Verdrängung durch den gegenaufklärerischen neuen Liberalismus: den Ordo-, vor allem den Neoliberalismus. In der Gegenaufklärung koinzidiert ein gesellschaftlicher Irrationalismus mit einer geschichtlichen Erinnerungs- und Hoffnungslo¬sigkeit. Einzig durch die Kritik jenes Liberalismus, der eine Erinnerung des Nationalsozialismus zu verstellen scheint, ist dessen Genesis zu begreifen. Die hier versammelten Aufsätze gelten weitgehend dieser Aufklärung, ver¬mittelt durch eine Kritik der soziologischen Gegenaufklärung. Die Differenz von Gesellschaftstheorie und Soziologie läßt sich, nach der Theorie- und Gesellschaftsgeschichte, in Rücksicht auf jenes bewußtlose Allgemeine bestimmen, das liberal als invisible Hand oder „zweite Natur“ aufgefasst wurde. Die Soziologie fixiert dieses Bewußtlose naturwissenschaftlich-positivistisch zur Gesellschafts-Natur oder geisteswissenschaftlich-positivistisch zur gesellschaftlichen Irrationalität. Eine Soziologische Aufklärung (Luhmann) kann es, nach dem Gründungszusammenhang der Wissenschaft, nicht geben. Die Soziologie untersucht den logos der societas, indem sie die Verhältnisse rationalistisch oder irrationalistisch voraussetzt: sie geht vom Selbstverständnis von Gesellschaften aus. Dieses ist, seit der globalen Krisis von 1971/81, geprägt durch den neoliberalen gesellschaftlichen Irrationalismus, der erinnerungslos den Nationalsozialismus verdrängt: durch die Gegenaufklärung. Die Aufklärung des bewußtlosen Allgemeinen hat daher wesentlich durch die Kritik der soziologischen Gegenaufklärung zu erfolgen. Gerhard Stapelfeldt lehrte bis 2009 als Professor am Institut für Soziologie der Universität Hamburg. Seitdem arbeitet er als freier Schriftsteller in Hamburg.
Aktualisiert: 2023-04-06
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Der Merkantilismus

Der Merkantilismus von Stapelfeldt,  Gerhard
Der Text ist der erste einer Reihe über die Epochen der bürgerlichen Ökonomie. Es werden Dar-stellungen des Liberalismus und des Imperialismus folgen. In diesen Texten geht es um eine historisch-genetische Darstellung des Systems der bürgerlichen Ökonomie, des “historischen Kapitalismus” (Wallerstein). Das erste Kapitel liefert eine Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Merkantilismus von den An-fängen bis zum Übergang in den Liberalismus. Das zweite Kapitel behandelt die englische Politik-Ökonomie und Gesellschaftsphilosophie des Merkantilismus. Es werden die Hauptwerke von Thomas Hobbes, William Petty, John Locke, John Law, Bernard Mandeville und David Hume kritisch erörtert. Am Schluß stehen die utopi-schen Kritiken von Thomas More und Francis Bacon. Das dritte Kapitel behandelt die Französische Politische Ökonomie von Pierre Le Pesant de Boisguilbert bis zu François Quesnay und Anne Robert Jacques Turgot. Am Schluß steht hier die zeitgenössische utopische Kritik der europäischen Welteroberung von Michel de Montaigne. Zum Abschluß werden die realen und theoretischen Tendenzen herausgestellt, die den Übergang vom Merkantilismus in die nachfolgende Phase des Liberalismus anzeigen.
Aktualisiert: 2022-11-22
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Der Imperialismus – Krise und Krieg 1870/73 bis 1918/29

Der Imperialismus – Krise und Krieg 1870/73 bis 1918/29 von Stapelfeldt,  Gerhard
Die Schrift "Der Imperialismus. Krise und Krieg von 1870/73 bis 1918/29" behandelt die bürgerliche Politische Ökonomie in der Epoche zwischen zwei Weltwirtschaftskrisen: zwischen der Großen Depression von 1873-79 und der Krise von 1929-33. Bürgerliche Gesellschaft und Ökonomie hatten sich im Kontext der Großen Depression von der Vernunft-Utopie der bürgerlichen Revolutionen von verabschiedet und waren in eine Epoche sozialbiologisch gerechtfertigten Machtkampfes zwischen Individuen und Nationen eingetreten, der im Ersten Weltkrieg terminierte. So ist der Zusammenhang von Krise und Krieg, der den aufklärerischen Zusammenhang von Krise und Kritik substituiert, das herausragende Merkmal der Epoche. Sein Spiegelbild ist ein politisch- ökonomischer Autoritarismus. Der Erste Band gilt der Genese und der Politischen Ökonomie, der Zweite Band gilt der Anthropologie und der Rationalität des Imperialismus (ISBN 978-3-8300-3655- 5). Beide Bände verweisen aufeinander, können aber einzeln gelesen werden. Der Erste Band umfaßt drei Kapitel. Das Erste Kapitel klärt die Dialektik des Fortschritts vom Liberalismus zum Imperialismus. Beide Epochen scheinen durch einen Abgrund getrennt. Hatte der klassische Liberalismus die Utopie der weltbürgerlichen Freiheit, des 'ewigen Friedens', des 'Wohlstands der Nationen' und des vernünftigen Individuums als "gegründete Hoffnung" (Kant) expliziert, so erscheint ein Jahrhundert später dem Bürgertum die Welt des Imperialismus als eine Maschinenwelt von Maschinenmenschen, das Verhältnis der Volksnationen als ein ökonomisch-militärischer Machtkampf und das Individuum als ein biologisches Wesen. Das Zweite Kapitel expliziert die Politische Ökonomie des Imperialismus. In der bürgerlichen Ökonomie wurde die vollständige Verdinglichung der gesellschaftlichen Verhältnisse durch die Volkswirtschaftslehre (C. Menger) bewußtlos ausgesprochen und durch die kritische Wirtschaftssoziologie (M. Weber) reflektiert. Die wichtigsten Beiträge zur Imperialismus- Theorie aber lieferte die an Marx orientierte Ökonomiekritik von Hilferding, Luxemburg und Lenin. Das Dritte Kapitel endlich umreißt den Übergang des Imperialismus in die Epoche des staatsinterventionistischen Kapitalismus in den USA und Großbritannien einerseits, in den oritären Staat - den Nationalsozialismus - andererseits.
Aktualisiert: 2019-12-20
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Neoliberalismus – Autoritarismus – Strukturelle Gewalt

Neoliberalismus – Autoritarismus – Strukturelle Gewalt von Stapelfeldt,  Gerhard
Die Kritik der ökonomischen Rationalität setzt die, auf die Kritik der Politischen Ökonomie von K. Marx sowie auf die kritische Theorie der Gesellschaft von M. Horkheimer und Th. W. Adorno zurückgehende, Tradition einer ökonomiekritisch begründeten und geschichtsphilosophisch reflektierten Gesellschaftstheorie fort. Der Band bietet Vorstudien, Ergänzungen und Reflexionen zu den bislang erschienenen vier Bänden der Kritik. Am Anfang stehen Überlegungen zur Frage einer Kritik der Politischen Ökonomie in der Tradition der Kritik von Marx, ausgeführt unter veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen. Es folgen Vorträge zur Kritik der Politischen Ökonomie des Neoliberalismus: behandelt wird die neoliberale Wissensgesellschaft sowie das Verhältnis des Neoliberalismus zu Rassismus und Antisemitismus. Die Kritik des Neoliberalismus wird exemplarisch am Werk Friedrich August von Hayeks entwickelt. Exemplarisch: um die Gefahr zu vermeiden, durch die Konstruktion des Gegenstands der Kritik diese a priori in eine günstige Position zu versetzen. Am Werk Hayeks: denn Hayek muss, als Schüler der Wiener Volkswirtschaftslehre und als Professor an den Universitäten Londons, Chicagos und Freiburgs sowie als Vordenker der Mont-Pélerin-Society, als Haupt des Neoliberalismus gelten. Die nachfolgenden Vorträge und Aufsätze analysieren die Durchsetzung und die Logik der neoliberalen Politik-Ökonomie auf den Ebenen der Bundesrepublik Deutschland, der Europäischen Union und des globalen Neoliberalismus. Jeweils ist der gesellschaftliche Autoritarismus des Neoliberalismus thematisch. Die abschliessenden beiden Texte sind als Anhang zusammengefasst, weil sie auch Autobiographisches zum Lernprozess des Autors enthalten. Zum Autor Gerhard Stapelfeldt lehrte bis 2009 als Professor am Institut für Soziologie der Universität Hamburg.
Aktualisiert: 2019-12-20
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Kritik der ökonomischen Rationalität / Kapitalistische Weltökonomie

Kritik der ökonomischen Rationalität / Kapitalistische Weltökonomie von Stapelfeldt,  Gerhard
Die Kritik der ökonomischen Rationalität setzt die Tradition einer ökonomiekritisch begründeten und geschichtsphilosophisch reflektierten Gesellschaftstheorie fort. Der vierte und letzte Teil der Kritik behandelt die kapitalistische Weltökonomie seit der Weltwirtschaftskrise von 1929/33 und wird in vier Büchern, drei Bänden, publiziert. Buch I gilt der Epoche des staatsinterventionistischen Kapitalismus (1933-75) und analysiert die Struktur Weltökonomie unter logischen, institutionellen und empirischen Aspekten. Buch II stellt analog die kapitalistische Weltökonomie in der Epoche von Neoliberalismus, Monetarismus und Globalisierung (nach 1975) dar. Buch III gibt eine kritische Beschreibung der bedeutendsten Institutionen der kapitalistischen Weltökonomie: IMF, Weltbank, WTO. Buch IV endlich gilt der Kritik der sozialwissenschaftlichen Debatten über den globalen Neoliberalismus. Das erste Buch skizziert einleitend, orientiert an der Dialektik der Aufklärung, die Entstehung und Entwicklung des Kapitalismus als Weltökonomie bis zu den Epochen des Staatsinterventionismus und des Neoliberalismus. Das erste Kapitel gilt dann der logischen Struktur der Weltwirtschaft in der Epoche des geplanten Kapitalismus (1933-75); das Thema wird in Rücksicht auf die beiden herausragenden Formen des Staatsinterventionismus nach 1933 entwickelt - den Fortgang vom nationalen Liberalismus zum Nationalsozialismus in Deutschland einerseits, den Keynesianismus und die New-Deal-Politik der USA andererseits. Das zweite Kapitel erläutert die institutionelle Struktur der Weltwirtschaft zwischen 1944/45 und 1973: das System von Bretton-Woods, das als Internationalisierung der New-Deal-Politik aufzufassen ist. Das dritte Kapitel behandelt die empirische Struktur der Weltwirtschaft um 1965/75; im Mittelpunkt steht das Verhältnis von Erster und Dritter Welt. Das vierte Kapitel stellt den Zusammenbruch des staatsinterventionistischen Kapitalismus während der Weltwirtschaftskrise 1973/79 dar, diskutiert die Kritik des Staatsinterventionismus durch die Dependenztheorie, skizziert das von den Entwicklungsländern innerhalb der UNCTAD ausgearbeitete Projekt einer Neuen Weltwirtschaftsordnung und umreißt endlich den Übergang vom Staatsinterventionismus zum Neoliberalismus um 1975/80 und zur Globalisierung um 1990. Im Anhang wird die Geschichte der Befreiungs- und Volksbewegungen in Lateinamerika 1492-1992 gegen die Integration in die kapitalistische Weltökonomie beschrieben. Gerhard Stapelfeldt ist Professor am Institut für Soziologie der Universität Hamburg.
Aktualisiert: 2019-12-20
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Aufstieg und Fall des Individuums

Aufstieg und Fall des Individuums von Stapelfeldt,  Gerhard
Die konformistische Gesellschaft ist, paradox, eine ent-individualisierte, darum atomisierte Gesellschaft durch ihre totale Bewußtlosigkeit: durch ihre Erinnerungs- und Hoffnungslosigkeit. Wenn die Psychoanalyse diesen gesellschaftlichen Autoritarismus im Individuum als verinnerlichte Herrschaft aufklärt, so verweist sie auf die Struktur des zugrunde liegenden logos der societas. Dieser wäre, in der Tradition der Marxschen Kritik, durch eine Dialektik der ökonomischen Rationalisierung aufzuklären, die die Entwicklung des politisch-ökonomischen Fetischismus zu einem gesellschaftlichen Irrationalismus geschichtsphilosophisch nachzeichnete. Gesellschaftstheoretisch entspräche dem eine Kritik der bürgerlichen Anthropologie.
Aktualisiert: 2022-11-22
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Das Problem des Anfangs in der Kritik der Politischen Ökonomie von Karl Marx

Das Problem des Anfangs in der Kritik der Politischen Ökonomie von Karl Marx von Bredtmann,  Bastian, Plass,  Hanno, Stapelfeldt,  Gerhard
Die Studie Das Problem des Anfangs verhandelt Grundfragen einer Kritischen Theorie der Gesellschaft in Form einer Kritik der Politischen Ökonomie, welche vermittelt durch die Dialektik der Aufklärung Adornos und Horkheimers gelesen wird. Geklärt wird die unzureichende Rezeption Adam Smiths und David Ricardos durch die Marx-Forschung einerseits und das Verhältnis von Hegelscher Phänomenologie des Geistes sowie Wissenschaft der Logik und Kritik der Politischen Ökonomie andererseits. Wenn im dialektischen Denken - dem "methodisch ausgebildeten Widerspruchsgeist" (Hegel) - der Anfang bereits die Entfaltung enthält, ist die Bestimmung des Anfangs von zentraler Bedeutung für die Methode der Forschung und Darstellung. Die Studie nimmt somit Bezug auf die Frage Hegels: "Womit muss der Anfang in der Wissenschaft gemacht werden?" - einem Kernproblem dialektischer Gesellschaftstheorie. Behandelt wird das Problem des Anfangs in der Kritik der Politischen Ökonomie, im Kapital von Karl Marx: die Argumentation des Waren-Kapitels, das Verhältnis des Waren-Kapitels zur Darstellung der "Verwandlung von Geld in Kapital" und die Beziehung von Anfang und Fortgang. Im ersten Kapitel werden die Strukturbeziehungen der klassischen Politischen Ökonomie Englands und der Philosophie Hegels diskutiert. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Anfang der Kritik der Politischen Ökonomie, mit dem Begriff des Wertes und der Wertform-Theorie. Im dritten Kapitel "Zur Dialektik der Kritik der Politischen Ökonomie" wird vor allem der Hegelsche Begriff der Entzweiung als Entstehungs- und Einheitsmoment von Krise und Kritik im Kapital ausgemacht. Die Rechtsgründe der Kritik am Produktionsparadigma werden insofern aufgenommen, als die Marxsche Lehre vom "Doppelcharakter der in den Waren dargestellten Arbeit" gelesen wird als negative Einheit von gesellschaftlichem Verhältnis und Verhalten des Menschen zur Natur. Bei dem Buch handelt es sich um die vollständig überarbeitete und erweiterte Neuauflage der 1979 im Campus-Verlag erschienenen Dissertation von Gerhard Stapelfeldt. Entstanden ist die Schrift aus den Marx-Debatten der 60er und 70er Jahre; was von Interpreten des Kapitals zumeist nur als Desiderat eingefordert wurde, löst Das Problem des Anfangs ein und stellt somit einen wichtigen Beitrag zur Marx-Forschung dar. Die Darstellung ist keine immanente Rekonstruktion des Werks von Marx, sondern begreift Das Kapital als immanente Kritik: das allein entspricht einer dialektischen Theorie der Gesellschaft. Diese bewahrt die Marxsche Utopie einer vernünftig eingerichteten Welt und legt dar, dass die Utopie als Kritik des Bestehenden nur negativ sein kann.
Aktualisiert: 2019-12-20
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Mythos und Logos

Mythos und Logos von Stapelfeldt,  Gerhard
Das Verhältnis von Mythos und Logos ist der Philosophie und ihrer Erbin, der Gesellschaftstheorie, fundamental: es geht um die Möglichkeit des Ausgangs aus der bewußtlosen gesellschaftlichen Entwicklung - es geht um die Möglichkeit eines wahren und guten Lebens. So ist das Verhältnis von Mythos und Logos in der Epoche des Liberalismus, in der Epoche der bürgerlichen Revolutionen, von Vico bis Marx aufgenommen worden. In der Zeit des Nationalsozialismus hingegen haben Horkheimer und Adorno das Verhältnis von Mythos und Aufklärung untersucht, um die Frage zu beantworten, warum die Menschheit in der Barbarei versinkt. An der Odyssee Homers vor allem wurde der Umschlag der Aufklärung in einen rationalen Mythos vorgeführt. Der seit 1973/79 herrschende Neoliberalismus hingegen bestimmt sich durch die Abkehr von der Idee der aufklärenden Vernunft und die Apologie des Mythos. So wird das Ende jener Idee des wahren und guten Lebens proklamiert, die die Philosophie seit der Antike bestimmte und die von der Gesellschaftstheorie aufgenommen worden ist. Der Text entwickelt das Verhältnis von Mythos und Logos an den Anfängen der europäischen Philosophie: an der 'Entzauberung der Welt' von Homer bis Sokrates. Der verhandelte Zeitraum umfaßt etwa 350 Jahre: die 'archaische' und die 'klassische Periode' bis zum Ende der Blütezeit Athens. Die Einleitung expliziert das philosophische und gesellschaftstheoretische Interesse am Verhältnis von Mythos und Logos. Das erste Kapitel skizziert, wirtschafts- und sozialgeschichtlich, die beiden Mechanismen, die die mythologische Welt aufbrechen: Kriege und Handel. Das zweite Kapitel analysiert an der durch Homer und Hesiod überlieferten Mythologie die Merkmale des Mythos und dessen aufklärerischen, philosophischen Gehalt. Das dritte Kapitel gilt den Vorsokratikern, bei denen der Logos erstmals Vorrang vor dem Mythos erlangt. Gegenstand des vorsokratischen Nachdenkens ist die physis, der Kosmos. Das vierte Kapitel würdigt Sokrates als den ersten Philosophen im genauen Sinn: die erste Selbstreflexion der Philosophie, so daß diese wesentlich Sozialphilosophie wird. Insgesamt entwickelt der Text philosophiegeschichtlich die Logik der Aufklärung des Mythos: unbewußter gesellschaftlicher Verhältnisse.
Aktualisiert: 2019-12-20
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Kritik der ökonomischen Rationalität / Kapitalistische Weltökonomie

Kritik der ökonomischen Rationalität / Kapitalistische Weltökonomie von Stapelfeldt,  Gerhard
Die Kritik der ökonomischen Rationalität setzt die Tradition einer ökonomiekritisch begründeten und geschichtsphilosophisch reflektierten Gesellschaftstheorie fort. Gerhard Stapelfeldt ist Professor am Institut für Soziologie der Universität Hamburg.
Aktualisiert: 2019-12-20
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Der Geist des Widerspruchs

Der Geist des Widerspruchs von Stapelfeldt,  Gerhard
Der Geist des Widerspruchs: die Dialektik, scheint aus der neoliberalen Gesellschaft und Politik-Ökonomie getilgt. Der Imperativ lautet: Anpassung an undurchschaubare, irrationale Verhältnisse. “Anpassung” fordert die neoliberale Theorie in Abwendung von jeder Form der Vernunft und des Rationalismus; Anpassung fordert die politische Administration - vom Internationalen Währungsfonds und der Weltbank bis zur EU-Kommission und bis zur Agenda 2010-Rede des Bundeskanzlers Schröder - im Namen der Globalisierung als eines transzendentalen Schicksals. Anpassung ist auch der Imperativ der neoliberalen Universität, der im Kontext der globalen “Wissensgesellschaft” und “Wissensökonomie” die Rolle der Produktion von verwertbarem Wissen und verwertbaren Menschen, die Auswendig-Entfremdetes auswendig zu reproduzieren haben, übertragen wurde. Der Imperativ der Anpassung setzt explizit einen gesellschaftlichen “Antirationalismus” (F. A. von Hayek) voraus, der unmittelbar eine gesellschaftliche Erinnerungslosigkeit einerseits, eine gesellschaftliche Hoffnungslosigkeit andererseits impliziert. Wem das Bestehende das Unerkennbare ist, verleugnet die Möglichkeit, die Verhältnisse genetisch und utopisch zu transzendieren, um sie erkennen zu können. Der Neoliberalismus verwirft jede Kritik: die theoretische ebenso wie die praktische. Unter diesen antirationalen Verhältnissen, in denen die Zerstörung der Aufklärung realitätsgerecht propagiert wird, scheint ein Widerspruch gegen das Bestehende nur als ein ohnmächtiges, dogmatisches Anrennen, das die Verhältnisse eher befestigt denn zum Tanzen bringt, möglich. Angesichts dessen ist der Logos des Widerspruchsgeistes zu bewahren und zu schärfen, ohne den es weder ein Bewußtsein der Gegenwart, noch eine Erinnerung, noch die “Aussicht auf eine neue Gesellschaft” (K. Marx) - auf vernünftige Verhältnisse - geben kann. Das freilich gelingt nicht im schlichten Rückgriff auf die Überlieferung: der globale Neoliberalismus gewinnt seine Legitimation aus der “Dialektik der Aufklärung”, deren gegenwärtiges Resultat er positiviert. So ist die Möglichkeit des Widerspruchsgeistes an dessen neoliberaler Negation freizulegen.
Aktualisiert: 2022-11-22
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Dialektik der ökonomischen Rationalisierung

Dialektik der ökonomischen Rationalisierung von Stapelfeldt,  Gerhard
Die Kritik der ökonomischen Rationalität nimmt die Kritik der Politischen Ökonomie von Karl Marx durch eine Kritik der Politischen Ökonomie des neoliberalen und des unmittelbar vorangegangenen staatsinterventionistischen Kapitalismus auf. Diese Fortsetzung einer grossen Tradition ist indes nicht umstandslos möglich. Marx' Kritik galt einem liberalen Kapitalismus, der sich aufklärerisch zur vorangegangenen Gewaltgeschichte verhielt und mit utopischen Ansprüchen auf Herrschaft der Vernunft, kosmopolitische Freiheit, Gleichheit aller Menschen, Verwirklichung eines allgemeinen Interesses, Wohlstand der Nationen und ewigen Frieden auftrat. Die Kritik der Politischen Ökonomie konnte die bürgerliche Aufklärung kritisch gegen sich wenden und zeigen: dass der Liberalismus keineswegs mit der "Geschichte als Schlachtbank" (Hegel), mit der bewusstlos fortschreitenden Geschichte gebrochen hatte. Die Kritik der ökonomischen Rationalität gilt hingegen einem neuen politisch-ökonomischen Liberalismus, der sich von der aufklärenden Vernunft verabschiedet hat und damit: von einer aufklärenden Erinnerung der Gesellschaftsgeschichte, von einer aufklärenden Erkenntnis der "Gesellschaft als Ganzer", von einer "vernunftgegründeten Hoffnung" (Kant). Der Neoliberalismus ist eine Ideologie ohne Utopie. Das, was ist, ist - neoliberal betrachtet - alles. Die Verhältnisse sind total verdinglicht, der "Fetischcharakter der Ware" hat den genetischen Zusammenhang zur liberalen Aufklärung verloren und ist nur noch: vernunftlose "List" (Hegel). Der liberale Fetischismus hat sich zur Ersatzreligion fixiert. Die neue Dogmatik ist ein "Glaubensbekenntnis" (Hayek). Nichts scheint aus dem neoliberalen Gehäuse hinauszuführen. Zum Autor: Gerhard Stapelfeldt lehrte bis 2009 als Professor am Institut für Soziologie der Universität Hamburg.
Aktualisiert: 2019-12-20
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Der Geist des Widerspruchs

Der Geist des Widerspruchs von Stapelfeldt,  Gerhard
Der Geist des Widerspruchs: die Dialektik, scheint aus der neoliberalen Gesellschaft und Politik-Ökonomie getilgt. Der Imperativ lautet: Anpassung an undurchschaubare, irrationale Verhältnisse. “Anpassung” fordert die neoliberale Theorie in Abwendung von jeder Form der Vernunft und des Rationalismus; Anpassung fordert die politische Administration - vom Internationalen Währungsfonds und der Weltbank bis zur EU-Kommission und bis zur Agenda 2010-Rede des Bundeskanzlers Schröder - im Namen der Globalisierung als eines transzendentalen Schicksals. Anpassung ist auch der Imperativ der neoliberalen Universität, der im Kontext der globalen “Wissensgesellschaft” und “Wissensökonomie” die Rolle der Produktion von verwertbarem Wissen und verwertbaren Menschen, die Auswendig-Entfremdetes auswendig zu reproduzieren haben, übertragen wurde. Der Imperativ der Anpassung setzt explizit einen gesellschaftlichen “Antirationalismus” (F. A. von Hayek) voraus, der unmittelbar eine gesellschaftliche Erinnerungslosigkeit einerseits, eine gesellschaftliche Hoffnungslosigkeit andererseits impliziert. Wem das Bestehende das Unerkennbare ist, verleugnet die Möglichkeit, die Verhältnisse genetisch und utopisch zu transzendieren, um sie erkennen zu können. Der Neoliberalismus verwirft jede Kritik: die theoretische ebenso wie die praktische. Unter diesen antirationalen Verhältnissen, in denen die Zerstörung der Aufklärung realitätsgerecht propagiert wird, scheint ein Widerspruch gegen das Bestehende nur als ein ohnmächtiges, dogmatisches Anrennen, das die Verhältnisse eher befestigt denn zum Tanzen bringt, möglich. Angesichts dessen ist der Logos des Widerspruchsgeistes zu bewahren und zu schärfen, ohne den es weder ein Bewußtsein der Gegenwart, noch eine Erinnerung, noch die “Aussicht auf eine neue Gesellschaft” (K. Marx) - auf vernünftige Verhältnisse - geben kann. Das freilich gelingt nicht im schlichten Rückgriff auf die Überlieferung: der globale Neoliberalismus gewinnt seine Legitimation aus der “Dialektik der Aufklärung”, deren gegenwärtiges Resultat er positiviert. So ist die Möglichkeit des Widerspruchsgeistes an dessen neoliberaler Negation freizulegen.
Aktualisiert: 2022-06-30
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