Staatssozialismus oder Staatskapitalismus

Staatssozialismus oder Staatskapitalismus von Bammé,  Arno, Goldscheid,  Rudolf
Der Staat stellt die Verkörperung des gesellschaftlichen Gesamtwillens dar. Seiner zentralen Aufgabe, die Lösung der „sozialen Frage“ (Tönnies 1907), wird er nach wie vor kaum gerecht, weil er, als „Steuerstaat“ ständig unterfinanziert, der ökonomischen Macht international agierender Konzerne und des Finanzkapitals politisch nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen hat. Rudolf Goldscheid (1870-1931) fordert daher, darin Ferdinand Tönnies (1926) vergleichbar, eine Kapitalisierung des Staates, einen „Unternehmerstaat“. Sein Programm (1917) sah die Übernahme von etwa einem Drittel des Aktienkapitals der profitabelsten und größten Unternehmen vor, also jener Betriebe, die ohnehin bereits, wenngleich in „privater Hand“, als „vergesellschaftet“ gelten konnten und von professionellen Managern geführt wurden, die selbst nicht deren Eigentümer waren. Der Bedeutung des „Unternehmergeistes“, der allerdings nicht mit privatem Eigennutzdenken identisch sei, war er sich sehr wohl bewusst. Darin stimmte er mit Joseph Schumpeter (1911) überein. Entscheidend für ihn waren organisatorische Begabung und Erfindertalent, die sich ebenso gut für soziale Zwecke nutzbar machen lassen. Goldscheids Reformprogramm (1908) ist eingebettet in eine umfassende Sozialtheorie (1902), die sich wendet sowohl gegen den liberalen Marktfundamentalismus einer entfesselten Profitwirtschaft, die keine Grenzen kennt und keine Moral, wie gegen die Planvorgaben einer sozialistisch gesteuerten Zentralverwaltungswirtschaft und den ihr innewohnenden Tendenzen zur Bürokratisierung (Michels 1925). Plötzlich, hundert Jahre später, im Zeichen der Corona-Pandemie, erlangen seine finanzsoziologischen Überlegungen zur Transformation des historisch überkommenen Verhältnisses von Gesellschaft, Staat und Wirtschaft eine ungeahnte Aktualität.
Aktualisiert: 2021-11-10
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Rudolf Goldscheid: Grundlinien zu einer Kritik der Willenskraft

Rudolf Goldscheid: Grundlinien zu einer Kritik der Willenskraft von Bammé,  Arno, Goldscheid,  Rudolf
In der „Kritik der Willenskraft“ hat Rudolf Goldscheid (1870-1931) die Grundlagen seiner „anthropozentrischen Systemtheorie der sozialkulturellen Evolution“ (Mikl-Horke 2007) entwickelt. Im Gegensatz zum heutigen Mainstream konzipierte er sie bewusst als politische Soziologie (Gesellschaft aktiv gestalten), als voluntaristisch (ohne Wollen kein Handeln), evolutionär (eine Soziologie des Werdens) und normativ wertend (Max Webers Wertfreiheitspostulat hielt er für absurd); weil Soziales durch Soziales allein (das war gegen Emile Durkheim gerichtet) nicht zu erklären sei, empfand er eine Soziologie ohne Rückbezug auf Biologie, Ökonomie und Psychologie für ein Unding. Die Sozialwissenschaften, insbesondere die Soziologie, bildeten für ihn, darin vergleichbar den Technikwissenschaften, die Brücke zwischen den Geistes- und Naturwissenschaften, weil sie gleichermaßen über instrumentelle und reflexive Kompetenzen verfügen. Um seinem gesellschaftspolitischen Anspruch gerecht zu werden, musste Goldscheid, im Unterschied zu Ferdinand Tönnies, seine Soziologie zwangsläufig als Einheit von Erkenntnis-, Wert- und Willenstheorie konzipieren. Verantwortlich in ihrem Sinn handelt, wer sein Handeln nach Zweck, Mittel und Nebenfolgen orientiert und dabei sowohl die Mittel gegen die Zwecke, wie die Zwecke gegen die Nebenfolgen, wie endlich auch die verschiedenen möglichen Zwecke gegeneinander rational abwägt (Max Weber 1922). Die Fragen, die in diesem Rahmen einer Antwort bedürfen, lauten: Was wollen wir? Was können wir? Was dürfen wir?
Aktualisiert: 2021-11-10
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Höherentwicklung und Menschenökonomie

Höherentwicklung und Menschenökonomie von Bammé,  Arno, Goldscheid,  Rudolf
„Höherentwicklung“ und „Menschenökonomie“ sind die Zentralbegriffe, die dem vorliegenden Band zugrunde liegen. In ihnen verdichtet sich die Begriffsarchitektur der politischen Soziologie Rudolf Goldscheids, wie er sie aus der Kritik an der biologischen Deszendenztheorie seiner Zeit und den sozialdarwinistischen Versuchen, sie auf die sich konstituierende Soziologie zu übertragen, entwickelt hat. Die natürliche biologische Evolution habe, so seine Argumentation, immer komplexere Lebewesen entstehen lassen, als deren höchstes der Mensch, ausgestattet mit einem überaus leistungsfähigen Gehirn, in der Lage ist, die bisherige weitgehend passive Anpassung der Organismen an ihre Umwelt (Akkomodation) umzukehren in eine aktive (Assimilation), so dass ein Hybrid, ein sozialbiologischer Wechselwirkungsprozess (Äquilibration) entstanden ist. Den Sozialwissenschaften, insbesondere der Soziologie, fällt in diesem Gestaltungsprozess die Aufgabe zu, die dem Naturgeschehen zugrunde liegenden blinden Kausalitäten in kulturelle, menschengerechte Teleologien umzuformen, die ökologischen, Generationen übergreifenden Nachhaltigkeitsprinzipien Rechnung tragen. Sie sollen, darin den Technikwissenschaften vergleichbar, eine Brückenfunktion übernehmen zwischen den Geistes- und den Naturwissenschaften, weil sie sowohl über instrumentelle wie über reflexive Kompetenzen verfügen. Allerdings werden sie, insbesondere ihre bisherige Leitwissenschaft, die Ökonomie, dieser Aufgabe bislang noch kaum gerecht, weil sie sich den scheinbaren Selbstläufen machtpolitisch gesteuerter Märkte und kurzfristigen Profitprinzipien, die keine Moral und keine Grenzen kennen, affirmativ ausgeliefert haben. An die Stelle einer entfesselten tauschwertorientierten Marktökonomie habe deshalb eine zivilisierte gebrauchswertorientierte Sozialökonomie zu treten, eine, wie Goldscheid sie nennt, Akzedenz- bzw. Menschenökonomie, die sich dem langfristigen Schicksal der Gattung „Mensch“ auf diesem Planeten verpflichtet fühlt.
Aktualisiert: 2022-09-19
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Entwicklungstheorie, Finanzsoziologie, Menschenökonomie

Entwicklungstheorie, Finanzsoziologie, Menschenökonomie von Bammé,  Arno, Goldscheid,  Rudolf
Zu Beginn des 20. Jhs. wurde die Soziologie als Fachwissenschaft, so wie sie heute existiert, weitgehend festgeschrieben. Zwei Gründungsväter standen einander unversöhnlich gegenüber: Rudolf Goldscheid und Max Weber. Sie vertraten zwei völlig unterschiedliche Auffassungen von Soziologie. Weber plädierte für eine Wissenschaft, in der Forschung und Lehre wertfrei erfolgen sollten. Die Vermischung von Sein und Sollen, die Ableitung ethischer Imperative aus wissenschaftlichen Erkenntnissen lehnte er ab. Im Gegensatz zu Weber, dessen verstehende Soziologie eine Soziologie des Seins ist, vertrat Goldscheid eine prospektive Soziologie des Werdens. Für ihn ging „der ganze Streit um die Stellung der Werturteile letzten Endes aus Fragen des akademischen Lehrbetriebes hervor“. Forschung hingegen, schöpferische Wissenschaft, sei „ihrem innersten Wesen nach notwendig immer Gestaltung; Gestaltung ohne Wertung aber ist ein Ding der Unmöglichkeit!“. Die Soziologie eroberte sich ihren Platz unter den akademischen Wissenschaften zu einem hohen Preis. Sie wurde zu einem Beruf im Sinne von Fachkompetenz, wie Weber es vorausgesehen hatte. Statt auf gesellschaftlichen Fortschritt wurde das Interesse der Soziologen auf innerwissenschaftlichen Fortschritt, auf Erfolg und Anerkennung als spezialisierte Berufsgruppe innerhalb der Akademia gelenkt. Als Folge befindet über die gesellschaftliche Nützlichkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse heute nicht mehr die Wissenschaft selbst, sondern eine durch wechselnde politische Machtverhältnisse bestimmte staatliche Politik, die immer stärker durch Forderungen der Wirtschaft geprägt ist. Erst in jüngerer Zeit, im Streit zwischen „professioneller“ und „öffentlicher Soziologie“, zwischen „provinzieller“ und „globaler Soziologie“ finden die soziologischen Narrative Goldscheids wieder zunehmend Beachtung, Narrative, in denen viele Provokationen eines Ulrich Beck, Bruno Latour, Hans Immler oder Michael Burawoy vorweggenommen wurden. Insofern lohnt es sich, an die Kontroversen jener Zeit wieder anzuknüpfen, die, durch den Nationalsozialismus abrupt unterbrochen, in ihrer reichen Vielfalt und Kreativität kaum je wieder erreicht wurden.
Aktualisiert: 2021-09-24
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Wie viel Geschichte braucht die Ökonomie

Wie viel Geschichte braucht die Ökonomie von Bértola,  Luis, Böhm-Bawerk,  Eugen, Eucken,  Walter, Goldscheid,  Rudolf, Hobsbawm,  Eric, Marx,  Karl, Matis,  Herbert, Neurath,  Otto, Schumpeter,  Joseph A., Senft,  Gerhard
'Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass die Ökonomie ohne Geschichte ein steuerloses Schiff ist und Ökonomen ohne Geschichte keine genaue Vorstellung davon haben, wo dieses Schiff hinfährt. … Die Nationalökonomen müssen die Geschichte in ihr Fach reintegrieren, und das lässt sich nicht einfach in der Weise erreichen, dass man aus ihr eine retrospektive Ökonometrie macht.' Eric Hobsbawm Die ursprünglich vorhandene Einheit von Wirtschaftsgeschichte und Ökonomie kam mit der Differenzierung im Bereich der Wirtschaftswissenschaften zunehmend abhanden. In den Mittelpunkt theoretischer Betrachtungen rückte die innere Logik wirtschaftlicher Verhältnisse, wodurch die historische Komponente ins Hintertreffen geriet. Die so entstandene Hegemonie einer durch abstrakte Modellkonstruktionen geprägten ökonomischen Theorie führte aber häufig zur Ausblendung entwicklungstheoretisch fundierter Dimensionen und damit zu unbefriedigenden Erklärungsmustern. Es ist daher kaum zu bezweifeln, dass erst durch die Verbindung entwicklungs- und prozessorientierter Forschungsansätze mit modernen ökonomischen Modellvorstellungen eine neue fruchtbare Synthese gefunden werden kann. Die Theoriebildung profitiert zu einem wesentlichen Teil von der Empirie, die ja immer auch Geschichte ist. Das Buch beinhaltet eine repräsentative Auswahl klassischer und darauf bezogener aktueller Texte, die durch das Bemühen gekennzeichnet sind, einer einseitigen Ausrichtung der ökonomischen Theorie entgegenzuwirken und die zugleich ein spannendes Stück Diskursgeschichte abbilden. Die Textbeiträge, die mit einem wissenschaftlichen Kommentar versehen sind, stammen von Luis Bértola, Eugen von Böhm-Bawerk, Walter Eucken, Rudolf Goldscheid, Eric Hobsbawm, Herbert Lüthy, Karl Marx, Otto Neurath und Joseph Alois Schumpeter.
Aktualisiert: 2019-01-10
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