Biologie!

Biologie! von Foth,  Jörg, Stappenbeck,  Stefanie
BIOLOGIE! DEFA-Studio für Spielfilme, Gruppe „Babelsberg“, 1990 Regie: Jörg Foth Szenarium: Gabriele Kotte, Wolfgang Müller Literarische Vorlage: Roman "Die Wasseramsel" von Wolf Spillner Kamera: Michael Göthe Schnitt: Haike Brauer Ton: Günter Witt, Günter Springer Musik: Christoph Theusner Dramaturgie: Erika Richter Produktion: Alexander Gehrke Darsteller: Stefanie Stappenbeck, Cornelius Schulz, Uta Reckzeh, Robert Arnold, Carl Heinz Choynski, Katrin Klein, Peter Prager, Heide Kipp, Horst Rehberg, Axel Werner u.a. DEFA-Fotograf: Dieter Jaeger Copyright: DEFA-Studio für Spielfilme 1990 © DEFA-Stiftung. All rights reserved. FFA-Förderprogramm Filmerbe (Förderung Digitalisierung) Im letzten Schuljahr an der Oberschule unternimmt die 15-jährige Ulla gemeinsam mit ihrer Klasse und ihrem Lehrer eine Exkursion ins Landschaftsschutzgebiet. Dabei entdeckt sie, dass dort eine Datsche gebaut und eine Forellenzucht betrieben wird. In dem Mädchen regt sich Widerstand. Sie ist nicht bereit, die Eingriffe in die Natur hinzunehmen und setzt für ihre Ideale die eigene Zukunft bedingungslos aufs Spiel. Während sich viele Jugendliche für Natur- und Artenschutz einsetzen, stößt ihr Engagement in der Erwachsenengeneration weitgehend auf Unverständnis. Wenn Ulla ihrer Mutter energisch entgegenruft: „Sollen wir denn einfach zusehen, wie unter dem Siegel der Verschwiegenheit alles in die Binsen geht?“, hat das durchaus Parallelen zur schwedischen Schülerin Greta Thunberg, die rund dreißig Jahre nach der Filmpremiere von Biologie! mit Ihrem Schulstreik fürs Klima und der daraus hervorgehenden Fridays for Future-Bewegung weltweit für Aufsehen sorgt. Biologie! ist jedoch nicht nur ein Plädoyer für den Umweltschutz, sondern auch eine Teenager-Liebesgeschichte. Ulla verliebt sich in den computerbegeisterten Winfried, den Sohn der Familie Tübner, die im Landschaftsschutzgebiet baut. Unter Ullas Einfluss beginnt auch er gegen die Elterngeneration zu rebellieren. „Du redest doch alle tot mit deinen ewig geschliffenen Reden. Ich kann das nicht mehr hören. Eure Augenauswischerei – Sie kotzt mich an!“, wirft er seinem Vater an den Kopf und stellt sich damit auf die Seite der jungen Umweltschützerin. Hauptdarstellerin Stefanie Stappenbeck begann bereits als Schülerin mit der Schauspielerei. Ihr Debüt feierte die 1974 in Potsdam Geborene 1986 in der Fernsehproduktion Der Elterntauschladen (R: Carl-Hermann Risse). Zwei Jahre später spielte sie die Anette im weihnachtlichen TV-Kultfilm Die Weihnachtsgans Auguste (R: Bodo Fürneisen). Die Rolle der Ulla in Biologie! war ihr erstes Engagement in einem Kinofilm. In den Erwachsenenrollen wirken bekannte Gesichter der DEFA mit, u.a. Carl Heinz Choynski als Lehrer Hansen; weiterhin Peter Prager, Heide Kipp und André Hennicke. In Cameo-Auftritten sind Dokumentarfilmregisseurin Helke Misselwitz und Dramaturgin Erika Richter zu sehen. Biologie! basiert auf der literarischen Vorlage Die Wasseramsel des Schriftstellers und Naturfotografen Wolf Spillner. Eine Verfilmung wurde bereits ab 1982 bei der DEFA diskutiert, jedoch mehrfach zurückgewiesen. Im Februar 1989 lehnte Generaldirektor Hans Dieter Mäde den Stoff ein letztes Mal ab. Nachdem Mäde – offiziell aus gesundheitlichen Gründen – seine Leitungsaufgaben nicht mehr wahrnahm, entstand ein Entscheidungsvakuum, in dessen Folge auch die Wasseramsel-Adaption 1989 noch bewilligt wurde. Regisseur Jörg Foth (* 1949) hatte die DEFA nach Auslaufen seines Nachwuchsvertrags zum 1. Januar 1989 eigentlich bereits enttäuscht verlassen, um sich dem Theater zu widmen. Ihm war nach seinem Debütfilm Das Eismeer ruft (1983) lange Zeit kein eigenes Spielfilmprojekt anvertraut worden. Die von ihm gemeinsam mit Regisseur Tran Vu realisierte Co-Produktion der DEFA mit Vietnam, Dschungelzeit (1987), verschwand nach wenigen Tagen aus den Kinos, nachdem sich die Vietnamesen von dem Projekt distanziert hatten. Erika Richter überzeugte Foth im Frühjahr 1989 zur Rückkehr, um Die Wasseramsel zu verfilmen. Die Dreharbeiten in Brandenburg begannen am 16. August und endeten am 1. November 1989 wenige Tage vor dem Mauerfall. Die tagesaktuellen gesellschaftspolitischen Entwicklungen im Herbst 1989 drängten die thematische Brisanz des Films, der die Wendeereignisse nahezu unbeachtet lässt, zurück. Biologie! wurde kaum in den Kinos gezeigt. Renate Kruppa schrieb am 22. September 1990 nach der offiziellen Filmpremiere im Kammerkino Schwerin in der Schweriner Volkszeitung: „Noch vor einem Jahr wäre der kritische Streifen sicher eine Sensation gewesen, heute erscheint er wie ein Traum von gestern.“ Die Band, die im Film auf der Messe der Meister von morgen (MMM) mit dem Lied „Langeweile“ der Gruppe Pankow auftritt und sich für Biologie! The Breads nannte, besteht im Kern aus den Mitgliedern einer in den 1990er Jahren unter dem Namen The Inchtabokatables bekannten Berliner Band. Geiger und Sänger der Gruppe waren bereits in Jörg Foths DEFA-Dokumentarfilm Ach du jeh – Ein Hans Dampf und Wurst Dokument (1989) zu sehen. Biologie! zeigt weiterhin einen Ausschnitt des DEFA-Augenzeugen 24/1950, in dem der 1988 verstorbene britische Journalist John Scott Peet prophezeit: „Einmal wird die Zeit kommen, wo alle Journalisten ehrlich und anständige Menschen sein können, statt wie heutzutage die Füllfeder der Kriegshetze.“ Peet war 1950 in die DDR übergesiedelt und dort zunächst mehr als zwei Jahrzehnte Chefredakteur des Democratic German Report. 1975 wurde die Zeitschrift, die sich zunehmend DDR-kritisch äußerte, auf politische Weisung eingestellt und Peet ging in den Ruhestand. Philip Zengel Bonusfilm ABSCHIEDSDISCO DEFA-Studio für Spielfilme, Gruppe „Berlin“, 1989 Regie und Drehbuch: Rolf Losansky Szenarium: Joachim Nowotny Literarische Vorglage: Erzählung „Abschiedsdisco“ von Joachim Nowotny Kamera: Helmut Grewald Schnitt: Ilona Thiel Ton: Brigitte Pradel, Wolfgang Großmann Musik: Reinhard Lakomy Dramaturgie: Werner Beck Produktion: Harald Fischer Darsteller: Holger Kubisch, Dana Brauer, Susanne Saewert, Horst Schulze, Jaecki Schwarz, Ellen Hellwig, Fritz Marquardt, Daniela Hoffmann, Annelise Matschulat, Wolfgang Winkler u.a. DEFA-Fotograf: Rigo Dommel Copyright: DEFA-Studio für Spielfilme 1989 © DEFA-Stiftung. All rights reserved. FFA-Förderung (Förderung Digitalisierung) „Euch wird die Luft knapp werden, wenn Eure Zeit gekommen ist“, mahnt ein alter Kauz den 15-jährigen Hauptprotagonisten Henning, der den Unfalltod seiner Freundin Silke verarbeiten muss und zeitgleich feststellt, wie die Heimat seiner Vorfahren vor seinen Augen der Braunkohleförderung geopfert wird. Umstürzende Bäume stehen in der Produktion, die sich einer symbolhaften Filmsprache bedient, sinnbildlich für die verschwindenden Erinnerungen an eine vergangene Zeit. Gleich zu Beginn des Films stoppt Hennings Vater, der im Zuge der Kohleförderung für die notwenigen Räumungen der betroffenen Ortschaften zuständig ist, eine Discoveranstaltung der Dorfjugend und beendet damit eine Zeit der Unbekümmertheit. Henning beginnt zu reflektieren, wird kritischer, wehrt sich gegen das Verdrängen und begehrt auf. „Man muss nicht immer machen, was die Alten für richtig erklären“, stellt er im Verlauf des Films fest und fragt seinen Vater: „Machen wir unsere Welt nicht kaputt?“ Henning steht damit exemplarisch für eine DDR-Jugend, die sich ihre Zukunft in den 1980er-Jahren nicht mehr diktieren lassen möchte. Abschied – von der ersten Liebe, der vertrauten Heimat, der unbeschwerten Jugend – lautet das zentrale Motiv dieses Rolf-Losansky-Films. Abschiedsdisco zeigt das fiktive sterbende Dorf Wussina (aus dem Wendischen für Wildnis) und die verschwindende malerische Natur in dessen Umgebung. Wussina fungiert als Sinnbild für die vielen im Zuge des DDR-Braunkohletagebaus abgebaggerten Ortschaften. Der Film weist auf die ökologischen und sozialen Folgen der Energiepolitik hin. Eine Problematik, die in dem sozialistischen Staat nur sehr vorsichtig bis gar nicht thematisiert wurde. Über den Zeitraum eines knappen Jahrzehnts konnte die gleichnamige literarische Vorlage von Joachim Nowotny nicht verfilmt werden. Bereits 1981 wurde das Filmszenarium diskutiert und zurückgewiesen, die folgende Überarbeitung wurde 1983 erneut abgelehnt. Die Stellungnahme der HV Film zum Rohdrehbuch 1986 schließt mit den Worten: „Es wird eine Änderung der Arbeitskonzeption empfohlen, bevor weitere Bearbeitungsschritte eingeleitet werden. Sollte eine solche Änderung nicht möglich sein, muss von staatlicher Seite die Einstellung der Arbeit an diesem Stoff durch Weisung herbeigeführt werden.“ 1989 darf das Projekt doch realisiert werden. Die Dreharbeiten fanden unter anderem in der Ortschaft Werbelin bei Delitzsch statt. Mehrfach ist die markante Dorfkirche im Film zu sehen. Der – aufgrund der für die Region einmaligen kreisförmigen Häuseranordnung um den Dorfplatz – unter Denkmalschutz stehende Ort wurde 1992 begleitet von großen Protesten abgebaggert, obwohl die Stilllegung des Tagebaus Delitzsch-Südwest bereits beschlossene Sache war. Weitere Aufnahmen entstanden in den ebenfalls devastierten Orten Schladitz und Breunsdorf. Die Premiere erfolgte am 5. April 1990 im Berliner Kino International. Der Stoff, der in den 1980er-Jahren in der DDR vermutlich zu vielen Diskussionen angeregt hätte, büßte nach dem Mauerfall an Schlagkraft ein und findet kaum Publikum. Für Laiendarsteller Holger Kubisch bleibt die Rolle des Henning Handschuh das einzige Filmengagement. In weiteren Rollen sind unter anderem die in den 1990er- und 2000er-Jahren als Hallenser Polizeiruf-Kommissare populären Schauspieler Jaecki Schwarz und Wolfgang Winkler zu sehen. Abschiedsdisco ist bis in die Nebenrollen prominent besetzt. So spielen bekannte Darsteller wie Horst Schulze und Gerhard Rachold. Für Rachold, der in mehreren Losansky-Filmen kleine Rollen übernahm, ist es nach einer mehr als 30-jährigen künstlerischen Laufbahn der letzte Filmauftritt. Der bekannte Komponist Reinhard Lakomy (u.a. „Der Traumzauberbaum“) zeichnete für die Filmmusik verantwortlich. Auffallend ist die Verwendung der New-Wave-Songs „Faces“ und „Fee der Nacht“ der Gruppe Datzu um die Greifswalder Sängerin Anett Kölpin aus dem 1989 bei Amiga erschienen Album „Bist du noch wach?“ Regisseur Rolf Losansky (1931–2016) inszenierte von 1963 bis 1992 insgesamt 17 Spielfilme bei der DEFA, die sich vornehmlich an ein junges Publikum richten. Das ihm gewidmete und von Hans-Dieter Tok verfasste Kapitel in dem von Rolf Richter 1981 herausgegeben Band „DEFA-Spielfilm-Regisseure und ihre Kritiker“ trägt die Überschrift „Von der Schönheit und Schwierigkeit erwachsen zu werden und erwachsen zu sein“. Der Titel zollt der Tatsache Tribut, dass es Losansky über einen Zeitraum von drei Jahrzehnten gelungen war, Probleme und Herausforderungen der heranwachsenden Generationen filmisch aufzugreifen, ohne dabei auf eine unterhaltende Erzählung zu verzichten. „Ich will den Unterricht vom Vormittag nicht am Nachmittag mit meinen Filmen fortsetzen“, sagte der Regisseur in einem 2002 für die DEFA-Stiftung geführten Zeitzeugengespräch. Zu den bekanntesten Werken des Regisseurs zählen Moritz in der Litfaßsäule (1983), Weiße Wolke Carolin (1984) und Das Schulgespenst (1986). Mit ...verdammt ich bin erwachsen verfilmte Losansky 1974 schon einmal eine literarische Vorlage von Joachim Nowotny. Mit dem Ende der DEFA waren seine filmischen Ideen kaum mehr gefragt, und ihm gelangen nur noch wenige Filmprojekte. Philip Zengel
Aktualisiert: 2023-03-14
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Orangemond im Niemandsland

Orangemond im Niemandsland von Barthel,  Lars, Dresen,  Andreas, Foth,  Jörg, Habel,  F.-B., Klauss,  Cornelia, Knauf,  Thomas, Lipowski,  Egbert, Petzold,  Uwe, Rabenalt,  Peter, Sahling,  Bernd, Schmidt,  Andreas, Schmidt,  Evelyn, Schulz,  Torsten
Die Hochschule für Film und Fernsehen HFF 'Konrad Wolf', die älteste in Deutschland, die einzige in Ostdeutschland, ist 50 Jahre alt geworden. Dreizehn ehemalige Studierende und Mitarbeiter sind in diesem Buch zusammengekommen, mit Anekdoten und Essay-Texten, mit Tagebuchnotizen und Erinnerungsprosa. Für alle, die ebenfalls an dieser Hochschule studiert haben, sind die Texte eine Gelegenheit, sich zurück zu besinnen; für die heute Studierenden ermöglichen sie einen Eindruck von der Geschichte und den Sentimentalitäten, die mit dieser Geschichte verbunden sind. Und Leser, die eine entfernte oder gar keine Beziehung zur Filmhochschule in Potsdam-Babelsberg haben, können die Sammlung als einen Reigen des Zeitgeistes sehen, der den Zustand der (ostdeutschen) Gesellschaft in jeweiligen Phasen zum Ausdruck kommen lässt.
Aktualisiert: 2019-01-21
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