Zeit- und ortsadaptive Verfahren angewandt auf Mehrphasenprobleme poröser Medien

Zeit- und ortsadaptive Verfahren angewandt auf Mehrphasenprobleme poröser Medien von Ellsiepen,  Peter
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde ein zeit- und ortsadaptives Verfahren entwickelt und auf Mehrphasenprobleme poröser Medien angewandt. Die dabei erarbeiteten Konzepte fanden Einzug in das vom Verfasser konzipierte und implementierte FE-Programmsystem PANDAS, das am Lehrstuhl II des Instituts für Mechanik (Bauwesen) der Universität Stuttgart als Grundlage für Weiterentwicklungen auf diesem Gebiet dient. Darüber hinaus erlaubt die entwickelte Methodik die Einbeziehung von Kontinuumsmodellen aus der Elastizitäts- und Plastizitätstheorie einphasiger Materialien sowie von Fragestellungen aus der Fluidmechanik. Die Grundlage der Arbeit bildete die Darstellung der Theorie Poröser Medien (TPM), die zur Modellierung von Mehrphasenmaterialien verwendet werden kann. Das daraus abgeleitete inkompressible, viskoplastische Zweiphasenmodell in einer geometrisch linearen Formulierung diente im weiteren als Beispiel zur Darstellung der prinzipiellen Vorgehensweise bei der Entwicklung des zeit- und ortsadaptiven Gesamtverfahrens. Eine konsequente mathematische Notation der auftretenden Anfangs-Randwertprobleme, sowohl in starker als auch in schwacher Formulierung, und die darauf aufbauende abstrakte Darstellung der Semidiskretisierung im Ort mit der Methode der finiten Elemente (FEM) lieferte ein System differential-algebraischer Gleichungen (DAE) in der Zeit. Die so erhaltene Formulierung der ortsdiskreten Gleichungen eröffnete den Weg zur Anwendung moderner Zeitintegrationsverfahren. Da die Struktur der entstehenden DAE-Systeme unabhängig vom gewählten Kontinuums- und Materialmodell ist (ein- bzw. mehrphasig, quasi-statisch bzw. dynamisch, elastisch, viskoelastisch, viskoplastisch bzw. elastoplastisch, geometrisch linear bzw. nichtlinear), wurde auf diese Weise eine breite Basis für weitere Anwendungen gelegt. Aufgrund theoretisch und praktisch motivierter Kriterien konnte im folgenden herausgearbeitet werden, daß sich diagonal-implizite Runge-Kutta-Verfahren (DIRK) besonders für die behandelte Problemklasse eignen. Die Diskussion verschiedener Stabilitätsbegriffe machte deutlich, daß aus theoretischer Sicht weitere Forderungen an die Verfahren gestellt werden müssen. Hier sei etwa auf die Bedeutung steif genauer Verfahren für DAE und die Forderung der L-Stabilität bei Plastizitätsproblemen verwiesen, deren Wichtigkeit sich im Rahmen der numerischen Beispielrechnungen bestätigte. Das implizite Euler-Verfahren als Standard-Verfahren bei der numerischen Simulation von Plastizitätsproblemen fällt ebenfalls in die Klasse der DIRK-Verfahren, so daß ein direkter Vergleich mit DIRK-Verfahren höherer Ordnung durchgeführt werden konnte. Es zeigte sich, daß der Einsatz von Verfahren höherer Ordnung trotz des größeren Aufwands je Zeitschritt einen enormen Effizienzgewinn zur Folge hat; so konnte das Erreichen der höheren Ordnung in der Praxis selbst im Fall eines Benchmark-Problems auf Basis der idealen Prandtl-Reuß-Plastizität nachgewiesen werden, die als Grenzfall komplexerer Plastizitätsmodelle einen für die numerische Lösung schwierigen Testfall darstellt. Darüber hinaus bietet die höhere Ordnung die Möglichkeit zur Einbettung eines Verfahrens niedrigerer Ordnung, das zu einer sehr effizienten Schätzung des lokalen Zeitfehlers herangezogen werden kann. Durch Steuerung der Schrittweite auf Basis dieser Schätzung (Zeitadaptivität) kann auch bei komplexeren Problemen ohne vorherige Kenntnis des Lösungsverlaufs eine vorgegebene Genauigkeit erzielt werden. Diese neue Qualität bei der numerischen Simulation von Plastizitätsproblemen stellt damit neben der Erhöhung der Genauigkeit durch Verwendung von Verfahren höherer Ordnung den entscheidenden Vorteil der zeitadaptiven Verfahren dar. In dieser Hinsicht ist insbesondere das neu konstruierte eingebettete SDIRK-2(1)-Verfahren auf Basis des Verfahrens zweiter Ordnung von Alexander zu nennen, das dem impliziten Euler-Verfahren bei geringem zusätzlichen Speicherbedarf und Programmieraufwand weit überlegen ist. In Bezug auf die Effizienz von mehrstufigen Runge-Kutta-Verfahren kommt der Lösung der nichtlinearen Gleichungssysteme eine wesentliche Bedeutung zu. Hier lieferte die übertragung von Ideen aus dem Bereich der numerischen Mechanik (algorithmisch konsistente Linearisierung) auf die betrachteten DIRK-Verfahren einen stabilen und schnellen Lösungsalgorithmus, der die Verwendung von üblichen linearen Gleichungslösern für schwach besetzte Systeme erlaubt. Neben der adaptiven Zeitdiskretisierung ist die adaptive Ortsdiskretisierung insbesondere bei Lokalisierungs-Phänomenen - etwa beim Scherbandproblem in Böden - von entscheidender Bedeutung für die Effizienz des Gesamtverfahrens. In dieser Hinsicht wurde zunächst durch eine vergleichende Gegenüberstellung verschiedener Techniken zur Gewinnung von Fehlerschätzern und Fehlerindikatoren herausgearbeitet, daß gradienten-basierte Fehlerindikatoren im Grenzfall einfacher Modellprobleme gleichwertige Ergebnisse liefern wie mathematisch fundierte Fehlerschätzer; darüber hinaus zeichnen sich diese Fehlerindikatoren dadurch aus, daß sie sehr flexibel auf unterschiedliche Problemklassen angewandt werden können. Diese Ergebnisse stellten die Grundlage zur anschließenden Konstruktion eines neuen gradienten-basierten Fehlerindikators dar, der alle treibenden Größen des behandelten Mehrphasenproblems erfaßt (Festkörper-Elastizität und -Plastizität sowie Fluidströmung) und damit eine durch vorgegebene Toleranzen und Parameter gesteuerte adaptive Ortsdiskretisierung ermöglicht. Anhand eines linear elastischen Modellproblems konnte gezeigt werden, daß der Effektivitätsindex des Fehlerindikators von oben gegen Eins strebt. Dies bedeutet, daß der wahre Fehler bei zu grober Diskretisierung eher überschätzt wird, was im Hinblick auf die Zuverlässigkeit des adaptiven Verfahrens eine sehr wünschenswerte Eigenschaft darstellt. Zur Umsetzung der Information aus dem Fehlerindikator in ein neues Netz wurden einerseits verschiedene Dichtefunktionen diskutiert und bewertet sowie andererseits zwei Verfahren der Netzgenerierung einander gegenübergestellt. Im Rahmen einer vom Verfasser betreuten Diplomarbeit (Ammann) zeigte sich, daß die Dichtefunktion mit dem Ziel der Minimierung der Elementanzahl im neuen Netz zur geringsten Anzahl von Freiheitsgraden bei gleichzeitiger Einhaltung der geforderten Toleranzen führt. Bei der Netzgenerierung lieferten sowohl das hierarchische Verfahren mit Verfeinerung und Vergröberung als auch die Wiedervernetzung qualitativ gleichwertige Ergebnisse. Zur Verifikation des gekoppelten zeit- und ortsadaptiven Verfahrens diente ein Biaxialversuch, bei dem durch gezielte Störung der Materialparameter ein Scherband initiiert wurde. Es zeigte sich, daß die auftretenden Scherbänder durch den neuen Fehlerindikator zuverlässig lokalisiert werden und daß die gezielte Netzverfeinerung an den Scherbandrändern zu einer effizienten adaptiven Ortsdiskretisierung führt. Durch Vergleich von Last-Verschiebungskurven mit einer numerisch berechneten Referenzlösung konnte zudem nachgewiesen werden, daß das gekoppelte zeit- und ortsadaptive Gesamtverfahren zuverlässige Ergebnisse liefert. Den Abschluß der Arbeit bildete die numerische Simulation praxisnaher Anwendungsbeispiele aus der Bodenmechanik (Böschungsbruch- und Grundbruchproblem). Hierbei zeigte sich eine qualitativ gute übereinstimmung der berechneten numerischen Lösungen mit klassischen Theorien der Bodenmechanik wie der Rankineschen Gleitlinientheorie. Rückblickend läßt sich feststellen, daß die Kombination von Ideen aus dem Bereich der numerischen Mathematik - etwa den Konzepten zur Schrittweitensteuerung im Zeitbereich - sowie dem Bereich der numerischen Mechanik - etwa bei der Lösung der großen nichtlinearen Gleichungssysteme - wesentlich zur erfolgreichen Konstruktion eines effizienten Gesamtverfahrens beigetragen hat.
Aktualisiert: 2018-01-08
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